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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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»dennoch sollte das als letzte Möglichkeit betrachtet werden. Eine Ablenkung muss vorerst genügen. Doch falls nicht …« Der Rest seiner Worte ging im Knarren der Pforte unter.
     
    Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis Bertha von Turin es endlich wagte, sich wieder zu rühren. Während sie noch versuchte, dem Gehörten Sinn zu geben, öffnete sie vorsichtig die Hände, die zu Fäusten geballt auf ihrem Schoß lagen. Die Handballen schmerzten von ihren Nägeln, die sie sich ins Fleisch getrieben hatte, ohne es zu merken. Als ihr Verstand die Worte der Männer endlich eingeholt hatte, sammelten sich Tränen der Hilflosigkeit in ihren Augen. Der Einzige, der ihr Gehör schenken und womöglich etwas bewirken könnte, lag im Fieberwahn auf seinem Lager. Niemand sonst fiel ihr ein, dem sie davon erzählen konnte, ohne sich am Ende selbst ins Unrecht zu setzen.
    Sie seufzte tief. Wie hatte sie nur jemals glauben können, die Mauern von St. Nazarius wären dick genug, um alles Finstere fernzuhalten?

KAPITEL 6
    M it einem flauen Gefühl im Magen stand Garsende vor der Pforte zum Andreasstift und biss sich unschlüssig auf die Lippen.
    »Himmel, Burggraf! Was glaubt Ihr denn, soll ich der Witwe sagen, weshalb ich - eine völlig Fremde - sie mit Fragen belästige?«, hatte sie schon gestern protestiert, nachdem Bandolf ihr erklärt hatte, was er von ihr wollte. Um sie zu überzeugen, setzte ihr der Burggraf auseinander, was er bis dato über Ulbert von Flonheim wusste, und wieso er glaubte, dass Annalinde ihm etwas verschwieg. Warum ihm so daran gelegen war, Ulberts Mörder so bald wie möglich dingfest zu machen, musste er ihr nicht erklären. Garsende wusste nur zu gut, welch schweren Stand er zwischen den gegensätzlichen Interessen des Bischofs und des Königs hatte.
    »Die Stiftsbrüder werden mich nicht einlassen«, gab sie zu bedenken.
    »Darüber mach dir keine Gedanken. Ich habe bereits mit dem Propst gesprochen und dein Kommen angekündigt«, erklärte er, und schließlich gab Garsende nach. Immerhin hatte sie es Bandolf von Leyen zu verdanken, dass sie noch ein Heim besaß. Sie schuldete ihm mehr als nur ein Gespräch mit Ulberts Witwe.
    Widerstrebend hob die Heilerin die Hand und klopfte an die Pforte von St. Andreas.
     
    Annalinde trug einen Umhang und hielt ihr Kind auf dem Arm, als die Heilerin eintrat. Offenbar war sie im Begriff
auszugehen. Entgegen Garsendes Befürchtungen schien sie nicht sehr überrascht, eine Fremde in ihrem Quartier zu sehen.
    »Augenblicklich hat wohl die ganze Stadt Interesse an meinem Befinden«, bemerkte sie. Die Worte klangen ironisch, Annalindes Stimme jedoch angespannt, und Garsende sah den gehetzten Blick in ihren Augen.
    Einen Moment lang musterte Annalinde stirnrunzelnd das schlichte Gewand der Heilerin, das am Saum bereits geflickt war, dann überreichte sie das schlafende Kind der Magd und befahl ihr, schon vorzugehen. Sie würde in Kürze folgen. Kaum war die Magd aus der Tür, fragte sie: »Wer bist du? Was willst du von mir?«
    Garsende räusperte sich. Alle Ausflüchte, die sie sich unterwegs zurechtgelegt hatte, erschienen ihr plötzlich hanebüchen, und so sagte sie nur: »Mein Name ist Garsende. Ich bin Heilerin und komme auf Geheiß des Burggrafen.«
    »Ich brauche keine Heilerin«, erklärte Annalinde ungehalten. »Es geht mir gut.« Um ihrer Behauptung Nachdruck zu verleihen, warf sie den Kopf in den Nacken und rang sich ein Lächeln ab. Die Blässe in ihrem Gesicht und die Ringe unter ihren Augen straften ihre Behauptung Lügen.
    »Vielleicht könnt Ihr mir dennoch ein wenig Eurer Zeit schenken?«
    »Wie du willst, aber fasse dich kurz. Ich möchte die Messe in St. Magnus nicht versäumen.«
    Garsende unterdrückte ein Seufzen. Sie hatte gehofft, durch unverfängliches Geplauder Annalindes Vertrauen gewinnen zu können, bevor sie sich dem Kern ihres Besuches näherte. Doch eine Frau, die es eilig hatte, würde sich kaum zu müßigem Geschwatze mit einer Fremden herbeilassen.
    »Der Burggraf hofft, es wäre Euch womöglich noch das eine oder andere eingefallen, was zur Aufklärung des
Mordes an Eurem Gatten beitragen könnte«, sagte sie, während sie ein paar Schritte in den Raum trat.
    »Warum sollte ich mit einer Fremden über meinen Gatten sprechen wollen?«, erkundigte sich Annalinde.
    »Mir müsst Ihr gewiss nicht Rede und Antwort stehen«, erwiderte Garsende leise. Sie drehte sich um und sah die Witwe an. »Doch eines Tages ist Euer Sohn mündig. Dann

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