Das zweite Imperium der Menschheit
Arme. Dabei sah er, dass der Mann sich in großer Hast einige Verbände
angelegt haben musste, denn schmutzige Binden und teilweise aufgeplatzte Nährgewebepackungen
bedeckten einige Stellen der bloßen Arme. Der flache Atem des Kapitäns
war zu spüren.
Langsam ließ der Schotte den Körper auf die Trage sinken, die von
den Robotern weggebracht wurde. Jean Andreatta hörte den Puls ab; seine
Miene verriet tiefe Besorgnis.
»Warum?«, fragte Britt, die mit Iron allein im Schiff zurückblieb.
Hilflos zuckte der Schotte mit den Schultern. Er sah traurig aus.
»Ich weiß es nicht. Er wird durchkommen«, sagte er matt und
versuchte, ein tröstendes Lächeln zustande zu bringen. Britt weinte
plötzlich. Iron legte seinen Arm um ihre Schultern und drückte sie
an sich. Sie verbarg ihr Gesicht in dem Stoff seiner zerschlissenen Jacke und
schluckte einige Male.
»Er hat versucht, irgendetwas zu tun, wobei er auf Gegenwehr gestoßen
sein muss. Er hätte seine Zugehörigkeit zu unserer verzweifelten Gruppe
nicht deutlicher beweisen können. Er ist ein Freund. Wo findest du das
noch?«, fragte Iron die junge Frau. Sie sah ihn mit tränenden Augen
an.
»Ihr Männer! Er ist das einzige, das mir noch geblieben ist. Nur seinetwegen
bin ich in dieser engen Höhle. Und jetzt ist er auch ...«
Der Rest ging in unterdrücktem Schluchzen unter. Iron ließ plötzlich
die junge Frau los, rannte blitzschnell zum Schaltpult und schloss mit einem
einzigen Hebel die Schleusen. Diese Verbindungen waren absolut luftdicht. Dann
nahm er einige Schaltungen vor. Verloren stand die junge Frau mitten in der
Kanzel, ohne zu begreifen. Iron zerrte unter dem Schaltpult eine vibrationsdämpfende
Gummimatte hervor. Er legte sie mitten in der Kabine auf den Boden. Dann blickte
er auf die Uhr. Summend schaltete sich ein Generator ein, kam auf Touren, der
Ton verlor sich im Überschall.
Er stellte sich, die junge Frau auf den Armen, auf die Gummimatte. Nach Sekunden
zerriss ein greller Blitz, der krachend in den Fels über dem Schiff fuhr,
von dort einige Male wieder herunterzüngelte und ein seltsames Klingen
in den stählernen Wänden verursachte, die Stille. Dann glühten
dünne Metallteile auf, stinkender Kunststoff verschmorte. Schließlich
sank der Ton des Generators wieder auf normale Höhe und vergrollte leise.
Iron ließ die junge Frau los.
»Was war das?«, fragte sie und wischte sich über die Augen.
»Negative Umpolung eines Hyperraumfeldes. Jedes Metallteil des Schiffsrumpfs,
einschließlich der Gänge und sämtlicher Wände, stand drei
Sekunden lang unter Hochspannung. Das ist das einzige Mittel, mit dem man Androiden
vernichten kann.«
»Du meinst ... ?«, fragte Britt ungläubig.
»Ich meine, aber ich muss nicht recht haben, dass sich einer der Androiden
gegen Louis gewandt hatte. Warum, das wird er uns selbst sagen müssen.
Nicht der Androide, sondern Louis. Gehen wir!«
Iron nahm den Laser an sich und sicherte ihn. Dann öffnete er die Schleuse;
sie beide verließen das Schiff. Der Lift brachte sie auf die Plattform
hinauf, wo sie von Jorge Andreatta erwartet wurden.
»Jean lässt euch sagen, dass keine Gefahr besteht. Baricad ist morgen
früh wieder auf den Beinen – er leidet nur an Übermüdung,
an Nahrungsmangel und Erschöpfung. Die Verletzungen sind ungefährlich«,
sagte der alte Biologe. Aus den Lungen des Schotten entwich pfeifend die Luft.
Er wandte sich erleichtert an Britt, die wieder auflebte.
»Ist das wahr, Jorge?«, fragte sie etwas unsicher.
»Natürlich, Kind, ich lüge dich doch nicht an. Du kannst hineingehen,
aber er wird schon schlafen. Dir, Iron, hat er wilde Drohungen nachgeschleudert.
Sie bezogen sich auf die Arbeit des Formers und die Schulung der Psychologen.
Er rechnet morgen mit euch ab.«
Der Tausendjährige schmunzelte.
»Zufrieden, Iron?«, fragte er langsam, während er Britt nachsah,
die auf Baricads Zimmer zurannte.
»Fast«, sagte Iron. »Komm mit. Ich werde dir etwas Interessantes
zeigen.«
Sie verließen die Plattform und benutzten den Lift. Dann gingen sie in
das Schiff. Iron entsicherte den Laser wieder, den er in, der Hand hielt. Er
führte den Biologen direkt in ein Zimmer, das einer der Androiden bewohnt
hatte. Spulen, Lesegeräte und Bücher lagen zerfetzt herum, das wenige
Mobiliar war restlos unbrauchbar. Es sah aus, als hätte es ein Tiger mit
seinen Klauen zerrissen.
Iron
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