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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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von Bastarden hört? O nein, Cædmon, es ist höchst unwahrscheinlich, daß es seins ist. Ihr könnt nur beten, daß er das glaubt. Und daß das Kind, das sie zur Welt bringt, nicht blond ist.«
    Cædmon wandte sich ab. Für einen Augenblick verlor er die Fassung und vergrub das Gesicht in den Händen. »Gott, tu ihr das nicht an«, murmelte er.
    Er spürte eine Hand auf der Schulter und zuckte zurück.
    Als er den Kopf hob und Odo ansah, fand er unerwartet Mitgefühl in den dunklen Augen.
    »Cædmon«, begann der Bischof leise. »Ich weiß, was Ihr Aliesa bedeutet, und ich sehe, wie es um Euch steht. Doch Ihr müßt der Sache auf der Stelle ein Ende machen.« Er sah, daß Cædmon ihn unterbrechen wollte, aber er hob abwehrend die beringte Rechte. »Ich weiß, ich weiß. Ihr glaubt, Ihr könnt ohne sie nicht leben und so weiter. Aber Ihr könnt. Gott, ich hatte vergessen, wie es ist, wenn man so furchtbar jung ist wie Ihr. Aber glaubt dem Wort eines Mannes, der sich in diesen Dingen auskennt: Ihr werdet staunen, wie gut es geht. Ihr habt sie gehabt, Ihr wißt, daß sie Euch mehr will als ihn, verdammt, was wollt Ihr denn noch?«
    Du hast keine Ahnung, wovon du redest, dachte Cædmon verächtlich. »War das alles, Monseigneur?«
    »Nein, das war nicht alles, Thane«, erwiderte Odo kühl. »Ich lasse Euch nicht gehen, ehe Ihr mir Euer Wort gegeben habt, daß Ihr die Sache beendet.«
    »Ihr werdet mein Gesicht sehr bald satt haben, denn ich kann Euch mein Wort nicht geben.«
    »Cædmon«, sagte Odo beschwörend. »Wenn es je herauskommt, wird die Hölle ein Ort der Erquickung und der Labsal sein, verglichen mit dem, was William Euch bereitet.«
    »Ja, ich weiß.«
    »All Eure Freunde werden sich voller Abscheu von Euch abwenden.« »Ich weiß.«
    »Aber wißt Ihr auch, welche Folgen es für sie hätte? Denkt Ihr je darüber nach?«

Winchester, Juli 1070
    Die wenigen Adligen und Ritter, die derzeit in Winchester weilten, waren in den Hof hinausgeeilt, um den König zu begrüßen. Etienne wechselte ein paar Worte mit seinem Vater, ehe er zu Cædmon trat. Ein Blick in das Gesicht seines Freundes genügte, um Cædmon zu beruhigen. Noch war alles beim alten.
    Sie begrüßten sich herzlich wie immer, und die dunklen Augen in Etiennes ebenmäßigem Gesicht, das so vielen Frauen jeden Standes so herzzerreißende Seufzer entlockte, strahlten vor Freude.
    »Ich habe nicht viel Zeit, Cædmon, aber du kannst mich begleiten, wenn du willst.«
    »Wenn es da, wo du hingehst, Bier gibt, gern. Ich bin vollkommen ausgetrocknet. Bei dieser Hitze ist das Reisen wirklich keine reine Freude.« »Das kann ich mir vorstellen.« Etienne wies eine Magd an, Erfrischungen zum Sandplatz zu bringen, und führte Cædmon um die Halle herum in den schattigen Hof. »Ich habe die Ehre, Lucien de Ponthieu für ein paar Tag zu vertreten, bis ein neuer Lehrer für die Jungen gefunden ist. Es ist eine schöne Aufgabe. Ich bedaure, daß ich keine Zeit habe, sie länger wahrzunehmen.«
    »Wo ist Lucien?« fragte Cædmon.
    »Auf seinen Gütern in East Anglia.«
    Cædmon blieb stehen. »Seit wann hat Lucien Güter in East Anglia?« »Seit letzten Winter. Er hat sie verdient, glaub mir. Er ist ein hervorragender Offizier. Ohne ihn hätten wir in den Bergen noch viel mehr Männer verloren.«
    »Das bezweifle ich nicht.« Cædmon seufzte. »Nun, vermutlich kann man sagen, ich bin selbst schuld, daß Lucien die Ländereien bekommen hat, die der König mir für die Verteidigung der Ostküste in Aussicht gestellt hatte. Aber ich muß gestehen, ich könnte mir angenehmere Nachbarn vorstellen.«
    Etienne nickte grinsend. »Ich auch. Aber sein Land ist südlich des Yare, also trennt euch ein breiter Strom. Und der König hat sein Versprechen nicht vergessen, Cædmon. Du solltest ihn doch besser kennen. Du bekommst Ringley und Morton. Ich weiß es von meinem Vater. Wenn du so weitermachst, wirst du bald der größte Landeigner in Norfolk.« Ringley und Morton. Cædmon ließ sich die Namen auf der Zunge zergehen. Fruchtbares, schwarzes Weideland. Allein die Wolle würde ihm jedes Jahr ein kleines Vermögen einbringen. Doch was er sagte, war lediglich: »Du kannst dich auch nicht beklagen.«
    »Das würde mir nie einfallen.« Etienne besaß Ländereien in Dorset, Herefordshire und bis hinauf nach Cheshire. Für ihn wie für so viele jüngere Söhne normannischer Adelsgeschlechter hatte die Eroberung Englands sich als großer Glücksfall erwiesen. Niemals hätten sie in der

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