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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Schiffe zuständig.«
    Philip ging zum Zelteingang. »Ich gehe ihn suchen.«
    »Warte, ich komme mit.« Roger gesellte sich zu ihm.
    »Und ich werde versuchen, jemanden zu finden, der unsere Rüstungen an Bord bringt«, verkündete Roland. »Ich habe wenig Lust, das ganze Zeug selber zu tragen.«
    »Leg sie an, dann spürst du das Gewicht nicht«, schlug Etienne vor.
    Roland nickte. »Eine fabelhafte Idee. Und wenn wir kentern, werde ich sinken wie ein Stein. Nein, danke. Mein Bruder Jerome hat sich letzten Sommer ein neues Kettenhemd schmieden lassen und von früh bis spät damit geprahlt, wie leicht es sei. Als ich sein Gefasel nicht mehr aushielt, hab ich vorgeschlagen, zum nächsten Wollmarkt zu reiten und unsere Kettenhemden wiegen zu lassen.«
    »Und?« fragte Lucien neugierig. »War seins wirklich so leicht?«
    Roland nickte. »Nur vierundzwanzig Pfund.«
    »Und deins?«
    »Achtundzwanzig. Die Wollwaage wäre beinah zusammengebrochen. Nein, ich glaube wirklich, ich segle lieber ohne einen solchen Mühlstein um den Hals nach England. Also dann, bis später.«
    Unter dem Gelächter der anderen ging er hinaus.
    »Was ist jetzt, Cædmon, los, laß uns unser Zeug zusammensuchen«, drängte Etienne.
    »Vermutlich will er gar nicht, daß es endlich losgeht«, mutmaßte Lucien, aller Humor war aus seiner Miene gewichen. »Wer erlebt schon gern den Untergang seines Königs?«
    »Er ist nicht mein König«, murmelte Cædmon seufzend. »Weiß jemand, wo das Rasiermesser ist?«
    »Willst du wie ein Normanne aussehen, wenn du nach England kommst?« erkundigte sich Lucien. »Das ist hoffnungslos. Du bist und bleibst ein angelsächsischer Schweinehirt, rasiert oder unrasiert.«
    Etienne fuhr zu ihm herum. »Wieso sagst du das immerzu?«
    »Schon gut, Etienne«, warf Cædmon ein und spielte einen fröhlichen kleinen Lauf. »Es beleidigt mich nicht.«
    Lucien verzog spöttisch den Mund. »Wie könnte es auch. Schließlichwar der Heilige, nach dem du benannt bist, tatsächlich ein Schweinehirt, nicht wahr?«
    Cædmon nickte. »Ich bewundere deine Bildung, Lucien. Nicht viele Normannen sind bewandert in unseren englischen Heiligen. Wenn du ihn kennst, dann weißt du gewiß auch vom heiligen Willibrord, nicht wahr? Jenem Missionar, der aus England in den Norden zog, um deine Vorfahren zu bekehren, und von ihnen abgeschlachtet und an eure Schweine verfüttert wurde? Jetzt, da ihr euch vom Heidentum abgewandt habt – mehr oder minder –, wäre zu überlegen, ob Willibrord nicht der Schutzpatron normannischer Schweinehirten werden sollte …«
    Lucien schnaubte verächtlich und stiefelte wortlos hinaus.
    Etienne wartete, bis seine Schritte verklungen waren, dann grollte er: »Auf welchem Schiff er auch fahren mag, ich hoffe, es geht unter.« Cædmon verzog das Gesicht. »Das solltest du nicht sagen, ehe wir nicht sicher sind, ob er nicht auch für die Mora eingeteilt ist.«
    Etienne sah ihn verständnislos an. »Wieso bist du nie wütend auf ihn? Warum läßt du dir alles von ihm gefallen?«
    Cædmon stand auf, fand das Rasiermesser unter Rogers Mantel und trat mit dem kleinen Bronzespiegel in das Dreieck aus Licht am Eingang. »Er hat recht, weißt du.«
    »Ah ja? Mir war nicht bewußt, daß du ein Schweinehirt warst, ehe du nach Rouen gekommen bist. Ich habe immer geglaubt, du seiest der Sohn eines englischen Edelmannes, aus dem Holz, um Lucien de Ponthieu das Pferd unter der Nase wegzustehlen und aus der Gefangenschaft seines niederträchtigen Vaters zu fliehen …«
    Cædmon grinste und ritzte sich in die Wange. »Verflucht … Nein, ich meinte, er hat recht, wenn er sagt, daß ich mich davor fürchte, was geschieht, wenn wir nach England kommen.«
    Etienne schnürte sein Bündel zu und setzte sich seufzend auf einen der Hocker am Tisch. »Ja, ich weiß. Mir ginge es sicher ebenso.«
    »Ich fühle mich entzweigerissen, weißt du. Ich kann es kaum erwarten, England zu sehen. Meine Eltern und meine Geschwister. Aber das normannische Heer wird zwischen uns stehen.«
    Etienne hob unbehaglich die Schultern. »Wer kann wissen, was wir vorfinden, Cædmon? Vielleicht sind die Engländer längst geschlagen, und wir kommen als Befreier, die den norwegischen Besatzerkönig verjagen.«
    Cædmon ließ das Messer sinken und wandte sich langsam zu ihm um. »Was redest du da?«
    »Du hast es nicht gehört? Harald Hårderåde ist in Nordengland gelandet. Der Usurpator Harold Godwinson ist ihm sofort entgegengezogen. Vermutlich hat es

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