Das Zepter der Zeit (Carla, John und Franklyn) (German Edition)
ganze Diskussion führte zu nichts. Es musste eine Lösung gefunden werden, wie man die Eltern doch noch bekehren konnte. Doch plötzlich hatte Carla eine Idee. Sie musste ihren Eltern Tatsachen erzählen, die ausschließlich sie selbst wissen konnte. Es mussten Erlebnisse sein, die sie allein mit ihren Eltern erlebt hatte und die nie jemand erfahren hatte. Doch was sollte sie erzählen?
Sie zauberte immer mehr Tatsachen aus der Vergangenheit hervor und steigerte mit jeder Geschichte ihre Glaubwürdigkeit. Mittlerweile hatten sich ihre Eltern wieder auf die Gartenstühle gesetzt. Sie hielten sich an den Armlehnen fest, denn zu verkraften, ihre eigene Tochter zu sehen, die aus der Zukunft zu ihnen gekommen war, fiel ihnen nicht leicht.
Nach einer kurzen, rhetorischen Pause fragte Carlas Vater: »Wie ist es bloß möglich? Ich war bis soeben fest davon überzeugt, dass Zeitreisen technisch gar nicht durchführbar sind. Jedoch habt Ihr es geschafft, mich eines Besseren zu belehren. Wie habt Ihr es nur hinbekommen?« Er konnte die ganze Geschichte noch immer nicht so recht glauben, da die vier Freunde die Gesetze der Natur auf den Kopf gestellt hatten.
»Wie es funktioniert, wissen wir nicht. Was wir hingegen wissen ist die Tatsache, dass es funktioniert. Wir möchten lediglich, dass Ihr Euch an die Bitte im Brief haltet. Wenn Ihr dies macht, ist alles in Ordnung. Nur diese kleine Bitte. Mehr wollen wir nicht«, bat ihn Franklyn erneut jetzt schon fast bettelnd.
Wieder erfolgte eine rhetorische Pause. Diesmal dauerte sie etwas länger.
»Wir versprechen hiermit hoch und heilig, unseren Urlaub zu stornieren und nicht nach Kanada zu reisen. Wenn die Reise sich nicht stornieren lässt, reisen wir dennoch nicht dort hin. Du bist doch einer Meinung mit mir?«, fragte die Mutter mit einer scharfen Stimme, die kein nein zuließ, ihren Mann. Er erweckte zwar den Eindruck, dass er hiervon nicht allzu angetan wäre, doch die spezielle Stimmlage seiner Frau ließ ihn keine Widerworte geben.
»Ja, ich verspreche ebenfalls, dass wir nicht verreisen. Wenn Euch so viel daran gelegen ist und wir auf diese Weise Euch einen großen Gefallen tun, dann bin ich einverstanden.«
»Dad, du tust nicht nur uns einen großen Gefallen mit Eurer Einsicht, sondern vor allem Euch selbst. Ich habe den Eindruck, du glaubst noch immer nicht, was in dem Brief steht. Ich habe zehn Jahre grausame, zermürbende Qual und Leiden hinter mir. Ich musste diverse Male zum Psychiater. Ohne seelische Betreuung wäre ich elendig zu Grunde gegangen. Ich habe mir ständig Vorwürfe gemacht, warum ich nicht auf meine Schwester aufgepasst hatte, als sie im Winterurlaub ins Eis eingebrochen war. Zehn Jahre Qualen sind eine furchtbare Zeit. Jede Sekunde davon hat mich mehr und mehr zerfressen. Und ich sage dir jetzt knallhart ins Gesicht: Tracy stirbt einen grausamen Tod, wenn Ihr nicht auf diesen Brief hört! Es liegt in Eurer Macht, dies zu ändern und zu verhindern! Ihr seid wahrscheinlich die ersten, die die Möglichkeit dazu erhalten, etwas derart Böses zu verhindern. Ergreift diese Gelegenheit. Seid nicht zu stolz, uns zu glauben. In zehn Jahren treffen wir uns wieder.«
»Okay, Carla, ich habe verstanden. Natürlich möchte ich meine Tochter auch nicht verlieren, aber stell dir doch mal vor, es käme ein Mann zu dir, der dir erzählt, er wäre dein Vater, der allerdings viel zu alt für diese Rolle ist. Er würde Dinge behaupten, die völlig verrückt klingen. Würdest du nicht auch misstrauisch werden? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du seine Geschichten so mir nichts, dir nichts glauben würdest.«
»Nein, Dad. Du hast Recht. Aber in diesem Fall ist nichts davon gelogen. Ich denke, eine Tochter zu verlieren ist der größte Schmerz, den zu verhindern du jetzt in der Lage bist. Wir werden gleich im Anschluss in unsere Zeit zurückkehren und hoffen natürlich, dass alles so verläuft, wie wir es uns wünschen.« Anschließend erhob sich Carla von ihrem Stuhl, und ihr folgten auch ihre Freunde. »Lebt wohl, aber lebt. Und lebt alle! Wir treffen uns in zehn Jahren wieder.«
»Danke. Auf Wiedersehen«, antwortete hierauf der Vater tief beeindruckt und hielt einen Moment inne. Doch dann reichte er allen die Hand und verabschiedete sich von jedem persönlich.
Die Zeit der Rückreise war gekommen. Diesmal passten sie allerdings genau auf, ob sich noch ein blinder Passagier mit einschlich. Die Luft war rein und frei von neugierigen, kleinen Kindern. Die
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