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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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rauchende Ueberreste. Die ihrer vollen Länge nach gespaltene Flaggenstange lag inmitten eines halb verkohlten Haufens von Gras und Laub. Die Bäume, deren Zweige sich sonst noch über der Batterie kreuzten, waren bis zu den Wurzeln zersplittert und man sah noch die Spuren der Flammen, die ihre oberen Zweige verzehrt hatten.
    Die beiden Geschützrohre lagen auf ihren Lafetten. Sie waren zu schwer, als daß sie ein noch so heftiger Windstoß hätte umwerfen können.
    Ernst und Jack hatten Schlagröhren mitgebracht zum Ersatze der alten, die jedenfalls unbrauchbar geworden waren, und sie hatten sich auch mit mehreren Kartuschen versehen, um Anwortschüsse geben zu können, wenn von der See her Kanonenschüsse zu hören wären.
    Jack stand am ersten Geschütz und entzündete dessen neue Schlagröhre.
    Diese brannte bis hinunter ab, ein Schuß ging aber nicht los.
    »Die Ladung ist offenbar verdorben, meinte Wolston, und hat nicht mehr explodiren können.
    – So wollen wir sie wechseln, sagte der ältere Zermatt. Nimm den Wischer, Jack, und ziehe auch die Kartusche vorsichtig heraus; dann setzen wir eine andere ein.«
    Als der Wischer aber in das Rohr eingeführt wurde, gelangte dieser, zur großen Verwunderung Jacks, bis zum Grunde der Seele hinunter. Die am Ausgange der schönen Jahreszeit eingesetzte Kartusche befand sich nicht mehr darin, und bei dem zweiten Geschütze war dasselbe der Fall.
    »Die Kanonen sind also abgefeuert worden? rief Wolston erstaunt.
    – Abgefeuert? wiederholte der ältere Zermatt.
    – Ja… beide, erklärte Jack.
    – Doch von wem?
    – Von wem? antwortete Ernst nach kurzer Ueberlegung, ei nun, vom Blitz in eigener Person.
    – Vom Blitz? fragte der ältere Zermatt.
    – Ohne Zweifel, Vater. Bei dem letzten schweren Donner, den wir gestern hörten, hat der Blitz auf den Hügel hier eingeschlagen. Das Schutzdach ist infolge dessen abgebrannt, und nachdem das Feuer die beiden Geschütze erreicht hatte, sind die Schüsse einer nach dem anderen losgegangen.«
    Diese Erklärung drängte sich angesichts der verkohlten Trümmer, die auf der Erde umherlagen, ganz von allein auf. Welche Angst und Unruhe hatten aber die Insassen von Felsenheim in der scheinbar endlosen Gewitternacht ausgestanden!
    »Da seh’ mir einer den Blitz, der zum Artilleristen wird, rief Jack, diesen
Jupiter tonans
, der sich in suchen mengt, die ihn gar nichts angehen!«
    Die Geschütze wurden wieder geladen und die Schaluppe verließ die Haifischinsel, wo der ältere Zermatt sich vornahm, sobald die Witterung es erlaubte, ein neues Schutzdach herzustellen.
    In der vergangenen Nacht war also kein Schiff im Gewässer der Insel gewesen, war kein Fahrzeug an den Klippen der Neuen Schweiz gescheitert.
Zwölftes Capitel.
In Falkenhorst. – In Waldegg. – In Zuckertop. – Auf dem Prospect-Hill. – Das verlassene Meer. – Vorbereitungen zum Zuge nach dem Innern. – Wer abreist und wer daheim bleibt. – Begleitung bis zum Engpaß der Cluse. – Abschied.
    Die Regenzeit, die dieses Jahr länger als gewöhnlich angehalten hatte, ging mit der letzten Augustwoche zu Ende. Mit Rücksicht auf den geplanten Ausflug nach dem Innern der Insel, wurde die Bearbeitung der Felder und die Aussaat sofort in Angriff genommen. Der ältere Zermatt gedachte jene Fahrt nicht vor der zweiten Hälfte des September anzutreten, und die Zeit bis dahin mußte für die zuerst nothwendigen Arbeiten bequem ausreichen.
    Diesmal entschieden sich die beiden Familien nicht für ein Verweilen in Falkenhorst. Das dortige »Luftschloß« hatte durch die letzten Stürme doch manchen Schaden erlitten, der eine gründlichere Ausbesserung verlangte Deshalb sollte jetzt der Aufenthalt daselbst nur wenige Tage dauern, bis die Aussaat, das Beschneiden der Reben vollendet und für die hier untergebrachten Thiere gesorgt war. Ebenso wollte man den Aufenthalt in Waldegg, in Zuckertop und auf dem Prospect-Hill nach Möglichkeit abkürzen.
    »Wir dürfen nicht vergessen, bemerkte der ältere Zermatt, daß nach der Heimkehr unserer Abwesenden, nach dem Eintreffen der neuen Freunde, des Obersten Montrose, Ihres Sohnes James und dessen Gattin, lieber Wolston, und vielleicht einer gewissen Anzahl von Colonisten, in Falkenhorst, wie in den übrigen Meiereien, mancherlei Vergrößerungen nothwendig werden dürften. Hilfskräfte für diese wahrscheinlich recht umfänglichen Arbeiten werden uns dann sicherlich willkommen sein. Für jetzt wollen wir uns deshalb nur mit unseren

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