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Das Ziel ist der Weg

Das Ziel ist der Weg

Titel: Das Ziel ist der Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hagenmeyer
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bis nach Eauze, ebenfalls Bischofssitz im Mittelalter, mit seiner gotischen Kathedrale Saint-Luperc.
    Von Eauze wieder durch Weingärten und vorbei an Fischteichen erreichen sie Manciet, eine bedeutende mittelalterliche Station auf dem Jakobsweg: Der Ritterorden von Santiago führte hier im 13. Jahrhundert ein Hospiz für Jakobuspilger. Weiter geht es durch Hügelland und über den Midour ins ruhige Innere der romanischen Kirche Saint-Nicolas von Nogaro. Durch Wälder und an Bauernhöfen vorbei erreichen die Pilger schließlich Aire-sur-l’Adour. Aus dem dunkel bemalten Innenraum der Kathedrale Saint-Jean-Baptiste steigen sie auf eine Anhöhe zur romanischen Kirche der heiligen Quitterie. Über die weite Ebene des Adour gelangen sie zur romanischen Jakobuskirche in Sensacq. Sie nehmen den rekonstruierten historischen Jakobsweg durch die Hügel, an der romanischen Wehrkirche von Pimbo vorbei, bis in die Arkadengänge der ehemaligen Bastide Arzacq-Arraziguet. Diese trägt in ihrem Stadtwappen drei Jakobsmuscheln und erinnert so an ihre Tradition als Station auf dem Jakobsweg.
    Von Arzacq passieren die Pilger über Erhebungen und eine Ebene mehrere kleine Weiler, bevor sie in Caubin durch das romanische Stufenportal der Johanniter-Kapelle treten und in ihr für einen Moment Zuflucht vor der Hitze suchen. Wenige Hundert Meter später treffen sie auf der Anhöhe von Arthez-de-Bearn wieder auf eine Stadt, die im Pilgerführer des Hermannus Künig von Vach von 1495 beschrieben ist. Dann folgen sie dem Hügel abwärts, über den Fluss Gave de Pau, an Maslacq vorbei, wieder ins Auf und Ab: Vier Höhenzüge liegen zur Überquerung vor ihnen. Unvermittelt steht einsam die Jakobuskirche von Sauvelade. Die klaren Formen des Zisterzienserbaus aus dem 13. Jahrhundert strahlen auch innen Ruhe und Frieden aus. Einige Stunden Gehzeit später erreichen sie die Mauerwälle und Befestigungsanlagen von Navarrenx am Ufer des Gave d’Oloron. Sie überschreiten den Fluss und gelangen durch die Anhöhen des Pyrenäenvorlandes nach Aroue. An der romanischen Kapelle Saint-Just von Olhaïby vorbei — eventuell mit einem Abstecher ins Franziskanerkloster von Saint-Palais kommen sie zum Stein von Gibraltar bei Hiriburia, der Stelle, an der sich im Mittelalter drei große Hauptströme des Jakobswegs vereinigten: der Weg aus Tours, der Weg aus Vézelay und ihr Weg aus Le Puy. Ab hier führte nur noch ein großer gemeinsamer Weg durch Navarra hindurch, bevor der vierte große französische Weg aus Arles dann bei Puente la Reina in Spanien ebenfalls in ihn mündet.
    Weiter wandern die Pilger aufwärts durch die Wacholderheide zur Kapelle von Soyarza, steigen ab, gehen an der romanischen Kirche von Harambeltz vorbei bis Ostabat, seit jeher Station auf dem Jakobsweg. Im Mittelalter muss nach der Vereinigung der drei Hauptströme täglich eine wahre Pilgerwelle über die Stadt hereingebrochen sein. Durch das Pyrenäenvorland gehen sie weiter, am einfachen Kreuz von Galcetaburia vorbei, nach Saint-Jean-le-Vieux, immer die gebirgigen Pyrenäen vor sich. Voran, vorwärts, weiter nach Saint-Jean-Pied-de-Port. Sie steigen auf dem Chemin-de-Saint-Jacques hoch, schreiten durch das Jakobstor der alten Stadt, gehen die Hauptstraße hinunter und treten ein in die Kirche Notre-Dame du Bout du Pont. Während sie im Halbdunkel der Kirche zur Ruhe kommen, wird ihnen klar, dass sie die letzte französische Station auf dem Jakobsweg erreicht haben: Sie haben Frankreich durchquert.
    Wenn die Pilger aus dem Portal der Kirche von Saint-Jean-Pied-de-Port treten und hinaufblicken in die grüne Wand der hoch aufragenden Pyrenäenberge, wissen sie, dass die Erfahrungen ihres bisherigen Jakobswegs sie gewandelt haben. Eine weitere große Etappe ihres Pilgerwegs hat ihr Ende gefunden.

    »Du bist aus Deutschland!« An der runden Markthalle im mittelalterlichen Auvillar kommt ein Mann auf mich zu. Sehe ich so typisch deutsch aus? Mit meinem Rucksack auf dem Rücken und in Wanderkleidung? Keine Ahnung, woran er mich erkannt hat. Im diesigen Morgengrauen bin ich in Moissac aufgebrochen und am alleengesäumten Kanal entlanggelaufen: »Links sind Bäume, rechts sind Bäume und dazwischen Zwischenräume...« Ein kurzer Anstieg hat mich in das Zentrum von Auvillar gebracht. Auf dem Mäuerchen am Ende des Platzes habe ich Aussicht über die unter mir liegende Ebene der Garonne. Noch Dunst im Tal. Ich quere den Platz mit den geparkten Autos, hin zum Marktplatz, viele

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