Das zitternde Herz
als dramatische Rettungsaktion zu qualifizieren. Harriet erzwang sich, Toni, Banny und Kate Zutritt zu der Wohnung nach der beschriebenen Methode. Alle vier jungen Frauen waren zu Hause. Kates Studentin erkannte sie und erbleichte, obwohl, wie sich später herausstellte, ihr entsetzter Ausdruck vor allem daher rührte, daß sie mit ihrer Professorin in dieser Situation zusammentraf; sie hatte nicht gewußt, in welcher Verbindung Kate zu dem Mann stand, den sie und ihre Mitbewohnerinnen gefangenhielten.
Harriet zeigte unversehens das typische Verhaltensmuster eines Immobilienmaklers, indem sie Türen aufriß und die Räume erklärte.
Als sie zu dem Zimmer kamen, in dem Reed ›Loch Lomond‹ gesun-gen hatte, drückte Harriet die Klinke herunter und reagierte mit fas-sungslosem Staunen, sie verschlossen vorzufinden. »Öffnen Sie sofort diese Tür«, sagte sie gebieterisch.
»Eine unserer Mitbewohnerinnen ist krank, da drin«, sagte die Mieterin der Wohnung. »Wir können sie wirklich nicht stören. Dieses Zimmer ist nicht anders wie die anderen.«
»Als die anderen, bitte«, forderte Harriet. »Wir wollen doch versuchen, das, was uns von einer einst erhabenen Sprache geblieben ist, zu bewahren. Es mag sein wie die anderen, aber wir wollen es sehen. Wir werden auch in der Tür stehenbleiben und nur einen Blick hineinwerfen.« Unterdessen war Banny an der Tür hochgesprungen, sie hielt es vielleicht für ihre Hundepflicht, Kates Ungeduld körperlich auszudrücken.
»Was für ein putziger kleiner Hund«, sagte die junge Frau – ein letztes Ablenkungsmanöver.
»Öffnen Sie die verdammte Tür – jetzt«, befahl Toni. Einen Augenblick lang erwartete Kate, sie würde einen Revolver ziehen, aber sie versagte sich diese Geste, zumindest im Moment. »Öffnen Sie diese Tür oder ich breche sie auf«, sagte sie. Sie trat ein Stück in den Flur zurück, eindeutig bereit, mit Anlauf die Tür einzurennen. »Weg von der Tür, Reed«, rief sie. »Ich komme.«
»Schon gut, schon gut«, sagte die junge Frau. »Hier ist der Schlüssel.« Sie holte ihn aus ihrer Tasche. »Ich hab euch gleich gesagt, daß das nicht funktionieren würde«, sagte sie zu den drei anderen jungen Frauen. Mürrisch händigte sie Toni den Schlüssel aus. Toni reichte ihn an Kate weiter, die feststellte, daß ihre Hand zitterte, als sie ihn ins Schlüsselloch schob. Toni nahm den Schlüssel wieder an sich, öffnete die Tür und trat zur Seite. Kate ging hinein, Reed kam heraus, und sie fielen einander in die Arme. Banny sprang an Reed hoch.
»Und wer zum Teufel ist das?« fragte Reed und beugte sich zu dem Welpen hinunter, um ihn hochzunehmen. »Und wo ist der Brandy? Tragen Bernhardiner nicht immer ein Fäßchen Brandy um den Hals, wenn sie Menschen retten?«
Reed, Kate und Banny waren gerade im Begriff, nach Hause zugehen, als Toni mit ihren zwei Mitarbeitern erschien. Irgendwann, dachte Kate, muß ich sie nach ihren Namen fragen und aufhören, sie nur in ihrer Funktion wahrzunehmen.
Toni bat die Männer, sicherzustellen, daß niemand die Wohnung verließ, und dann bat sie Reed und Kate, sich einen Moment zu setzen und ihr zuzuhören. »Bitte«, sagte sie sehr eindringlich, als die beiden zögerten. »Harriet hat diese jungen Frauen alle in einem Zimmer zusammengetrieben. Sie hindert sie am Telephonieren und tut ihr Bestes, was, wie wir wissen, beträchtlich ist, um ihnen Angst einzuflößen.
Ich habe einen Vorschlag«, sagte Toni dann, »einen Plan, den ich für gut halte, obwohl er riskant ist. Aber Sie beide werden ihn durchführen müssen, also lassen Sie mich ihn erklären, und dann können Sie mir sagen, was Sie davon halten. Folgendes: Bis jetzt weiß niemand, daß Reed gefunden und befreit wurde, außer diesen vier Tus-sis, die mit Harriet in diesem Zimmer hocken. Zweifellos werden die jetzt ziemlich nervös und bedauern ihren Part bei der Entführung. «
»Nach dem zu urteilen, was ich von ihnen gesehen habe«, unterbrach Reed, »glaube ich, daß Sie recht haben, ausgenommen vielleicht die Blonde mit dem kurzen Rock. Die schien fast Spaß an der Sache zu haben.«
»Dann werden wir auf sie besonders achtgeben müssen«, antwortete Toni, während Kate Reed fragend und betroffen ansah. »Was ich jetzt tun sollte, ist die Polizei anrufen und sie in einen Entführungs-fall einschalten. Die Polizei wird – fraglos mit Ihrer anwaltlichen Hilfe« – sie nickte Reed zu -»die Mädchen dazu überreden, als Kronzeugen aufzutreten, das heißt, sie
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