Das Zepter der Zeit (Carla, John und Franklyn) (German Edition)
ich jetzt die Lampe in die Hand nehmen, mich oben auf der Oberfläche im Wasser positionieren und herunterblicken, wenn die ersten Taucher abtauchen. Wenn es dir zu gefährlich erscheint, dann bleibe lieber hier oben. Wenn du aber siehst, dass das doch gar keine schwarze Brühe, sondern kristallklares Wasser ist, das im Moment nur nicht blau leuchtet, dann tauche mit uns ab. Ich sage Dir, Du wirst es nicht bereuen. Bewahre die Ruhe, bringe Dich nicht selbst in Panik. Dann wird Dir nichts geschehen. Setze Dich zudem nicht unter Druck, denn jeder hier wird verstehen, wenn du ein kein gutes Gefühl dabei hast und lieber oben bleiben möchtest«, versuchte der Gruppenleiter die ängstliche Sally zu beruhigen. »Habe ich Recht?«, fragte er die restlichen Gruppenmitglieder.
»Klar hast Du Recht!«, wurde er von allen der Gruppe bestätigt.
»In Ordnung, ich will es versuchen, aber versprechen werde ich nichts.«
»Wir passen schon auf Dich auf. Du wirst uns nicht gefressen werden. Ich werde meine Filmkamera mit den beiden Flutlichtern mitnehmen. Bleibe am besten immer in meiner Nähe, dann hast Du es richtig hell um Dich herum und kannst alles gut erkennen.«
Franklyn empfand die Idee, dass seine Freundin ausgerechnet beim Gruppenleiter mittauchen sollte, als gar nicht so gut, doch aus sicherheitstechnischen Gründen sah er ein, dass sie bei ihm besser aufgehoben ist. Seine Vernunft sagte ihm, dass Eifersucht hier im Moment absolut fehl am Platze war.
Nach den obligatorischen Vorbereitungsmaßnahmen traf sich die Tauchgruppe im Wasser. Einige von ihnen hatten bereits ihre Unterwasserlampen eingeschaltet und beobachteten die Tiefe. Sie warteten auf den Rest der Gruppe, vor allem auf Sally, die noch etwas unschlüssig auf dem Plateau stand und misstrauisch die schwarze Brühe begutachtete.
»Sind da unten auch keine Haie?«, fragte sie und versuchte sich selbst damit etwas aufzuheitern. Dann sah sie, wie die Taucher ihre Lampen demonstrativ in alle Richtungen unter Wasser schwenkten und so taten, als würden sie jeden Winkel im Wasser untersuchen.
»Hier sind keine Haie!«, rief ihr ein Taucher entgegen, den sie nicht kannte. »Komm zu uns, Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte Franklyn. Im selben Moment schwappte ihm ein großer Schluck Wasser in den Mund, welches dazu führte, dass er unweigerlich zu husten begann. »So eine Brühe! Du schmeckst fürchterlich!«, brüllte er, nachdem er das Wasser ausgehustet hatte. Sofort begannen alle, über ihn zu lachen.
Sally fasste sich ein Herz und sprang kurzentschlossen in die Dunkelheit.
»Hey, super!«, riefen die Taucher, die bereits im Wasser auf sie warteten. Anschließend erntete sie Applaus. Ihr war es etwas peinlich, dass sie ausgerechnet auf sie warten mussten. Wenn man jedoch etwas extrem Spannendes das erste Mal erlebt, hat man logischerweise Angst , schoss es ihr durch den Kopf.
Als sie einige Minuten im Wasser verbracht hatte und ihre Ausrüstung erneut überprüfte, stellte sie plötzlich fest, dass ihre Angst immer mehr verflog. John half ihr bei der Überprüfung, indem er peinlichst genau alle Checks durchging. Je länger sie sich an der Oberfläche befand, desto wohler fühlte sie sich. Nach gut fünf Minuten hatte sie so viel Mut gesammelt, dass sie bereit war, abzutauchen.
»Ich glaube, das unangenehme Gefühl ist jetzt verflogen. Ich denke, ich bin bereit, mitzukommen«, sagte sie überzeugt zum Gruppenleiter, der ihr seine ganze Aufmerksamkeit widmete.
Franklyn redete sich immer wieder ein, dass er ihr nur deshalb so aufmerksam gegenüber ist, um ihre Angst abzubauen. Sicher hatte er keinen Hintergedanken dabei. Es war auch völlig abwegig zu denken, der Gruppenleiter wolle ausgerechnet seine Freundin umwerben. Das ist völliger Unsinn , überzeugte er sich immer wieder selbst.
Auf das Handzeichen, ob alles OK sei, antworteten alle Taucher mit dem gleichen Zeichen, dem Daumen, der sich mit dem Zeigefinger berührt und mit ihm ein »O« bildet. Endlich zeigte der Daumen des Gruppenleiters nach unten, was bedeutete, dass es jetzt spannend wurde.
Der Nachttauchgang verlangte von denen, die so ein Abenteuer noch nie erlebt hatten, doch eine Menge Mut ab. Man nähert sich dem schwarzen Nichts, das man nur punktweise durchdringen kann, solange man die Lampe darauf richtet. Die Fantasie dichtet sich ihre eigene Vorstellung von Gefahren zusammen. Man glaubt plötzlich, von Tieren angegriffen werden zu können, die in der Realität um diese Uhrzeit
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