Das zitternde Herz
Harriet.
5
Als Kate und Banny am nächsten Nachmittag in der Hundeschule ankamen – die Übungsstunden fanden zu verschiedenen Zeiten statt, so daß Hund und Herr, waren sie erst einmal dabei, den für sie zeit-lich am besten passenden Kurs besuchen konnten –, hielt Ovido zwei Nachrichten für Kate bereit. Toni, deren Verärgerung über Kates Mißachtung ihrer Anordnungen geradezu vom Papier knisterte, ließ sie wissen, daß sie ihr heute abend berichten werde, nicht in ihrer Wohnung, sondern im Riverside Park, an der Seventy-ninth Street oberhalb des Bootsteiches, wo Kate sich samt Hund um sieben ein-finden solle. Ohne nach ihr Ausschau zu halten; sie würde Kate schon entdecken.
Die zweite Nachricht war von Harriet und besagte, daß sie um sechs mit verblüffenden Neuigkeiten zu Kate in die Wohnung kommen werde. Die Konzentration auf den Unterricht und Bannys Neigung, sich davonzumachen und andere Hunde zu inspizieren, berei-teten Kate einige Schwierigkeiten. Kates kaum zu unterdrückender Drang, nach Hause zu stürzen und auf Harriet zu warten, war für Banny, die immer wieder Richtung Ausgang stürmen wollte, nur allzu offensichtlich. Es war keine erfolgreiche Übungsstunde.
Schließlich wurden sie entlassen, nicht ohne ein Stirnrunzeln in Richtung Kate (nicht Banny) seitens der geduldigen Trainerin. Kate verschwand schuldbewußt, aber unverzüglich, und sie rannten nach Hause – Banny, die einem so atemberaubenden Tempo nicht ge-wachsen war, auf Kates Arm.
Harriet war da.
»Und?« rief Kate, als sie oben ankamen. Sie wußte, daß Harriet ihr nicht mit dem Versprechen von Neuigkeiten gekommen wäre, wenn nicht auch Neuigkeiten, vielleicht sogar gute Neuigkeiten, in Sicht waren.
»Setz dich hin«, sagte Harriet. »Das Ganze verlangt besonnenes Vorgehen, also spring nicht auf und stürz aus der Wohnung wie eine Irre. Hör zu. Ich sagte, setz dich.«
Kate setzte sich.
»Gut«, sagte Harriet. »Ich weiß, daß du Toni nachher triffst und daß sie dir erzählen wird, was sie herausgefunden und was sie vor hat. Ihre Begegnung mit den Burschenschaftlern war wohl ziemlich unerquicklich, sie hat ein paar interessante Anhaltspunkte gewonnen, aber nichts Bestimmtes. Ich hingegen habe echte Neuigkeiten. Unterbrich mich nicht.« Kate sackte wieder in sich zusammen.
»Die beiden Frauen auf deiner Liste leben in ganz unterschiedli-chen Verhältnissen. Die erste hat ein winziges Ein-Zimmer-Apartment, in dem man sich kaum umdrehen kann. Die andere lebt in einer großen Wohnung, die sie sich mit drei weiteren Frauen teilt.
Nur zwei der vier Frauen waren zu Hause, auch die, deren Namen auf deiner Liste stand. Sie war extrem abgeneigt, mich in die Wohnung beziehungsweise auch nur über die Schwelle zu lassen, aber ich habe meine Rolle, auch wenn ich es selbst sage, als Beauftragte des Amtes für Universitäts-Wohnraum ziemlich gut gespielt – «
»Du meinst, die Wohnung gehört der Universität?« fragte Kate.
»Ich wußte gar nicht, daß sie große Wohnungen an Studenten ver-mieten.«
»Das tun sie auch nicht. Es stellte sich heraus, daß eine der jungen Frauen die Enkelin eines emeritierten Professors ist, die diese Wohnung mehr oder weniger illegal mit drei Mitbewohnerinnen, die zur Miete beitragen, bewohnt. Ich hatte den Verdacht, daß die Universität, angesichts der Knappheit großer Wohnungen, davon nicht gerade begeistert wäre, und dies gab meinen Drohungen hinsichtlich dessen, was passieren würde, wenn sie mich nicht hineinließen, die nötige Überzeugungskraft. Ich hatte vorsorglich das Amt für Universitäts-Wohnraum aufgesucht, mich als die ratlose Tante einer Studentin ausgegeben und herausgefunden, daß das fragliche Mietshaus tatsächlich Eigentum der Universität ist. Jetzt hetz mich nicht, Kate, im Moment können wir sowieso nichts tun, also halt dich zurück.
Nachdem ich drin war, habe ich verlangt, die ganze Wohnung gezeigt zu bekommen und genau zu erfahren, wer hier wohnt, was genau sie an der Universität tun, wie viele Personen in jedem Raum sind – all so was. Und jetzt kommt der Clou. Eines der Zimmer war versperrt, und sie sagten, sie könnten mich unmöglich hineinlassen, weil die Bewohnerin die Grippe und eine Reihe anderer fieberhafter und hochansteckender Krankheiten hätte. Ich sagte, ich nähme das Risiko, mich anzustecken, in Kauf; sie möchten bitte die Tür auf-sperren. Sie weigerten sich standhaft, und ich machte eine Menge Lärm, von wegen das Ganze der Behörde zu melden,
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