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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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hätte sich niemals festnageln lassen. Ich wusste etwas, was sie wissen wollte. Zum ersten Mal war ich ihr gegenüber ein klein wenig im Vorteil. Die Worte Nowoje Koschkino verliehen meinen NKWD-Referenzen einen Hauch von Glaubwürdigkeit, boten mir einen Hebel, den ich ausnutzen konnte.
    »Lara«, sagte ich und gab damit alle Trümpfe aus der Hand.
    »Welche ist Lara?«
    Ich zeigte sie ihr. Als sich Vikas ungerührter Blick verlagerte, hatte ich das Gefühl, Lara irgendwie verraten zu haben. Sie war großzügig gewesen - hatte uns Unterschlupf vor der Kälte geboten, uns etwas Warmes zu essen gegeben, sich auf bloßen Füßen in die eisige Winternacht hinausgewagt, um uns gegen die argwöhnischen Partisanen zu verteidigen -, und ich hatte dieser verächtlich grinsenden blauäugigen Meuchelmörderin ihren Namen genannt. Vika schob die Füße vom Sofa, wobei ihre Zehen in den Wollsocken mein Hosenbein streiften. Sie stand auf und ging hinüber zu Lara, die vor dem Kamin kauerte und Holz nachlegte. Da Vika keine Stiefel anhatte, sah ich erst jetzt, wie klein sie eigentlich war, doch sie bewegte sich mit der trägen Anmut, die man bei Sportlern sieht, wenn sie sich fern vom Spielfeld entspannen. Das ist moderne Kriegsführung, dachte ich, wo Muskeln nichts bedeuten und ein zierliches Mädchen aus vierhundert Metern Entfernung den Kopf eines Deutschen durchlöchern kann.
    Lara schien nervös zu werden, als sie sah, wie die Scharfschützin sie von oben anlächelte. Sie wischte sich den Ruß von den Händen und hörte Vika zu. Ich konnte nicht verstehen, was gesagt wurde, aber ich sah Lara nicken, und so, wie sie mit den Händen gestikulierte, gl aubte ich, dass sie Vika irgend einen Weg beschrieb.
    Kolja kam mit Korsakow ins Zimmer spaziert. Jeder hatte ein Glas Wodka in der Hand, und beide lachten über einen Witz, dicke Freunde inzwischen, die frühere Feindseligkeit vergessen. Ich hatte nichts anderes erwartet - Kolja konnte einem alles verkaufen, vor allem sich selbst. Er kam zum Rosshaarsofa geschlendert und nahm mit einem Seufzer darauf Platz, schlug mir aufs Knie und trank sein Wodkaglas aus.
    »Hast du genug zu essen bekommen?«, fragte er mich. »Wir sind nämlich abmarschbereit.«
    »Wir gehen? Ich dachte, wir würden heute Nacht hier schlafen.«
    Die Schießerei hatte meinen Organismus auf Touren gebracht, aber nun, da einige Zeit vergangen war, seit Kugeln durch die Luft geflogen waren, spürte ich, wie sich die Müdigkeit wieder in meine Knochen schlich. Wir waren den ganzen Tag durch den Schnee gestapft, und seit Sonjas Wohnung hatte ich nicht mehr geschlafen.
    »Stell dich nicht dümmer, als du bist. Was glaubst du wohl, was passiert, wenn die Fritz e da draußen von ihrem abendlic hen Vergnügen nicht zurückkommen? Wie lange dauert es wohl, bevor sie ein Aufgebot losschicken, um herauszufinden, wo ihre Oberleutnants abgeblieben sind?«
    Vika hatte von Lara bekommen, was sie wollte. Nun sprach sie leise mit Korsakow, während beide drüben in einer Ecke des Zimmers standen - der breitschultrige, stoppelbärtige Partisanenführer und sein kleiner Killer, beleuchtet vom flackernden Licht des Kaminfeuers.
    Die anderen Partisanen begannen sich bereit zu machen, zogen ihre trockenen Socken und ihre Filzstiefel an, kippten noch ein Glas Wodka für den langen Marsch, den sie vor sich hatten. Die Mädchen des Hauses waren in die rückwärtigen Zimmer verschwunden, wo sie, wie ich vermutete, alles zusammenrafften, was sie tragen konnten, und überlegten, wo sie nun hinsollten.
    »Wir könnten die deutschen Autos nehmen«, sagte ich, ganz begeistert von dieser Idee. »Die Mädchen in Piter absetzen und ...« Wie die meisten Ideen, die ich für brillant hielt, verlor auch diese ihren Glanz, bevor ich den zweiten Satz beendet hatte.
    »Mit dem Kübelwagen nach Leningrad fahren«, sagte Kolja. »Hm, ja, das wäre eine Möglichkeit. Und wenn uns unsere eigenen Leute in die Luft sprengen und irgendein schwachsinniger Donkosak unsere rauchenden Leichen aus den Trümmern zieht, wird er sagen: >Mensch! Die Deutschen da sehen ja genauso aus wie wir!< Nein, mein kleiner Löwe, wir gehen noch nicht zurück nach Piter. Wir haben in Nowoje Koschkino etwas zu erledigen.«
    17
    Zwanzig Minuten später stapften wir erneut durch den Schnee, und die Wärme des Bauernhauses begann bereits unserer Erinnerung zu entschwinden. Von mächtigen Kiefern flankiert, gingen wir mit jeweils neun Schritten Abstand im Gänsemarsch hintereinander

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