Das zweite Königreich
gezückt, als Eadwig am Boden lag, und Leif hat instinktiv reagiert, um Eadwig zu schützen. Hätte ich an seinem Platz gestanden, hätte ich das gleiche getan, Sire.«
William ließ ihn nicht aus den Augen, während er fragte: »Henry?« Sein jüngster Sohn hob unbehaglich die Schultern, antwortete aber entschlossen: »Es war, wie Rufus sagt, Vater.«
»Cædmon?«
Warum fragst du mich, William, dachte er ärgerlich. Eadwig ist mein Bruder und Guillaume fitz Osbern mein Feind. Darum wird meine Antwort die Wahrheit unglaubwürdig machen. Doch er sagte lediglich: »Ja, Sire, so war es.«
Der König wandte sich an seinen Ältesten. »Wie es scheint, waren es deine Ritter, die diesen schändlichen Zwischenfall ausgelöst haben.«»Augenblick mal«, widersprach Robert, so empört, daß er vergaß, was sich gehörte. »Ihr stellt das Wort eines überführten, obendrein englischen Betrügers über das eines normannischen Edelmannes, der Euer Verwandter ist, Sire?«
William zuckte nicht mit der Wimper. »Ich sehe nicht, was Nationalität mit dieser Sache zu tun hat, Robert. Und was ist mit dem Wort deiner Brüder?«
»Das liegt doch wohl auf der Hand! Sie stellen sich vor ihre Ritter.« »So wie du es auch tun würdest?«
»Natürlich!«
»Tatsächlich?« William sah seinen Ältesten scharf an. »Dafür würdest du mir die Unwahrheit sagen?«
Robert geriet in Bedrängnis und tat genau das, was sein Vater auch getan hätte: Er unternahm die Flucht nach vorn. »Man könnte glauben, Ihr wolltet mir das Wort im Munde verdrehen! Ich war nicht dabei, darum kann ich nicht sagen, was geschehen ist, und bin meinen Brüdern gegenüber im Nachteil. Aber ich brauche für meine Ritter nicht zu lügen, denn ich weiß, daß fitz Osbern und Montgomery die Wahrheit sagen!«
William runzelte die Stirn. »Montgomery hat sich ja noch gar nicht geäußert.« Er betrachtete den Sohn des mutigen Earl of Shrewsbury ohne große Sympathie. »Nun, Montgomery? Ich bin gespannt.«
Der junge Normanne schüttelte den gesenkten Kopf. »Ich … kann nicht fassen, was hier vorgeht, Sire. Wie … wie könnt Ihr fitz Osberns Wort anzweifeln? Ist er nicht der Sohn Eures treuesten und engsten Vertrauten?«
»Und der Bruder eines Hochverräters«, versetzte der König kühl.
Empörtes Raunen erhob sich unter Roberts Rittern.
Montgomery sah flehentlich zum König auf. »Und was ist mit meinem Vater? Steht nicht auch er Euch nah wie ein Bruder?«
Der König betrachtete ihn, und solche Verachtung lag in den schwarzen Augen, daß Montgomery ihrem Blick nicht standhalten konnte.
»Ihr beruft Euch auf Eure Väter, um von Eurer erbärmlichen Schwäche abzulenken«, versetzte der König eisig. »Weil Ihr selbst nichts, nicht das geringste vorzuweisen habt, das für Euch spräche.« Er fuhr zu seinem ältesten Sohn herum und wies auf die gesenkten Köpfe im Hof. »Robert, du wirst all diese Männer aus deinen Diensten entlassen. Siewerden noch heute von dieser Burg verschwinden. Ich will keinen von ihnen wiedersehen.«
Robert war sehr blaß geworden. Ein Muskel in seiner rechten Wange zuckte, bemerkte Cædmon, auch das hatte der Prinz von seinem Vater geerbt.
»Wenn Ihr meine Ritter von Eurem Hof verbannt, werde ich mit ihnen gehen«, drohte Robert leise.
William starrte ihn einen Moment ungläubig an. Dann lächelte er kalt. »So? Und du erwartest, daß mich das erschüttert, ja?« Er ruckte sein Kinn zur Tür und wandte sich brüsk ab. »Wir reden unter vier Augen weiter.« Er stieg die Stufen hinauf, ohne auf Robert zu warten, der ihm hastig folgte.
Rufus lehnte sich an die grobe Holzwand neben der Tür zur Halle und verbarg das Gesicht in den Händen. »O Gott …«, flüsterte er. »Ich habe solche Mühe, an dich zu glauben. Aber wenn du mir beweisen willst, daß es dich gibt, dann wäre jetzt der richtige Moment.«
Cædmon bemühte sich nach Kräften, Guillaume fitz Osberns mörderische Blicke zu ignorieren, und legte dem Prinzen tröstend die Hand auf den Arm. »Komm, Rufus, nicht hier. Laß uns hineingehen.«
Sowohl Rufus als auch Henry folgten ihm ins Innere der Halle, Eadwig und Leif stiegen nebeneinander die Treppe hinauf und schlossen sich ihnen an.
»Oh, Cædmon, was soll nur werden, wenn mein Vater und Robert sich überwerfen?« fragte Rufus verstört. »Das … das hab ich nicht gewollt. Wirklich nicht. Aber fitz Osbern hat gelogen, und Leif und Eadwig haben keinen Ton gesagt, um sich zu verteidigen … Warum, warum muß es nur so
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