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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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zu besitzen, und Arnold, von römischer Hitzigkeit, wurde handgreiflich. Bevor Schlimmeres geschehen konnte, mischte sich Lothar von Kalborn ein.«
    Lothars Name war wie ein schmerzhafter Stich durch ihre Eingeweide, und einen Lidschlag lang hielt Garsende den Atem an. Doch schließlich gelang es ihr, seine Züge aus ihren Gedanken zu vertreiben. Sie bemerkte, dass der
Burggraf verstummt war und sie fragend anschaute. Mit einer Geste forderte sie ihn auf fortzufahren.
    »Ulbert nutzte die Gelegenheit, um sich davonzumachen«, nahm Bandolf den Faden wieder auf. »Schnurstracks eilte er in sein Quartier zurück und holte das Schriftstück aus der Truhe, wo er es aufbewahrt hatte. Und brachte das Dokument seinem Vetter Bartholomäus ins Domstift. Vermutlich glaubte er, es sei dort in sicherer Obhut. Und erleichtert, des brisanten Pergaments ledig zu sein, vergnügte er sich den Rest des Tages mit seinen Kumpanen auf der Festwiese draußen vor der Stadt mit Met und Weib.«
    Den Blick abwesend über ihren Kopf gerichtet, blieb Bandolf erneut vor ihr stehen und hakte die Finger in seinen Gürtel. »Arnold von Clemante wusste, wo Ulbert logierte. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, nach dem Zwischenfall auf dem Marktplatz zu St. Andreas zu eilen und Ulbert dort aufzulauern. Er könnte ihm gefolgt sein, als Ulbert das Stift mit dem Dokument im Wams verließ.«
    Schweigend hatte Garsende zugehört, doch jetzt unterbrach sie seine Ausführungen. »Wenn es sich so verhielt, wie Ihr sagt, dann muss Arnold jedoch gesehen haben, dass Ulbert das Dokument seinem Vetter gab. Bruder Bartholomäus. Warum also sollte er Ulbert töten, wenn es ihm um das Schriftstück ging?«
    Einen Moment lang kaute der Burggraf auf seiner Unterlippe. »Womöglich hat er nur gesehen, wie Ulbert mit seinem Vetter sprach. Je nachdem, wo Arnold gestanden hat, muss er die Übergabe des Dokuments nicht beobachtet haben«, argumentierte er.
    Garsende nickte. »Demnach wäre er Ulbert bis zur Hahnwiese gefolgt«, spann sie seinen Gedanken weiter. »Doch dort hätte sich für ihn im Trubel der Feiernden schwerlich eine Möglichkeit ergeben, Ulbert zu stellen. Also wartete er, bis der junge Edelmann in die Stadt zurückkehrte. Es war
Nacht und kaum noch jemand auf den Gassen unterwegs. Niemand würde sehen, wenn er Ulbert niederstäche und sich des Schriftstücks bemächtigte …« Sie stockte. »Aber woher hätte Arnold wissen sollen, ob Ulbert das, was er wollte, überhaupt bei sich trug? Und wenn er es nicht wusste, warum Ulbert dann niederstechen?«
    »Womöglich hatte Arnold nicht die Absicht, ihn zu töten. Nimm an, er stellte sein Opfer und verlangte die Herausgabe seines Eigentums, doch Ulbert weigerte sich. Oder bestritt, es überhaupt zu besitzen. Die beiden könnten in Streit geraten sein, wie schon auf dem Marktplatz geschehen. Doch jetzt war kein Lothar von Kalborn zur Hand, der Schlimmeres verhindern konnte.«
    Dieses Mal ließ sie sich vom Namen ihres Liebsten nicht ablenken. »Aber wieso geschah es in der Nähe Eures Hauses?«, grübelte sie laut. »Und wenn der Streit auf Ulberts Weg zu seinem Quartier stattfand, warum hätte sich Ulbert dann bis zu Eurem Anwesen geschleppt? Wäre Hilfe doch in St. Andreas sehr viel näher gewesen.«
    Schwer ließ Bandolf sich auf die Bank fallen, die bedenklich unter seinem nicht unbeträchtlichen Gewicht ächzte. »Dafür weiß ich auch keine Erklärung.« Gedankenverloren griff er nach seinem Becher und hob ihn an die Lippen. Gerade noch rechtzeitig schien ihm einzufallen, was sich darin befand. Er verzog das Gesicht und stellte den Trank unberührt wieder ab.
    Mit einem Kopfschütteln stand Garsende auf, leerte den Becher aus und füllte ihn aus einem anderen Krug.
    »Was ist das?«, fragte er argwöhnisch, als sie ihm den Becher zurückgab.
    »Ein Trank aus Gerste und Hopfen«, erwiderte sie erheitert. Sein Gesicht hellte sich auf, und er trank das unverdünnte Bier in einem Zug leer.
    »Mir will nur nicht einleuchten, was das alles mit Eurem
Wunsch zu tun hat, mich hinter Klostermauern verschwinden zu sehen?«, fragte sie nach einer Weile.
    Der Burggraf warf ihr einen scharfen Blick zu. »Ich frage mich, warum du dich gegen diesen Gedanken derart sträubst?«
    »Ich bin in einem Kloster aufgewachsen. Und glaubt mir, Burggraf, weder die Nonnen noch ich hatten rechte Freude daran.«
    »Du warst Novizin«, erwiderte er. »Nun aber bist du eine freie Frau.«
    Als mache das einen Unterschied, dachte

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