Das Zweite Imperium
überprüfen, überlegte Kinnison, doch wenn man zu dem Ergebnis kam, daß er nur ein junger Karrieremacher war, dann würde man sich wahrscheinlich nicht weiter um den Streit kümmern. Da Cartiffs Vergangenheit sorgfältig rekonstruiert worden war, machte dieser Aspekt dem Lens-Träger wenig Sorgen.
Kinnison wartete also auf den nächsten Zug Bleekos. Im Grunde hatte er es nicht eilig, denn Chris kam an ihrem Ende nicht besonders gut voran. Er hatte täglich mindestens einmal mit seiner Verlobten in Verbindung gestanden, und Clarissa hatte ihm zu verstehen gegeben, daß das Problem Helena schwer zu lösen war.
Kinnison grinste säuerlich, wenn er an Lyrane II dachte. Aber er konnte nichts unternehmen. Wenn Chris mit ihrer Entschlossenheit und ihrem Charme und mit der Kraft ihres Geistes und ihrer Lens zu diesen Frauen keinen Zugang fand – dann hatte niemand sonst eine Chance. Er hätte den hübschen Frauen von Lyrane am liebsten ein wenig den Hals umgedreht, aber das wäre sinnlos gewesen. Er mußte abwarten, ob es Mac gelang, die harte Schale der Lyranerin zu durchdringen. Sie mußte es schaffen!
Kinnison wartete also. Als er das Warten leid war, kümmerte er sich ein wenig um das Geschäft und unterwies einen vielversprechenden jungen Lonabaraner, den er als seinen Nachfolger ausersehen hatte, wenn die Episode auf Lonabar beendet war. Dann wartete er wieder – und wartete schließlich so lange, daß Bleeko es nicht mehr aushielt.
Der Boskonier setzte sich über das Visiphon mit Kinnison in Verbindung:
»Was wollen Sie eigentlich erreichen?« fragte Bleeko, dessen gebräuntes Gesicht durch die Zornesröte noch dunkler wirkte. »Sie«, erwiderte Kinnison, »hätten meinen Ratschlag befolgen und sich ein wenig mit einem Eisberg beschäftigen sollen.«
»Bah!« schnaubte der andere. »Unsinn!«
»Vielleicht nicht so unsinnig, wie Sie glauben. Ich hatte es als Warnung gemeint, Bleeko, denn das Sichtbare stellt wie bei einem Eisberg nur einen verschwindend geringen Teil meiner materiellen Möglichkeiten dar. Aber offenbar konnten Sie nicht aus Ihrer Haut heraus, und das hat Sie einiges gekostet. Vielleicht sind Sie jetzt ein wenig vorsichtiger. Ich bin sicher, daß es Ihnen bisher nicht gelungen ist, meine Streitmacht ausfindig zu machen. Und ich bin fast ebenso sicher, daß Sie wenig Lust haben, es auf eine zweite Kampfrunde ankommen zu lassen – jedenfalls so lange nicht, bis Sie mehr über mich herausgefunden haben. Aber ich kann Ihnen diese Zeit nicht zugestehen – ich brauche Ihre Entscheidung sofort. Sagen Sie mir, ab Frieden zwischen uns herrschen soll, oder ob der Krieg weitergeht. Ich bin immer noch für ein friedliches Arrangement, aber wenn Sie den Krieg wünschen – bitte sehr.«
»Ich habe mich für den Frieden entschieden«, erwiderte der Lonabaraner mit sichtlicher Mühe. »Ich, der Erhabene Menjo Bleeko, werde Ihnen einen Platz an meiner Seite zuweisen. Kommen Sie sofort in meinen Palast, damit wir die Friedensbedingungen aushandeln können.«
»Wir können jetzt darüber sprechen«, beharrte Kinnison.
»Unmöglich! Mein Raum ist zwar absolut abhörsicher, aber ...«
»Das habe ich nicht anders erwartet«, unterbrach ihn Kinnison, »denn sonst hätten Sie wohl kaum einen solchen Friedensvorschlag gemacht ...«
»Trotzdem traue ich dieser Visiphonleitung nicht recht. Wenn Sie jetzt zu mir kommen, gilt mein Angebot weiter. Wenn nicht, wird es einen Kampf auf Leben oder Tod geben.«
»Gut«, erwiderte der Lens-Träger. »Immerhin müssen Sie Ihr Gesicht wahren, während ich noch keins zu verlieren habe. Und wenn ich mich mit Ihnen verbünde, muß ich mich sowieso einmal in Ihrem Palast sehen lassen. Aber ehe ich mich auf den Weg mache, möchte ich drei Punkte erwähnen – eine Erinnerung, eine Bitte und eine Warnung. Ich erinnere Sie daran, daß Sie in der ersten Runde unseres Kampfes einen Verlust erlitten haben, der tausendmal über dem Schaden liegt, den Sie mir zugefügt haben. Ich bitte Sie, sich noch einmal mit dem Vergleich des Eisbergs auseinanderzusetzen. Und ich warne Sie, daß Sie im Falle eines erneuten Konfliktes nicht nur ein Bergwerk, sondern Ihre gesamten Besitztümer einschließlich Ihres Lebens verlieren werden. Sorgen Sie also dafür, daß mir keine Fallen gestellt werden. Ich komme jetzt.«
Und er verließ sein Büro. »Übernehmen Sie, Kollege«, wandte er sich an den jungen Lonabaraner. »Ich werde Menjo Bleeko einen kleinen Besuch abstatten. Wenn ich in zwei
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