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Das zweite Gesicht

Titel: Das zweite Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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r w e ite R e ise, falls Chiara m it ihrer A hnung R e cht behielt. Maskens Wagen stand verlassen in einiger Entfernung.
    Sie hielt Ausschau nach W achtposten, doch im Dunkeln konnte sie über der R eling keiner erkennen. Was nicht bedeuten m usste, dass dort tatsächlich keiner war. Letzten Endes spielte es keine Rolle, sie würde so oder so an Bord gehen. Die W ahrheit war zu verlockend, das vage Versprechen einer Auflösung zu verheißungsvoll.
    Sie war nie m als auf einem Schiff gewesen – nur ein m al auf einem Ruderboot auf der Elbe –, und eine Y acht hatte sie noch nie aus der Nähe gesehen. Sie kannte die Rechnungen und wusste in etwa, w as sie gekostet hatte; der Preis konnte es durchaus m it dem der Villa au f neh m en. Allein der Unterhalt m usste Unsummen verschlinge n . W i e viele Mannsc h afts m itglie d er waren nötig, um m it solch einem Schiff um die halbe W elt zu fahre n ? Zwanzi g ? Dreißig? Noch m ehr? Sie h atte nicht d i e geringste Ahnung.
    Eine hölzerne Brücke führte vom Anlegeplatz zu einer Lücke in der Reling, in einem W ink e l, der ihr eine Spur zu steil erschien; bei der Nässe lief sie Gefahr, darauf auszurutsc h en. Kra m pfhaft hielt sie sich am Geländer fest, als sie hinüberging. W er im m er sich auf der Yacht befand, sie gönnte ihm nicht den Triu m ph, sie aus dem Hafenbecken zu fischen.
    Ungehindert erreichte sie das Deck. Sie erfasste die gähnende Leere der Planken m it einem Blick. Vorsichtig huschte s i e zur er s t be st en Tür hinüber, die ins Innere des Schiffes führte. Sie war versc h lossen. Hi n t er ei n e m
    Fenster, gleich daneben, erwart e t e sie ihr Spieg e lbild, f a s t unsichtbar. Es hätte auch ihre Doppelgängerin sein können. Oder Jula.
    Die Mann s chaft war ver m utlich auf Landgang. Aber sicher nicht alle, oder doch? Ihr gesa m t es W i ssen über das Leben an Bord eines S chiff e s stam m t e aus Büchern wie Die Schatzinsel und Meuterei auf der Bounty. Auf der Hispaniola hatte es im m er Nachtwachen gegebe n : verwegene Kerle m it Gewehren und Enter m essern.
    Sie pro b ierte eine zweite Tür, d och auch die w a r abgesperrt. Also hinauf zum Oberdeck. Vielleicht fand sie dort eine unverschlossene Tür.
    Sie zog Sagers Revolver, den sie vor lauter Aufregung beinahe vergessen hatte, und hielt ihn so, wie sie es bei Dreharbeiten gelernt hatte. Im m erhin erweckte das den Eindruck, sie könnte da m it u m geh e n.
    Lautlos glitt sie die Tr eppe nach oben. Ihre weichen Schuhe verursachten keine Geräusche auf den Stufen. Das Geländer war vergoldet oder sollte zu m i ndest den Anschein erwecken.
    Erst g l aubte sie, auch d as Oberdeck sei v erla s sen, u n d nirgends brenne Licht. Dann erkannte sie, dass hinter den Fenstern dichte, schwarze Vorhänge zugezogen waren.
    Dies m al war sie nicht so unvo r sichtig, einfach eine der Türen auszuprobieren. Stattdessen schlich sie an der Reling entlang, bis sie ein Fenster fand, an dem die Vorhänge nicht ganz so sor g fältig geschlossen waren wie hinter den anderen. Ein sch m aler Lichtstrei f en fiel ins Freie.
    Vorsichtig trat sie näher und ging vor dem Fenster in die Hocke. Sie musste ihr Auge so nah heranbringen, dass ihr Gesicht fast das Glas b e rührte; sie konnte die Kälte spüren, die davon ausging. Für ein paar Sekunden war sie  geblendet, als der Lichtspalt auf ihre Pupille fiel. Dann gewöhnte sich ihr Auge an die neuen Lichtverhältnisse und gestattete ihr ein e n Blick ins Innere.
    Bei dem Raum handelte es sich offenbar um einen weitläufigen Salon, d er den gesa m t en Aufbau des Oberdecks einnah m . I m Hinte r grund konnte sie Teile einer Bar erkennen. Der Bod e n war m it dunkelroten Teppichen ausgele g t. Etwa in der Mitte des Salons saß eine einzel n e Gestalt vorgebeugt auf einem f r ei stehenden Stuhl. Chiara sah nur einen Teil der L ehne und der Rückenpartie, aber das reichte aus, um das Seil zu erkennen, m it dem die Person festgebunden war.
    Chiara bemühte sich, weitere Einzelheiten zu erkennen, doch der Blickwinkel war zu eng.
    Etwas glitt innen am F e nster vorüber und versperrte ihr für eine Sekunde die Sicht. Sie zuckte erschrocken zurück. Eine Metallstange krac h te gegen einen ihrer Rückenwirbel. Der Sch m erz raubte ihr den Atem. J e m and hatte sie g e s chlage n ! Nein – sie war nur m it dem Rücken gegen die R eling geprallt. Sie holte tief Luft, wartete, bis sich ihr Atem wieder beruhigt hatte, dann kauerte sie sich erneut vor das Fenster.
    Wer im m

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