Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
Vom Netzwerk:
das Dokument, von dem Ihr mir jenen Fetzen mit dem Bruchstück eines Siegels zum Augenschein gegeben habt?«, unterbrach Bruder Goswin plötzlich seine Gedanken.
    »Ja, ganz recht.«
    »Dann muss ich Euch enttäuschen, Burggraf. Nichts, was ich bislang darüber herausgefunden habe, deutet darauf hin, dass es sich dabei um eine Kostbarkeit handeln könnte.«
    »Verdammnis!«, knurrte Bandolf. »Es muss aber doch von Wert sein, wenn ein Mensch darum getötet wird.«
    »Seid Ihr Euch denn sicher, dass Ulbert von Flonheim wegen dieses Schriftstücks ermordet wurde?«
    Bandolf zuckte mit den Schultern. »Alles scheint mir darauf hinzudeuten. Und außer diesem Dokument konnte ich nur wenig Grund finden, warum ein junger Schnösel wie Ulbert sein Leben hätte lassen sollen.«
    »Wie verhält sich das mit der Witwe?«, erkundigte sich Bruder Goswin. »Es geht das Gerücht, sie habe einen heimlichen Liebsten.«
    »Ja, das hörte ich«, meinte Bandolf nachdenklich. »Aber
woher wisst Ihr davon, Bruder? Und warum habt Ihr mir nichts darüber gesagt, als ich Euch vor einigen Tagen nach Ulberts Familie fragte?«
    »Hmm, jemand sprach erst kürzlich davon …« Bruder Goswin geriet ins Stocken. »Glaubt Ihr denn, der Ruf der Witwe werde mit Absicht verunglimpft?«
    »Ich weiß es nicht, Bruder«, sagte der Burggraf mit einem Seufzen. »Mir dünkt nur, als käme jener Liebste doch just allzu passend daher. Belassen wir es vorläufig bei dem Schriftstück. Was konntet Ihr über den Fetzen herausfinden?«
    »Das Pergament als solches ist ganz gewöhnlicher Natur. Womöglich gäbe der Inhalt mehr Aufschluss über seinen Wert, würde man ihn kennen«, gab Goswin zur Antwort. »Es könnte eine Schenkungsurkunde sein, eine Übertragung von Besitz, Erwerb oder Veräußerung. Irgendetwas dergleichen.«
    Bandolf merkte auf. »Demnach geht es also um Land? Aber wessen Land?«
    »Es tut mir leid, mein Lieber. Bislang konnte ich nur einen flüchtigen Blick darauf werfen. Ich vermag Euch kaum mehr zu sagen, als dass der Fetzen nicht von einem Blatt aus einem Evangeliar oder Ähnlichem stammt. Was im Übrigen auch nicht das Siegel erklären würde. Ich konnte die Jahreszahl daneben entziffern, welche, wie es scheint, das Jahr 1050 nach Fleischwerdung des Herrn angibt, während auf dem Siegelbruchstück selbst nur ein Teil der Jahreszahl zu sehen ist: XLIII - es könnte bedeuten, dass das Siegel selbst im Jahre 1043 geschnitten wurde, womöglich aber auch früher. Wie viele Buchstaben davor fehlen, kann ich nicht sagen.«
    »Was konntet Ihr noch herausfinden?«
    »Der Zusatz nobilis est wurde mehrmals erwähnt. Es könnte also möglich sein, dass es sich um die Urkunde
eines Mannes von Stand handelt. Auch von et monastrum ist die Rede.«
    »Ein Kloster?«, überlegte Bandolf laut. »Was könnte das bedeuten? Eine Schenkung an ein Kloster?«
    »Wenn ich das wüsste.« Bruder Goswin seufzte. »Gebt mir noch ein wenig Zeit. Links neben dem Siegel sind Namen der Zeugen aufgeführt, doch die Tinte ist verwischt, ebenso wie die Initialen direkt neben dem Siegelstück, welche die Signatur des Ausstellers bedeuten. Womöglich gelingt es mir …«
    »Still!« Abrupt fuhr der Burggraf herum und schwenkte seine Fackel bald in diese, bald in jene Richtung. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er dem Licht nach, das die dunklen Ecken und Nischen seiner nächsten Umgebung beleuchtete.
    »Was …?«
    Bandolf hob unwirsch die Hand, und Goswin schwieg. Eine Weile stand der Burggraf starr wie eine Statue und lauschte in die Stille. Schließlich atmete er auf. »Ich dachte, ich hätte Schritte hinter uns gehört.«
    »Ich habe nichts dergleichen bemerkt.«
    Endlich drehte Bandolf sich wieder zu ihm um. »Habt Ihr Bruder Kilian gesehen, als Ihr das Domstift verlassen habt?«
    »Bruder Kilian?«, wiederholte Goswin, tief erstaunt. Dann lachte er. »Herrje, Burggraf, Ihr glaubt doch nicht etwa, der Benediktiner würde des nächtens hinter Euch herschleichen? Warum sollte er?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Aber mir ist schon seit einiger Zeit so, als säße mir jemand im Nacken.«
    »Womöglich Euer Gewissen?«, scherzte Goswin. »Wann habt Ihr das letzte Mal gebeichtet?«
    Doch Bandolf ging nicht darauf ein. Stattdessen berichtete er von Bruder Kilians merkwürdigem Besuch in seinem Haus, und was er zuvor beobachtet hatte.

    »Das klingt zwar in der Tat eigenartig«, räumte Goswin ein, »doch könnte Eure Begegnung nicht auch ein Zufall gewesen sein? Ich

Weitere Kostenlose Bücher