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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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beschleunigte und glitt in eine andere Position. Das fremde Schiff näherte
sich ständig. Jetzt war es im Licht der Sonne Falcis mit bloßen Augen
zu erkennen. Jean wischte sich den Schweiß ab, ohne dass sie sich dieser
Bewegung bewusst war.
    Beaufort hatte inzwischen auch den linken Handschuh angezogen. Die Handschuhe
waren aus schwarzem Leder, mit hellen Flecken im Handteller und langen Stulpen,
die ein diamagnetischer Verschluss zusammenhielt. Beaufort sah auf den Schirm,
drehte den Kopf zum Holoschirm und – etwas warnte ihn. Er war hypersensibel
– der richtige Mann für diesen Beruf.
    Er beachtete seine Freunde nicht, warf sich auf den Absätzen herum und
verließ den Raum. Hinter sich schloss er das Schott. Der erste Schwung
trug ihn drei Decks hinunter. In der Dunkelheit des Schiffsinnern polterte er
über die Rampen – es gab in ENIGMA-Einheiten kaum Stufen oder Treppen
– und orientierte sich an den rot glühenden Notlichtbändern.
Dann schlüpfte er in den Tubus, der die Geschützstation mit dem Schiff
verband, und schlug im Vorbeigleiten mit der Rechten auf den Sicherheitsknopf.
Er fühlte, wie sich das durchsichtige Material wie eine Blase aus dem Schiffsrumpf
erhob, wie sich das Schott verriegelte und der Tubus sich hydraulisch auseinanderzog.
Sirrend begann sich in den Spulensätzen des großen Lasers die Energie
zu sammeln.
    Beaufort, die personifizierte Ruhe, setzte sich bequem hin, während er
die Einstellknöpfe bediente und die Rohre herumschwang. Er suchte das Ziel.
Nach zwanzig Sekunden hatte er den Rumpf des Fremden in der Zieloptik, die Sanherib
manipulierte.
    Der Eurasier hatte seinen Sitz vor der Funkanlage blockiert. Noch nicht eine
Minute nach dem Einschalten des Geräts jagten die ersten Signale in den
Raum hinaus. Von irgendwoher roch es nach schmorenden Kontaktstellen. Zwei Hols
flammten auf. Eines zeigte das Innere der Geschützstation, der andere das
Zielbild Beauforts. Der Avatar hatte sämtliche Abteilungen des Schiffes
in ein Verbundnetz geschaltet. Die Mannschaft saß an ihren Posten. »Bill,
warte bis zum äußersten«, sagte Cerac.
    Beide entsannen sich der Warnung Sanderholms. Bill nickte und ließ sein
Gesicht nicht von der Gummimuffe des Zielgeräts. Während Cerac das
Schiff in eine Rechtskurve zwang, sahen alle, dass sich der Fremde frontal näherte.
Die vergrößerte Einstellung zeigte Einzelheiten. Sieben Kugeln waren
aufgereiht an einem System aus Trägern und Verbindungen. Die Kugeln unterschiedlicher
Größe trugen spindelförmige Ausleger, die mit der Längsachse
in Fahrtrichtung wiesen. Hinter dem Schiff verlor sich ein diffuser Strahl Helligkeit
im All. Sanheribs sonore Schiffsstimme erklärte:
    »Ich gebe unaufhörlich unsere Daten durch. Ich habe das gesamte Wellenband
dreimal heruntergespielt.«
    »Was nun?«, fragte Serai hilflos. Er ließ den Knopf in der Stellung,
als die ersten Geräusche ankamen. Es waren undefinierbare Laute. Mitteldinge
zwischen tiefen, seltsam abgehackten Tönen und moduliertem Winseln; wie
elektronische Musik, nur anscheinend organischer. Serai schaltete den Recorder
ein. Ein weiterer Kontakt schloss sich und verband die Lautsprecher mit der
Dechiffrieranlage. Die Erinnerungsblöcke ENIGMAs speicherten Grammatik
und Wortschatz sämtlicher existierender Sprachen, die das Imperium kannte.
    Aber dieses Verständigungsmittel überforderte anscheinend das Gerät.
Es wehrte sich, indem es den Text unübersetzt durchlaufen ließ und
sinnlose Wörter ausspuckte.
    »Lauter!«, schrie Cerac. Serai gehorchte. Minutenlang erfüllten
diese Laute das Innere der Kanzel. Die grünen Augen Ryans verengten sich,
als er das fremde Schiff ankommen sah. Es wollte die SANHERIB offensichtlich
rammen.
    »Warte, Bill. Nicht ...«
    Cerac drehte das Schiff und ließ es unter dem Angreifer durchtauchen.
Er fluchte leise und drehte das Raumschiff fast auf der Stelle. Gleichzeitig
verband er zwei Schaltkreise miteinander. Das Schiff wurde von einer kaum wahrnehmbaren
Schicht überzogen – dem Schutzschirm. Eine Reihe kleiner Blitze lief
am Rumpf des fremden Schiffes entlang. Gleichzeitig mit Cerac schrie Jean auf.
Sie dachten beide im selben Augenblick, dass Bill gefeuert hätte. Sofort
korrigierten sie ihre Meinung – es war eine Breitseite Torpedos!
    Sie trafen auf den Schirm und vergingen in schwachen Detonationen. Ihre Energie
breitete sich aus.

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