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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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weniger seriösen Institutionen.«
»Und was nun?«
»Die Fotos. Was haben wir sonst in der Hand?«
Sie betrachteten jedes Bild ganz genau, ließen sich dabei Zeit, wiesen sich gegenseitig auf
diesen oder jenen verschwommenen Fleck, dieses oder jenes Detail hin und testeten ihre Ideen
aneinander aus. Es war ein mühsames Geschäft. Und die ganze Zeit murmelte Rebus etwas über Ronnie
McGraths letzte Worte an Tracy vor sich hin, dass sie von Anfang an der Schlüssel zu allem
gewesen waren. Sie konnten in dreifacher Weise verstanden werden: tauch unter, hüte dich vor
einem Mann namens Hyde, und ich hab was versteckt. So clever. So komplex.
Beinah schon zu clever für Ronnie. Vielleicht war er sich der verschiedenen Bedeutungen
gar nicht bewusst gewesen...
Nach anderthalb Stunden warf Rebus das letzte Foto auf den Fußboden. Holmes lag halb auf dem Sofa
und rieb sich mit einer Hand die Stirn, während er in der anderen eins von den Fotos hielt. Seine
Augen verweigerten ihm allmählich den Dienst.
»Es bringt nichts, Brian. Absolut nichts. Ich kann mir auf diese ganze Sache keinen Reim machen.
Sie?«
»Eigentlich auch nicht«, gab Holmes zu. »Doch ich vermute, dass Hyde diese Bilder unbedingt haben
wollte ­ will.«
»Was heißt das?«
»Das heißt, er weiß, dass sie existieren, aber er weiß nicht, wie schlecht sie sind. Er glaubt,
da ist etwas drauf, das in Wirklichkeit gar nicht drauf ist.«
»Ja, aber was? Da fällt mir was ein, Ronnie hatte in der Nacht, in der er starb, Blutergüsse am
Körper.«
»Nicht weiter überraschend, wenn man bedenkt, dass ihn jemand die Treppe heruntergeschleift
hat.«
»Nein, da ist er bereits tot gewesen. Das war vorher passiert. Seinem Bruder ist es aufgefallen.
Tracy ist es aufgefallen, aber niemand hat ihn je danach gefragt. Irgendwer hat mir was von
gewalttätigem Sex erzählt.« Er zeigte auf die verstreuten Fotos. »Vielleicht hat er das damit
gemeint.«
»Einen Boxkampf?«
»Ja, illegale Boxkämpfe, wo zwei Jungs, die kräftemäßig nicht zusammenpassen, erbarmungslos
aufeinander eindreschen.«
»Wozu?«
Rebus starrte auf die Wand, als suche er dort das Wort, das ihm fehlte.
Dann wandte er sich wieder Holmes zu.
»Aus dem gleichen Grund, weshalb Männer Hundekämpfe veranstalten. Wegen des Kicks.«
»Das klingt unglaublich.«
»Vielleicht ist es unglaublich. Aber so wie mein Gehirn im Augenblick funktioniert, könnte
ich sogar glauben, dass man grüne Männchen auf dem Mars entdeckt hat.« Er streckte sich. »Wie
spät ist es?«
»Gleich acht. Wollten Sie nicht zu dieser Party bei Malcolm Lanyon?«
»O Gott!« Rebus sprang auf. »Ich komme zu spät. Das hatte ich ganz vergessen.«
»Dann lass ich Sie jetzt allein, damit Sie sich fertig machen können. Wir können in dieser Sache
im Moment doch nicht viel tun.« Holmes deutete auf die Fotos. »Außerdem sollte ich Nell
besuchen.«
»Ja, ja, ab mit Ihnen, Brian.« Rebus zögerte. »Und danke.«
Holmes zuckte lächelnd die Achseln.
»Eins noch«, begann Rebus.
»Ja?«
»Ich habe kein sauberes Jackett. Könnten Sie mir Ihres leihen?«

Das Jackett saß nicht gerade toll, die Ärmel waren ein wenig zu lang, und um den Brustkorb war es
zu eng, aber so ganz daneben war's auch nicht. Rebus versuchte so zu tun, als kümmerte ihn das
nicht, als er vor Malcolm Lanyons Haustür stand. Die Tür wurde von der umwerfend aussehenden
Orientalin geöffnet, die mit Lanyon auch in The Eyrie gewesen war. Sie trug ein tief
ausgeschnittenes schwarzes Kleid, das knapp an ihre Oberschenkel reichte. Sie lächelte Rebus an,
als würde sie ihn erkennen, oder tat zumindest so.
»Kommen Sie rein.«
»Ich hoffe, ich bin nicht zu spät.«
Ȇberhaupt nicht. Malcolms Partys laufen nicht nach der Uhr. Die Leute kommen und gehen, wie es
Ihnen gefällt.« Ihre Stimme hatte einen kühlen, aber nicht unangenehmen Beiklang. Rebus blickte
an ihr vorbei und stellte erleichtert fest, dass zwar einige männliche Gäste Anzüge trugen,
andere hingegen Sport Jacketts. Lanyons persönliche Assistentin ­ Rebus fragte sich gerade wie persönlich ­ führte ihn ins Esszimmer, wo ein Barmann hinter einem Tisch voller
Flaschen und Gläser stand.
Es klingelte erneut. Ihre Finger berührten Rebus an der Schulter.
»Wenn Sie mich bitte entschuldigen«, sagte sie.
»Selbstverständlich«, sagte Rebus und ging zu dem Barmann. »Ein Gin Tonic«, sagte er. Dann drehte
er sich wieder um, um hinter ihr her zu sehen, während sie durch den breiten Flur

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