Das zitternde Herz
oder ich werden dir sobald wie möglich Meldung machen. «
»Warte mit deinem tally-ho noch ein bißchen, wenn du nichts dagegen hast«, sagte Kate. »Ich glaube, ich habe auch für dich eine Aufgabe, aber dafür muß ich mir erst noch ein paar Informationen zusammensammeln. Würde es dir etwas ausmachen, alleine noch einen Schluck zu trinken? Ich bin gleich wieder da.«
»Ganz und gar nicht«, sagte Harriet. »Aber trödle nicht.«
Kate ging in ihr Arbeitszimmer und sah ihre Seminarteilnehmer-listen der letzten Semester durch. Immer wieder gab es einen jungen Mann in ihren Veranstaltungen, manchmal auch eine junge Frau, die sich über jede Erwähnung von Frauenunterdrückung oder Frauenof-fensive und die Auseinandersetzung mit den Thesen einer Frau em-pörten. Das hatte, wie Kate nach langem Leiden endlich herausfand, nicht immer etwas mit diesem »Feministenscheiß« zu tun, wie aufgebrachte Studenten das Ganze bekanntermaßen nannten. Frauen wie Kate, die Autorität verkörperten, wurden in den Köpfen der Studenten immer mit der Mutter assoziiert, und gelegentlich reichte das für einen negativen persönlichen Affekt gegen sie aus, besonders, wenn die Studenten bereits ein generelles Ressentiment gegen Frauen in Führungspositionen hegten. Kate kam – und das nicht zum ersten Mal – der Gedanke, daß mal jemand ein Buch über die Gefahren für Frauen im universitären Lehrbetrieb schreiben müßte, unter besonderer Berücksichtigung nicht mehr ganz junger Frauen.
Kate stieß auf die Namen von vier Studenten, die vielleicht ihren Unmut aufgestaut und solange geschürt hatten, bis er in eine Entführung münden konnte. Sie bezweifelte jedoch, daß solcher Unmut tatsächlich zu einer realen Gefahr für Reed werden konnte. Aber Gefahr hin, Gefahr her, es mußte entsetzlich sein, gefangengehalten zu werden und zu wissen warum, denn zweifellos war es Teil des Vergnügens, Reed zu erzählen, daß er leiden mußte, weil er mit ihr, Kate, verheiratet war.
Andererseits, dachte Kate, wenn es sich hier wirklich um eine radikale und womöglich wahnsinnige Gruppierung religiöser Rechtsextremer handelte, dann gingen sie womöglich doch weiter, so wie sie es schon früher oft getan hatten, selbst in akademischen Kreisen.
Einer der Hauptsprecher der extremen Rechten hatte sich beispielsweise in das Seminar einer französischen Professorin in Harvard gesetzt – mit ihrer Erlaubnis – und dann alles, was dort vorgegangen war, böswillig mißdeutet. Dartmouth (von anderen Colleges ganz zu schweigen) lieferte genügend Anschauungsmaterial zu bösartigen rechtsextremen Aktivitäten. Nicht gerade ein ermutigender Gedanke.
Kate hoffte auf einen Streich von Burschenschaftlern, obwohl Kidnapping ernst war und sie dafür zahlen würden. Das hatte sie sich geschworen.
Kate erinnerte sich der wartenden Harriet und suchte in ihren Unterlagen nach den Adressen dieser vier wütenden Studenten. Ihr wurde klar, daß die vier nicht notwendigerweise noch hier lebten.
Studenten ziehen oft um, und manche hatten sowieso nur die Adressen ihrer Eltern angegeben. Wie sie vermutet hatte, lebte keiner der vier, zwei Männer und zwei Frauen, auf dem Campus beziehungsweise in Wohnheimen.
Mit der Adressenliste in der Hand kehrte Kate ins Wohnzimmer zurück. »Deine Aufgabe«, sagte sie zu Harriet. »Hier sind vier Adressen und Namen. Würdest du zu den Adressen der beiden Frauen gehen und irgendwas erfinden – du machst eine Kakerlaken-Inspektion, die Universität plant, Wohnungen zusammenzulegen, egal was. Du kannst so was besser als ich. Du siehst so wunderbar harmlos aus – großmütterlich, um es ohne Umschweife zu sagen –, daß ich glaube, sie lassen dich ohne Zögern hinein, wenn du gleichzeitig unaufdringlich, aber beharrlich bist. Ich möchte dasselbe wissen wie von Toni: wäre es für sie möglich, Reed zu verstecken?
Unternimm nichts, kundschafte das nur aus, und berichte mir dann.«
»Geht klar«, sagte Harriet und stand auf. »Zurück zum guten alten Eingangstürtrick; ich war immer schon der Ansicht, daß grauhaa-rige Damen ausreichenden Alters sich überall Zutritt verschaffen können und hinterher unidentifizierbar sind. Ich werde dir bald berichten – es sei denn, Toni besteht darauf, dich und deinen Fall aufzugeben. Ach, verdammt, ich halte dich auf dem laufenden, egal, was es ist. Vergiß nicht, morgen irgendwann am Nachmittag beim Tierarzt nachzufragen, ob eine Nachricht für dich da ist. «
Und weg war
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