Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zweite Leben

Das zweite Leben

Titel: Das zweite Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
Vom Netzwerk:
Befehl.«
    »Ich verstehe, Sir.«
    Ross erkannte jetzt, daß ihm gar nichts anderes übrigblieb, als die Maschinen zu beschäftigen, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen konnten.
    »Ich habe Arbeit für euch. Ihr könnt mir einen Palast bauen, das würde mir mehr Freude bereiten als jede Parade. Ihr werdet viel zu tun haben, und es wird lange dauern, bis ihr fertig seid.«
    In den nächsten Tagen machte Ross Skizzen und erklärte genau, wie er sich sein neues Domizil vorstellte, in das so bald wie möglich auch sein Tiefschlafbehälter gebracht werden sollte. Ein riesiger Turm, mit allem Luxus ausgestattet, den er sich vorstellen konnte und aus dem er sich nicht das geringste machte. Die Roboter mußten beschäftigt sein – nur das zählte. Sie würden genug zu tun haben, bis das fast zweitausend Meter hohe Gebäude fertiggestellt war.
    Ross ließ sich ein weiteres Mal einfrieren. Wieder forderte er die Schwester auf, ihn nur dann aus dem Tiefschlaf zu holen, falls etwas Entscheidendes geschehen würde.
     
16.
     
    Die Zeit verstrich.
    97 Millionen Jahre vergingen. Die Sonne schrumpfte und wurde immer heißer. Die Eiskappen der Erde schmolzen, und die Ozeane erwärmten sich zunehmend. Durch die Erhitzung der Atmosphäre entwich diese allmählich in den Weltraum. Als der Mond auf die Erde stürzte, schien das Schicksal des Planeten besiegelt. Die Atomkriege waren nichts weiter als ein harmloses Vorspiel dessen gewesen, was nun über die Welt hereinbrach.
    Nicht der ganze Trabant zerschmetterte die Erdoberfläche, schon vorher war er auseinandergebrochen. Doch seine Trümmer reichten aus, um den Meeresspiegel um hundert Meter steigen zu lassen und die Erdkruste an einigen Stellen aufzureißen, wo viele hundert Jahre lang Lava und heiße Dämpfe in die Luft geschleudert wurden. Die Oberfläche des Planeten Erde war nicht mehr wiederzuerkennen. Große Teile der Lava schossen durch die letzten Reste der Atmosphäre in den Weltraum, wo sie sich abkühlten und als kleine Gesteinsbrocken im Laufe der folgenden Jahrhunderte ein Ringsystem bildeten, das es mit dem des Saturn aufnehmen konnte.
    Als Ross erwachte, befand sich das unterste Stockwerk seines Turms dreißig Meter tief im Meer. Er ließ sich nach oben tragen und fand eine unbekannte Welt vor. Die Nacht war ebenso hell wie der Tag. Die Ringe boten einen phantastischen Anblick. Die Wellen des Ozeans reflektierten das Licht vollkommen, so daß Ross glaubte, auf geschmolzenes Silber hinabzusehen. Dann und wann erschienen Meteore am Himmel, um irgendwo im Meer oder auf dem vom Lavagestein überzogenen Festland einzuschlagen.
    »Wieso steht der Palast noch?« fragte Ross mit bebender Stimme.
    Er verstand so gut wie nichts von dem, was Schwester 5B antwortete. Immerhin aber soviel, daß die Roboter einen Schutzschirm entwickelt hatten. »… Und das Seegras hat die Katastrophe ebenfalls nicht überstanden, Sir«, beendete die Schwester ihren Bericht.
    Ross lachte humorlos. Die Schwester schlug vor, daß sie ihn erst einmal im Turm herumführen und ihm zeigen würde, was die Roboter nach seinen Wünschen geschaffen hatten. Nur um ihr eine Freude zu machen, ging er mit. Seine Beine zitterten, als er vor den Bildern und Statuen stand, die den Kunstwerken einer Handvoll genialer Menschen nachgebildet waren. Mancher Erbauer der Prunkschlösser früher menschlicher Geschichte wäre vor Neid erblaßt, hätte er auch nur einige Stockwerke des Turmes zu Gesicht bekommen. Ross war so fasziniert von der Arbeit der Roboter, daß er darauf verzichtete, die Schwester auf den einzigen Fehler hinzuweisen, den sie gemacht hatten.
    Wie schon bei Alices Porträt, so hatten auch die Gesichter der dargestellten Personen einen leichten Grünstich. Ross fiel ein, daß er die Schwester für Alices Darstellung gelobt hatte. Deshalb wohl hatten die Robotkünstler diese seltsame Farbgebung übernommen.
    Er verbrachte zwei Tage mit 5B in seinem Palast, bevor er sich wieder einfrieren ließ. Bis zu seinem nächsten Erwachen vergingen weitere Jahrhunderte wie im Flug. Er sah ein Meer, das in der Nacht dampfte und am Tag kochte. Der Himmel war ein weißer, aufgeheizter Nebel, von dem ununterbrochen siedendheißer Regen fiel. Ross durchstreifte die Gänge des Turmes achtzehn Tage lang und gab sich den Gedanken eines Mannes hin, der versucht hatte, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, bis die Schwester diesmal von sich aus vorschlug, daß er sich wieder in den Tiefschlaf begab.
    Ross wunderte

Weitere Kostenlose Bücher