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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Sekundenlang war die Helligkeit in der Kanzel unerträglich.
Die SANHERIB wurde in kalkweißen Strahlen förmlich gebadet. Der Schirm
absorbierte hungrig die Energie und führte sie den Speichern zu. Eine weitere
Breitseite löste sich. Cerac schob das Schiff in einem Sprung vorwärts.
Jean hatte die Hände vor die Augen geschlagen und kauerte in ihrem Sitz.
Marco beugte sich zu ihr hinüber und schnallte die Gurte fest. Beaufort
handelte sofort ...
    Noch während die fremden Laute durch das Schiff hallten und die Männer
nervös machten, feuerten seine drei Rohre gleichzeitig. Der dunkelrote
Strahl des Lasers schmolz, wo er auftraf, Aufbauten und Verbindungen zusammen.
Bill zerstörte die Antennen, riss die oberste Kugel auf und zersägte
zwei weitere. Dann fegte die rote Wut über alles hinweg, was sich noch
auf der Oberfläche zeigte, und zerschmolz es zu Schrott.
    Eine weiße Wolke wirbelte aus der Kugel auf und zerstob im Vakuum. Das
Schiff drehte ab; wütendes Feuer schlug aus der Heckdüse, und nach
wenigen Minuten verschwand der leuchtende Punkt von den Schirmen. Das Objekt
zog eine lange Rauchwolke hinter sich her. Sie waren jetzt im Schatten des Planeten.
Die Stimmen wurden leiser.
    Ein letzter Stoß erschütterte die SANHERIB, als Cerac wieder drehte
und beschleunigte. Sie flogen endgültig ihr Ziel an. Serai deaktivierte
das Funkgerät. Irgendwo im Schiff klappten Riegel von den Schotten. Die
Schirme aus der Geschützkuppel erloschen. Jean schnallte die Gurte ab und
sah unsicher zu Theille hinüber, der sich aus seinem Sessel stemmte.
    »Ist der Spuk vorbei?«, flüsterte sie fassungslos.
    »Ich hoffe«, sagte Cerac. Sein jugendliches Gesicht hatte harte Linien
und einen entschlossenen Ausdruck bekommen. Sie wussten jetzt, was er konnte.
Jean nahm sich innerlich vor, ihn wegen seines Fanatismus nicht mehr anzureden.
    »Wo steckt Bill?«, sagte der Käpten.
    »Hier ist er – zurückgekehrt als Sieger. Ich hoffe, wir haben
dem Fremden genügend eingeheizt?«
    »Was sollte dies alles? Warum schossen sie zuerst? Was wollten sie damit
bezwecken?« Bill blickte schulterzuckend in die Runde und streifte die
Handschuhe ab. »Etwa eine Aufforderung zum Kontakt?«
    »Das haben Sie tadellos hingekriegt, Bill. Wir bewundern Sie hinreichend.
Vielen Dank!«
    Camdon hatte aus dem Maschinenraum gesprochen. Sie konnten dort alles verfolgen,
was innerhalb und außerhalb des Schiffes vorging.
    »Bitte, gern geschehen«, gab Bill trocken zurück. Dann holte
er sich aus der Kombüse einen Krug Saft und trank ihn aus. Der Kapitän
erklärte:
    »Ich lande in acht Stunden. Vorher müssen wir noch genau das Gelände
untersuchen und die Karten vergleichen.«
    Cerac rechnete die Landedaten aus. Wieder summte und tickte der Kartenschreiber.
    »Ich werde dir helfen«, versprach Theille.
    Mit ausgestrecktem Arm wies der Kapitän aus dem projizierten Bullauge.
Sie gerieten in die Strahlen von Falcis. Eine gelbe Sichel stand scharf vor
der unendlichen Schwärze. Hinter der Sonne begannen die Sterne dünner
und lichtärmer zu werden. Vor sich hatte das Schiff – nur durch einige
tausend Lichtjahre getrennt – den Zwischenraum zweier Milchstraßen.
Das sonnenarme Nichts. In ihre Gedanken wehte bei diesem Anblick eine Angst
erzeugende Kälte. Sie standen vor einem Begriff, an dem der Stolz des Homo
sapiens imperialis zerschellen konnte, wenn er anmaßend wurde. Nur ein
schwacher Lichtschimmer ging von Hiorakon aus – auch symbolisch. Nach der
Landung würden sie wieder blauen Himmel über sich sehen, feuchtes
Gras unter den Sohlen fühlen, die Laute des Waldes in den Ohren und den
herben Rauch schwelender Siedlerfeuer in den Nasen haben. Das waren greifbare
Werte, real für Menschen, nicht der abstrakte Koloss aus Nichtbegreifen,
der die Schöpfung für sie war. Sie waren nicht die geborenen Raumleute.
Nur Gillard genoss stumm das Schauspiel. Hier, an diesem Rand, würde eines
Tages sich sein Weg gabeln. Er würde den beschwerlichen Weg gehen und den
Sprung wagen über die Dunkelheit in eine andere Galaxis. Er fühlte
Neid auf die Forschungsschiffe, die sich vorwagten in fremde Systeme, wo andere
Sternenwesen anzutreffen waren.
    Das Schiff verließ den Schatten Hiorakons. Das gelbe Licht übergoss
die Kanzel. Cerac drehte den Empfindlichkeitsgrad der Sichtschirme herunter.
Dann brachte Marco seine Karten. Siebeneinhalb Stunden später

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