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Das zitternde Herz

Das zitternde Herz

Titel: Das zitternde Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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hätten wir es mit einer Irren zu tun – nicht nur mit einer Besessenen«, fügte er angesichts Kates hochgezogener Augenbrauen hinzu. »Du weißt, was ich meine. In diesem Fall werden wir sie oder ihn vielleicht niemals finden, und vielleicht hat der Anschlag auf Toni mit dir auch gar nichts zu tun. Wenn aber hinter ihm und dem Vorangegangenen ein und dieselbe Person steckt, was ich vermute, dann ist es um so besser, je eher du mit einer Liste der Eventualitäten aufwartest. «
    »Und bis zum Kindergarten zurückgehe?« Kate wurde sarkas-tisch.
    »Laß uns ein bißchen später einsteigen – sagen wir mit der High School. Dann weiter: College, Jobs, Liebhaber, Reisen – das sind die Situationen, in denen ihr miteinander zu tun gehabt haben könntet.«
    »Gut, danke, daß du mir die Kindheit ersparst. Kindheiten lang-weilen mich zu Tode. Heutzutage scheinen alle über nichts anderes zu schreiben. Es gibt einen neuen hippen Theoretiker namens Adam Phillips, den alle Literaturwissenschaftler lesen. Ich hatte kürzlich ein Buch von ihm in der Hand, mit dem Titel Über das Flirten, und er zitiert etwas von Philip Larkin, was ich höchst erfreut vermerkt habe.«
    Reed, den es früher an diesem Tag beunruhigt hatte, daß sie Auden zitierte, schöpfte jetzt, angesichts ihrer Rückkehr zu angestamm-ten Denkmustern, Hoffnung. »Ich weiß, daß du Philip Larkins Ge-dichte bewunderst, aber ich dachte, du liest noch diese Biographie über ihn.«
    »Das war letztes Jahr.«
    »Nie schaffe ich es, Schritt zu halten mit deiner Lektüre.«
    »Es gibt Menschen, die lesen viel und schnell. Andere lesen langsam, ein paar Seiten abends im Bett, bevor der Schlaf sie über-kommt.«
    Die gewohnte Kate war wieder da, und Reed lächelte. Sie lächelte zurück.
    »Das Zitat von Larkin ist wichtig«, sagte sie – sie verstand seine Erleichterung. »Er sagte in einem Interview: ›Immer wenn ich eine Biographie lese, neige ich dazu, in der Mitte zu beginnen, wenn der Kerl erwachsen ist, dann wird es interessant‹. So empfinde ich auch mein Leben. Ich werde mir also einen schnellen Überblick über die High School und das College verschaffen und mich dann konzentrieren.«
    »Du konzentrierst dich besser gleich«, sagte Reed. »Wir suchen nach einem Mörder, selbst wenn er, wie wir hoffen, als solcher versagt hat. Denk daran. Tut mir leid, wenn ich schon wieder offiziös klinge.«
    Vom Krankenhaus hörten sie in dieser Nacht nichts Neues mehr über Toni. Harriet wachte auf und willigte schließlich ein, sich ins Bett zu legen, eine Schlaftablette und noch ein bißchen Scotch zu schlucken. Als alles ruhig war, rief Kate Leslie an.
    »Ein schöner Schlamassel, in den du mich da reingeritten hast«, sagte sie.
    »Du erinnerst dich an deine Vergangenheit, stimmt’s?«
    »Ja, verdammt«, sagte Kate. Und erzählte ihr von Toni. Sie sprachen eine Weile darüber, und wieder hoffte Kate auf irgendeine Bestätigung dafür, daß Leslies Situationsanalyse sich als halbwegs richtig erweisen würde.
    »Es ist nur eine Annahme, eine Vermutung, ein Versuchsballon«, sagte Leslie. Kate sah sie vor sich, in ihrem Studio, wie sie auf ihrem Stuhl hockte, ihre Beine um die Beine des Stuhls geschlungen. Sie zog sich abends oft in ihr Studio zurück, um über ihr Gemälde zu brüten und die Arbeit des nächsten Tages zu bedenken. »Schlimms-tenfalls verschwendest du ein paar Stunden mit Listenschreiben und Erinnern. Wer weiß, vielleicht wird am Ende ein Bestseller draus, wie der Lebensroman von Gore Vidal.«

    Kate beschloß, das zu überhören. »Das eigentliche Problem ist, daß ich mir niemanden vorstellen kann, der so zornig wird, ganz zu schweigen davon, es so lange zu bleiben, oder ein derartiges Desaster zu planen.«
    »Das liegt an deiner Persönlichkeitsstruktur«, sagte Leslie.
    »Schneller Ärger, kurzer Wutausbruch, völliges Vergessen. Aber du mußt jetzt mal mit Vergessen aufhören. Und unterschätze den Zorn von Frauen nicht. Bleib mal eben dran, ich hole schnell ein Buch.«
    »Was für ein Buch?«
    »Warte einen Moment.« Kate hörte, wie der Hörer hingelegt wurde, dann Leslies Schritte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie zurückkam. »Entschuldige«, sagte sie. »Ich hab es nicht gleich gefunden. Es ist Kleine Frauen.«
    »Kleine Frauen!« schrie Kate.
    »Ah, hier ist es«, sagte Leslie, Kates Zwischenruf ignorierend.
    »Marmee spricht. Du erinnerst dich an Marmee – ein Herz aus Gold und geduldig wie Griselda. Sie redet natürlich mit Jo. Wer

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