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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Getöse ergaben. Nichts blieb einem verborgen, weder Ehekrach noch Versöhnung, weder Kinderkrankheiten noch Altersgebrechen. Nur Geburt und Tod fanden, seit Marie deFalaise die Dame der Halle war, in der Abgeschiedenheit der hinteren Kammer statt.
    In der Nacht vor seinem Aufbruch lag Cædmon wieder einmal wach. Rastlos warf er sich von einer Seite auf die andere, beneidete Eadwig, der selig an seiner Seite schlief, und noch mehr seine Mutter, die jetzt wieder einen ganzen Raum für sich allein hatte, und dachte an Rouen. Allein war man auch dort nirgends, aber das Leben auf der Burg war mit den beengten Verhältnissen in der Halle von Helmsby doch nicht vergleichbar. Dort teilte er einen Raum nur mit einem knappen Dutzend Gleichaltriger. Dort gab es stille Winkel im Innenhof, im Hauptgebäude, in der Kapelle oder dem Garten dahinter, wohin man sich ein Weilchen verkriechen konnte. Wie oft hatte er sich nach Hause gesehnt, als er dort war. Jetzt sehnte er sich zurück. Er schalt sich einen ewig unzufriedenen Toren und rief sich ins Gedächtnis, wie froh und dankbar er sein sollte, daß er lebte, daß er hier wachliegen und den nächtlichen Geräuschen, diesen zahllosen Lebenszeichen lauschen konnte. Anders als Dunstan, der jetzt vermutlich irgendwo in einem namenlosen Grab lag, verscharrt wie ein Hund. Daß er gesund und heil war, zwei Hände hatte, um sich die Ohren zuzuhalten, anders als Lucien de Ponthieu, der nie wieder mit solcher Eleganz einer Dame aus dem Sattel helfen würde wie an dem Tag, als Cædmon ihn zum erstenmal gesehen, ihn um seine mühelose Selbstsicherheit beneidet hatte.
    Doch es nützte nichts, sich vorzubeten, wie glücklich er sich schätzen konnte. Er fand trotzdem keinen Schlaf, wälzte sich auf den Rücken, zog die zu dünne Decke bis zum Kinn und starrte mit brennenden Augen in die Dunkelheit. Er versuchte, die vielen beunruhigenden Geräusche aus seinem Bewußtsein zu verbannen, dachte an Aliesa, an das Gefühl ihrer Brüste, die sich an seinen Körper gepreßt hatten, als er sie hielt. An dem Abend, als der langhaarige Stern erschienen war. Wie nah sie einander gewesen waren. Er erinnerte sich genau an den Duft ihrer Haare, an ihren warmen Atem auf seinem Kinn, den Klang ihrer Stimme …
    Er schreckte auf, als er eine Hand auf der Brust spürte. Er mußte wohl doch eingeschlafen sein. Er träumte. In seinem Traum war er mit Aliesa im Garten hinter der Kapelle, und der Stern erstrahlte plötzlich am Himmel, zog seinen feurigen Schweif hinter sich her. Voller Angst preßte sie sich an ihn, drückte die Hand auf seine Brust.
    Eine Hand drückte auf seine Brust.
    Er öffnete den Mund, um ihren Namen zu sagen, aber ein Schwall langer Haare fiel auf sein Gesicht und knebelte ihn. Er schloß die Lippen und saugte daran. Die Haare schmeckten leicht nach Rauch.
    Er war jetzt wach, wußte, wo er sich befand.
    Der Schatten über ihm bewegte sich, schlug seine Decke zurück und glitt neben ihn. Es war vollkommen finster. Das Feuer war nur noch ein schwaches Glimmen, die Nacht draußen mondlos und wolkig, außerdem waren die Läden zugesperrt.
    Er erkannte sie an dieser eigentümlichen Geruchsmischung aus Rauch und Milch. Sie war eine der jüngeren Mägde in der Halle, arbeitete in der Molkerei und ging der Köchin zur Hand, und er konnte sich nicht an ihren Namen erinnern. Er hatte sie früher nie gesehen. Aber ihm war nicht entgangen, welche Blicke sie ihm zugeworfen hatte. Vor allem abends, wenn er vor dem Feuer gesessen und die Laute gespielt hatte.
    »Wie heißt du?«
    Er bekam keine Antwort. Eine kühle kleine Hand glitt unter sein Gewand und umfaßte sein hartes Glied. Er kniff die Augen zu. Die Hand tat das, was er für gewöhnlich unter heftigen Gewissensbissen selbst tat, aber es war trotzdem völlig anders. Seine Bauchmuskeln spannten sich an, jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an, er ballte die Fäuste, versuchte, an irgend etwas Banales oder Unangenehmes zu denken, wie einen Vormittag mit Jehan de Bellême etwa oder eine Frühwache oder ein Schwert zu schleifen, doch es nützte nichts, sein Körper folgte den eigenen Regeln und entlud sich mit der ganzen angestauten Wut der letzten Nächte.
    Er biß sich in den Oberarm und kniff die Augen zu. Tölpel, dachte er wütend. Jetzt wird sie gehen. Jetzt wird sie verschwinden, und du hast deine Chance vertan …
    Aber sie blieb. Sie legte sich auf ihn und raffte die Röcke. Atemlos kostete er das Gefühl aus, stellte sich ihre

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