Das Zweite Imperium
Ereignisse in den dumpfen Tiefen der Höhle im einzelnen zu beschreiben. Der Kampf dauerte lange und ging nicht ohne valerianische Verluste ab. Worsels Schutzanzug war verschrammt und verbeult und seine lederartige Haut zeigte tiefe Einschnitte und zahlreiche Brandflecke, als schließlich das letzte Monstrum in die Enge getrieben war. Nadreck allein entkam dem Getümmel unversehrt – was, wie er später erklärte, allein seiner kämpferischen Zurückhaltung zuzuschreiben war. Er war schließlich nicht zum Kämpfen gekommen, sondern zum Lernen.
Nach dem Kampf sollte es noch schlimmer kommen. Bekanntlich sind die Delgonier eine gefühllose und kaltblütige Rasse. Es braucht daher nicht betont zu werden, daß die Gefangenen wenig gesprächig waren und daß aus diesem Grunde die Anwendung ihrer eigenen Foltergeräte erforderlich wurde, ehe ihre Gehirne die gewünschten Informationen freigaben. Hierbei tat sich Worsel von Velantia besonders hervor, was angesichts seiner Einstellung zu den Overlords fast noch verständlich war – doch Nadreck machte mit einer derartigen Gleichgültigkeit und gefühllosen Ruhe von den Foltergeräten Gebrauch, daß Kinnison kalte Schauer über den Rücken liefen.
Schließlich war die Arbeit getan. Die angeschlagenen Patrouillenstreitkräfte kehrten zur
Dauntless
zurück und brachten ihre Verwundeten und Toten an Bord. Schließlich wurden die Höhlen der Overlords restlos zerstört. Die beiden Raumer starteten, und während Cartiffs schwer bewaffnetes ›Handelsschiff‹ die lange Rückreise zur Erde antrat, sollte die
Dauntless
Helena und ihr Flugzeug zurück zur Stadt bringen und dann zu den anderen Schlachtschiffen stoßen, die sich bereits im Galaktischen Spalt Vierundneunzig versammelten.
»Kommst du bitte mal herunter, Kim?« meldete sich Clarissa über ihre Lens. »Ich habe versucht, Helena zu beruhigen, aber sie will dich noch einmal sprechen, ehe sie das Schiff verläßt. Sie besteht darauf.«
»Hmm ... das ist wenigstens etwas!« rief der Lens-Träger und machte sich auf den Weg.
Die lyranische Königin erwartete ihn in Clarissas Kabine; erhobenen Hauptes sah sie ihm entgegen.
»Ich danke Ihnen, Kinnison, für alles, was Sie und Ihre Leute für uns getan haben«, sagte sie einfach und streckte ihm die Hand entgegen.
»O nein, Helena«, sagte Kinnison und machte keine Anstalten, die Geste zu erwidern – und Helena zog ihre Hand erleichtert aufatmend zurück. »Das ist eine Überwindung, die ich nicht von Ihnen verlangen kann. Es ist besser, wenn Sie sich allmählich mit uns vertraut machen. Sie gefallen uns sehr, und wir haben großen Respekt vor Ihnen, aber im Gegensatz zu Ihnen sind wir schon im Universum herumgekommen. Ihre Einstellung läßt es noch nicht zu, einen Händedruck mit der nötigen Gelassenheit zu überstehen – also werden wir diesmal noch den Gedanken für die Tat nehmen. Aber Sie schaffen es – da bin ich sicher. Wir drücken Ihnen jedenfalls die Daumen. Und wenn Sie wieder einmal Hilfe brauchen, zögern Sie nicht, uns zu Hilfe zu rufen. Raum-ho!«
»Raum-ho, MacDougall und Kinnison!« erwiderte Helena, und zum erstenmal verlor ihr Blick etwas von seiner Härte. »Vielleicht liegt doch etwas Wahres in Ihren Worten. Mir scheint, daß Sie vielleicht doch ... Personen sein könnten ... Noch einmal vielen Dank – und auf Wiedersehen.«
Als man das Flugzeug ausgeladen hatte, ging die Lyranerin von Bord. Mit unbewegtem Gesicht stand sie auf dem Flugfeld und starrte dem riesigen Raumschiff nach, das ihren Blicken bald entschwunden war.
»Es hat Helena eine gehörige Überwindung gekostet, mich so freundlich zu behandeln«, sagte Kinnison wenig später. »Aber sie hat es geschafft. Sie ist ein prima Mädchen – wenn sie auch manchmal verflixt seltsam ist.«
»Sie ist sehr nett!« wandte Clarissa ein, »und du hättest ihr gegenüber keine Vorbehalte mehr, wenn du sie richtig kennengelernt hättest. Vor allem ist sie so überaus schön!«
»Hmm«, sagte Kinnison und schüttelte den Kopf. »Sie ist wie eiskalter, unbearbeiteter Stahl. Sie gäbe eine herrliche Statue ab!«
»Kim, das ist unfair!« rief das Mädchen. »Sie ist das schönste Mädchen, das ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Ich wünschte,
ich
sähe so aus«, fügte sie leiser hinzu.
»Auf ihre Weise sieht sie natürlich gut aus«, gab der Lens-Träger unbeeindruckt zu. »Aber dasselbe gilt für einen radeligianischen Katzenadler, einen Block gefrorenes Helium und einen zwei Meter
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