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Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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Pöbel. Während Razgut in verzücktem Singsang »Mein Bruder, mein Bruder« säuselte, zitterte der alte Mann vor Furcht und versuchte zu entkommen, doch es gab keinen Ausweg.
    Akiva ragte über ihm auf, und das Strahlen seiner Flügel erhellte die Szene wie das Tageslicht.
    Erneut streckte Razgut flehend die Hand nach Akiva aus. »Ich habe meine Strafe abgedient, und du bist gekommen, um mich zurückzubringen. So ist es doch, nicht wahr, Bruder? Du bringst mich nach Hause und machst mich wieder unversehrt, damit ich laufen kann. Damit ich
fliegen
kann …«
    »Ich bin nicht deinetwegen gekommen«, sagte Akiva.
    »Was … was willst du?«, ächzte Izîl in der Sprache der Seraphim, die er von Razgut gelernt hatte.
    »Das Mädchen«, erwiderte Akiva. »Sag mir, was du über das Mädchen weißt.«

Eine Welt für sich
    Hinter der anderen Tür entdeckte Karou einen Gang aus mattem, stumpfem, schwarzem Stein. Von dort, wo sie stand, konnte sie ein paar Meter weit hineinsehen, doch dann machte er einen Bogen. Direkt vor der Biegung war ein schmales, vergittertes Fenster, durch das sie jedoch aus ihrem momentanen Blickwinkel nicht hinaussehen konnte. Weißes Licht schimmerte herein und malte Rechtecke auf den Boden.
Mondlicht
, dachte Karou und fragte sich, was für eine Landschaft sie wohl da draußen erblicken würde, wenn sie hinüberschleichen würde, um rauszuschauen. Wo war dieser Ort? Führte diese Hintertür wie die Vordertür des Ladens vielleicht in alle möglichen Städte? Oder war das hier etwas ganz anderes, so tief in Brimstones Anderswo, dass es außerhalb ihrer Vorstellungskraft lag? Nur ein paar Schritte trennten sie von einer Antwort, wenigstens auf diese eine Frage. Doch hatte sie den Mumm dazu?
    Sie lauschte angestrengt. Geräusche waren zu hören, doch sie schienen weit entfernt, widerhallende Rufe in der Nacht. In dem Gang selbst war es still.
    Also schlich sie los. Schnelle, leise Schritte auf nackten Zehenspitzen, dann hatte sie das Fenster erreicht. Ein Blick durch das schwere Eisengitter. Auf das, was dahinter lag.
    Ihr Gesicht entspannte sich, nahm einen Ausdruck tiefer Ehrfurcht an, und vor lauter Staunen blieb ihr der Mund offen stehen. Es dauerte einen Augenblick, bis sie es merkte, und als sie ihn hastig schloss, durchbrach das leise Geräusch ihrer aufeinandertreffenden Zähne die Stille so abrupt, dass sie unwillkürlich zusammenzuckte. Doch dann lehnte sie sich vor und nahm den Ausblick in sich auf.
    Wo auch immer sie war, eins stand fest: Sie war nicht in ihrer Welt.
    Am Himmel schienen zwei Monde. Das war die erste Auffälligkeit.
Zwei Monde.
Keiner war voll. Der eine war eine leuchtende Halbscheibe hoch oben am Himmel, der andere eine blasse Sichel, die gerade über einem Berggipfel aufstieg. Im Licht der beiden Gestirne erkannte sie, dass sie sich in einer gewaltigen Festung befand. Riesige Verteidigungswälle trafen in sechseckigen Bastionen aufeinander und umschlossen eine prunkvolle Stadt. Darüber ragten hohe Zinnentürme auf – ihrer Perspektive nach zu urteilen, stand sie auch in einem solchen. Vage konnte Karou die Silhouetten von patrouillierenden Wachen in ihnen erkennen. Wenn die zwei Monde nicht gewesen wären, hätte es sich fast um eine befestigte Stadt im alten Europa handeln können.
    Doch die Gitterstäbe machten sie zu etwas ganz anderem.
    Sonderbarerweise war die Stadt nämlich von Eisengittern umgeben. So etwas hatte Karou noch nie gesehen. Die Stangen wölbten sich über die gesamte Fläche, von einer Mauer zur anderen, kohlrabenschwarz und hässlich, und schlossen sogar die Türme mit ein. Karou ließ den Blick schweifen und konnte keine einzige nennenswerte Lücke entdecken; die Gitterstäbe waren so nah beieinander, dass kein Mensch sich hindurchzwängen könnte. Die Straßen und Plätze der Stadt lagen wie in einem Käfig, in den das Mondlicht gezackte Schatten warf.
    Was hatte das zu bedeuten? Waren die Eisengitter dazu da, etwas einzuschließen oder etwas auszusperren?
    In diesem Moment sah Karou eine geflügelte Kreatur vom Himmel herabstoßen und zuckte vor Schreck zusammen. Ein Engel – ein Seraph –, das war ihr erster Gedanke. Ihr Herz fing an zu hämmern, und ihre Wunden pochten. Aber ihre Angst war unbegründet. Das Wesen flog davon, und sie konnte eindeutig erkennen, dass es die Gestalt eines Tieres hatte – es sah aus wie ein geflügeltes Reh. Eine Chimäre? Sie hatte stets vermutet, dass es mehr von ihnen geben musste, auch wenn sie immer

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