Das zitternde Herz
nahe. Kate, die sich weder sicher war, was sie da entdeckt hatte, noch ob es von irgend-welchem Nutzen sein würde, dankte der Sekretärin freundlich, gab die Mappe zurück und ging nach Hause, um auf Harriet zu warten.
Sie hoffte, daß Harriet irgend etwas Bedeutsameres entdeckt hatte oder wenigstens etwas Überraschendes.
Anders als Kate leckte sich Harriet bei ihrer Rückkehr förmlich die Lippen. Electra könne nicht Muriel sein, versicherte sie. Ihr Süd-staaten-Akzent war echt, und sie war die Mutter von Dorothy Hedge und deren älterer Schwester, was bedeutet, daß sie viel älter war, als Muriel es sein konnte. »Aber ich habe doch noch ein paar delikate Einzelheiten herausgefunden«, beruhigte Harriet Kate. »Ich habe einen Single Malt Whisky verdient, da stimmst du mir sicher zu.«
Kate erhob sich, um ihn zu holen, und bestand, als sie zurückkam, auf sofortiger Berichterstattung.
»Also«, sagte Harriet und leckte sich diesmal die Lippen buchstäblich, in froher Erwartung des Scotch, »zunächst mal, Tochter Dorothy Hedge ist keine Abtrünnige vom politischen Standpunkt der Familie. Ganz im Gegenteil. Mama war durchaus bereit – nachdem ich meine inbrünstige Zustimmung hinsichtlich all ihrer Anschauungen deutlich gemacht hatte, und da sie nicht wußte, daß es zwischen uns eine Verbindung gibt –, damit zu prahlen, wie ihre Tochter Dorothy dich dazu gebracht hat, ihr von der Entführung deines Mannes zu erzählen. «
»Willst du damit sagen, daß diese Hedge Muriel ist?«
»Natürlich nicht, Kate. Versuch, dich zu konzentrieren. Du selbst hast mir gesagt, daß Muriel nicht aus dem Süden war. Nein, der Punkt ist, daß die liebe Dorothy von der Sache wußte, sie unterstützt, angeheizt und vorangetrieben hat. Sie hat dich angelogen und dich mit deiner lauteren Vertrauensseligkeit dazu gebracht, ihr dein Herz auszuschütten.«
»Kein Kommentar meinerseits. Ich habe rein gar nichts dadurch verloren, daß ich ihr mein Herz ausgeschüttet habe, wie du es ausdrückst. Hätte ich das nicht getan, hättest du vielleicht ihre wahren Überzeugungen gar nicht entdeckt – wenn Mama dir die Wahrheit gesagt hat, was man nie mit Sicherheit weiß.«
»Da würde ich sogar noch weitergehen: Ich glaube überhaupt nichts aus dem Munde dieser Frau, es sei denn, es gibt weitere Beweise. Die, wie ich hoffe, Reed mit seinen Beziehungen beibringen wird.«
»Was für Beweise?«
»Mama sagte«, – Harriet hielt ihr Glas hin, um es noch mal füllen zu lassen –, »daß Dorothy mindestens einmal die Woche vorbei-kommt, um Mama und Bad Boy zu besuchen. Wenn sie so oft kommt, dann hat sie wahrscheinlich ein Dauerticket. Hat sie ein Dauerticket, dann wird jedes einzelne Mal, wenn sie die Mautschranken auf der Henry Hudson Bridge passiert, registriert. «
»Was du meinst«, sagte Kate mit einer gewissen Schärfe, »ist, daß ihr Auto die Mautschranken passiert. Die Identität des Fahrers wird dabei nicht enthüllt, oder?«
»Mach nur weiter mit dieser Wortklauberei. Mir genügt das als Beweis, wenn wir ihn kriegen. Ich könnte mir vorstellen, daß der Usus der Betreibergesellschaft, den Kunden jeden Monat eine ge-druckte Auflistung zu schicken, nicht wenige unbekümmerte Zeitge-nossen in Verlegenheit bringt, die behauptet haben, zu dieser und jener Zeit anderswo gewesen zu sein. Das interessiert uns jedoch momentan nicht.«
»Okay, was hast du also noch herausgefunden?«
»Na ja, eben daß Mama und Bad Boy mit Reeds Entführung zu tun hatten. Ich weiß, daß wir das vermutet hatten, aber jetzt wissen wir es. Leider wissen wir deshalb noch nicht, wer hinter dem ganzen Plan steckt, und ich gebe zu, daß ich das bei diesem Besuch nicht aus Mama herausholen konnte. Wenn sie es überhaupt weiß – und da bin ich mir nicht sicher.«
»Sie muß es wissen, wenn sie willentlich mitgemacht und zugelassen hat, daß ihr Sohn mitmacht.«
»Nicht unbedingt. Möglicherweise weiß sie, wer mit ihr Verbindung aufgenommen hat, aber diese Person ist vielleicht nicht der eigentliche Drahtzieher. «
»Also wirklich, Harriet, du hörst dich langsam an, als hätten wir es mit der Mafia zu tun. «
»Ganz recht. Der Vergleich ist alles andere als an den Haaren herbeigezogen. Denk mal drüber nach.«
Kate gehorchte und dachte nach. Nach einer Weile sagte sie:
»Harriet, von wem stammte eigentlich die Idee, Banny als Nachrichtenübermittlerin einzusetzen?«
»Von Toni, natürlich. Sie sagte, sie habe diese Methode schon einmal bei einem
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