Das zitternde Herz
schwieg sie eine Weile.
»Das Problem ist«, sagte sie schließlich, »wie dir natürlich auch klar ist, daß Muriel, wer immer sie jetzt sein mag, bei unseren ganzen Nachforschungen bisher nicht aufgetaucht ist. Entweder wissen wir gar nichts von ihr, oder wir müssen sie unter den Menschen vermuten, die wir bis jetzt haben. Es ist zum Beispiel undenkbar, daß Dorothy Hedge Muriel sein könnte, denn du hättest sie sicher erkannt, selbst nach all diesen Jahren. «
»Vermutlich hätte ich sie erkannt«, sagte Kate zweifelnd. »Aber als ich mit Dorothy sprach, dachte ich nicht an Muriel oder an die Vergangenheit. «
»Nein, aber du hattest deine Antennen ausgefahren, sozusagen.
Selbst das kleinste bemerkenswerte Detail wäre bemerkt worden.«
»Laß uns das unterstellen, zumindest im Augenblick. Ich schlage vor, daß wir zu der Idee mit den Rechtsextremen zurückkehren und versuchen herauszufinden, wer da dahintersteckt, wobei wir davon ausgehen, es sei Muriel, wer immer es ist. Du hast doch die Mutter von unserem Bad Boy, der den Brief geschrieben hat, getroffen.
Könnte das Muriel gewesen sein?«
»Himmel, Kate, wie um alles in der Welt soll ich das wissen?«
»Wegen ihres Alters beispielsweise.«
»Stimmt. Dein Bruder sagte, daß Muriel inzwischen etwa sechzig sein müßte. Die rechtsextreme Mama könnte durchaus sechzig sein.
Ich würde sie etwas älter schätzen, aber wer weiß? Du mußt dir die Universitätsunterlagen ihres Sohnes beschaffen, das sollte dir ein paar Hintergrundinformationen geben. Besorg dir, wenn möglich, seine Unibewerbungsunterlagen. Unterdessen werde ich sie wohl noch mal besuchen und mich von ihr überreden lassen, ihrer reaktionären Gruppe beizutreten.«
»Möglicherweise weiß sie, daß du im Zusammenhang mit dem Mord verhört wurdest. «
»Wahrscheinlich nicht, aber wenn sie davon weiß, dann wissen wir, wie genau sie diese ganze Geschichte verfolgt. Das gibt mir zudem Gelegenheit, mich darüber auszulassen, wie verkommen unsere Regierung und unsere Polizei ist. «
»Es läuft darauf hinaus«, seufzte Kate, »daß wir wieder ganz zum Anfang zurückkehren müssen. «
»Das ist immer gut«, sagte Harriet. »Ich hoffe sehr«, setzte sie nach einer Pause hinzu, »daß du auch nicht den leisesten Verdacht hegst, ich könnte Toni überfallen haben. Nicht daß mich das von diesen Ermittlungen abhielte, denn alles, was ich herausfinde, wird nur dazu da sein, meine Unschuld zu beweisen. Ich wollte dich einfach fragen. «
»Ich hege nicht den leisesten Verdacht«, sagte Kate. »Die große Frage ist für mich, ob wir davon ausgehen können, daß, wer immer sie getötet hat, irgendwie mit unserem Fall zu tun hat? Wenn es jemand aus ihrer Vergangenheit war oder aus einem anderen Fall, dann mache ich mir doch Sorgen, ob wir deine Unschuld beweisen können.«
»Darüber habe ich auch nachgedacht. Aber ich glaube nicht, daß Toni irgendwelche Fälle hatte, von denen ich nichts wußte, und keiner von denen, die ich kenne, könnte zu Mord geführt haben, am allerwenigsten zu Mord an ihr. Nicht, daß sie keine Geheimnisse vor mir gehabt hätte. Es gab gewiß Verabredungen, die sie nicht mit mir oder in meinem Beisein besprach. Aber ich bin immer davon ausgegangen, daß das Teil ihres Privatlebens war und nichts mit einem Fall zu tun gehabt hat; wir haben alle unsere Fälle ständig miteinander diskutiert, und dein Fall war im Augenblick unser wichtigster. «
»Aber die Polizei hat, laut Archie, keinerlei Hinweis auf ein Privatleben gefunden, jedenfalls auf kein irgendwie kompliziertes oder eines, das Gewaltsamkeiten nahelegt. Das hast du doch auch nicht geglaubt.«
»Nein. Aber ich war fast nie bei ihr zu Hause. Wir hatten auf privater Ebene nichts miteinander zu tun – du weißt schon, mal ein Drink, Spaziergänge, gemeinsame Abendessen und Gespräche. Unsere Beziehung war ausschließlich beruflicher Natur. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann ist das vielleicht ein bißchen seltsam.
Aber ich bin selbst so ein Eigenbrötler, daß es mir gar nicht auffiel.
Weißt du, Kate, du bist der einzige Mensch, dem ich erlaubt habe, mir in den letzten Jahren wirklich nahe zu kommen, und das lag einerseits daran, daß ich dich mag, andererseits, daß du mir in einer schwierigen persönlichen Angelegenheit geholfen hast.«
»Ich wünschte wirklich«, sagte Kate, »daß nicht immer alles, was wir ausgraben, in eine Sackgasse führen würde.«
»Also dann, an die Arbeit, wie besprochen«,
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