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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Dänen landen?«
    »Es könnte bedeuten, daß wir Verwundete haben, die versorgt werden müssen. Haben wir Kräutervorräte, um Brüche und Fleischwunden und Wundbrand und Fieber zu behandeln?«
    Sie nickte. »Darauf bin ich immer gerüstet.«
    »Gut.« Er zögerte einen Moment, wählte seine Worte mit Bedacht. »Weißt du, daß du einen Enkel bekommen hast?«
    Sie hielt den Kopf tief über ihren Stickrahmen gebeugt. »Ich weiß nur, daß eine der Melkerinnen einen Bastard geboren hat.«
    »Nun, es ist mein Bastard.«
    »Ich frage mich, wie du so sicher sein kannst. Und wenn es so ist, solltest du dich schämen.«
    »Er ist meiner, und ich schäme mich nicht. Und ich bitte dich eindringlich, Gytha nicht mehr aus der Halle zu weisen und ihr das Leben schwerzumachen. Ich habe keinen Anlaß, an ihrem Wort zu zweifeln.« »Nein. Weil du leichtgläubig und einfältig bist. Frag deinen Cousin Alfred, auf den du so große Stücke hältst, ob er sich nicht auch brüstet, der Vater von Gythas Balg zu sein.«
    Cædmon sah verständnislos auf sie hinab. Wie treffsicher sie ihr Gift einzusetzen weiß, dachte er, für einen Moment hatte er einen eifersüchtigen Stich verspürt. Aber er wußte, sie sagte es nur, weil sie Alfreds und Athelstans Anwesenheit in Helmsby nicht billigte, weil sie Cædmons Vertrauen in Alfred für unangebracht hielt. Und weil sie wußte, daß diese Mutmaßung Cædmon härter treffen würde als jede andere. Er verneigte sich sparsam. »Ich glaube, ich habe meine Wünsche deutlich zum Ausdruck gebracht. Gytha steht es frei, sich in der Halle aufzuhalten, auch wenn ich nicht hier bin.«
    Maries Lippen verzogen sich verächtlich. »Mir würde im Traum nicht einfallen, deine Wünsche zu mißachten, Cædmon.«
    »Das weiß ich zu schätzen.« Er ging hinaus, blieb einen Moment vor der Tür stehen und atmete tief durch, ehe er sich auf die Suche nach seinem Bruder machte.
    Er fand Eadwig, wie Alfred gesagt hatte: weitgehend genesen, aber bleich und apathisch. Tatsächlich erkannte er sich selbst in seinem Bruder wieder. Cædmon war nur wenig älter gewesen als Eadwig jetzt, als Erik ihn angeschossen hatte, und er hatte das gleiche getan wie sein Bruder: Er hatte sich gehenlassen, war schwermütig und teilnahmslos geworden und … faul.
    Also tat Cædmon mit Eadwig das, was Jehan de Bellême mit ihm selbst gemacht hatte, wenn auch nicht in ganz so drastischer Weise. Gegen den ausdrücklichen Protest seiner Mutter nahm Cædmon den Jungen jeden Tag mit hinaus, wenn er über die Felder ritt oder in die Dörfer, um vor dem eventuell drohenden Däneneinfall zu warnen und die jungen Burschen in seinen Dienst zu nehmen. Anfangs ermüdete Eadwig schnell und jammerte ständig, und Cædmon wünschte mehr als einmal, er hätte seinen kleinen Bruder in dessen abgedunkelter Kammer vor sich hinsiechen lassen. Aber es waren nur die Folgen eines Fiebers, die Eadwig zu überwinden hatte, keine schwere Verwundung. Nach wenigen Tagen lebte er auf, seine Augen bekamen wieder Glanz, und er zeigte ein zunehmendes Interesse an allem, was er sah und hörte. »Mir war nie klar, wieviel Land uns gehört, Cædmon. Ich meine mich zu erinnern, daß Vater abends immer heimkam, ganz gleich, wo er den Tag verbracht hatte. Aber wir sind jetzt schon zwei Tage unterwegs, und du sagst, wir haben noch nicht alle Dörfer besucht.«
    Cædmon nickte. Ihm unterstand ein wesentlich größeres Gebiet als seinem Vater vor ihm. »Ich nehme an, du weißt, daß zwei unserer Nachbarn bei Hastings gefallen sind?«
    Eadwig nickte. »Onkel Ulf of Blackmore und Gorm of Edgecomb, der früher Sheriff war.«
    »So ist es. Der König hat ihr Land kurzerhand mit Helmsby und Metcombe zusammengefaßt und mir diesen ansehnlichen Brocken von Norfolk als Lehen gegeben.«
    »Als was?«
    »Als Lehen. Das ist etwas typisch Normannisches, Eadwig: schlau ausgedacht, aber unnötig kompliziert.«
    »Erklär’s mir.«
    »Also. Grundsätzlich gehört alles Land der Krone. Aber der König ›verleiht‹ es an seine Lords und seine Witan.«
    »›Lehen‹ kommt von ›leihen‹?«
    »Richtig.«
    »Also gehört dir Helmsby eigentlich gar nicht mehr?«
    »Doch. Das mit dem Leihen ist reine Formsache. Es gehört mir, es geht an meine Erben über, mir allein stehen die Pachteinnahmen zu. Dafür schulde ich dem König Soldaten zur Verteidigung Englands oder auch der Normandie. Je mehr Land ich besitze, um so mehr Soldaten schulde ich ihm. Aber je mehr Land ich besitze, um so reicher bin

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