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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Gesichtern nichts davon anzumerken. Der Feind hatte den totalen Krieg erklärt, als er unser Land überfiel. Die Deutschen hatten geschworen, wiederholt und schriftlich, unsere Städte niederzubrennen und die Bevölkerung zu versklaven. Wir konnten nicht moderat gegen sie kämpfen. Wir konnten totalen Krieg nicht mit ein bisschen Krieg bekämpfen. Die Partisanen würden fortfahren, Nazis einzeln abzuschießen; die Nazis würden fortfahren, Nichtkombattanten zu massakrieren; und irgendwann würden die Faschisten merken, dass sie den Krieg nicht gewinnen konnten, auch wenn sie für jeden toten Soldaten dreißig Zivilisten umbrachten. Die Zahlen waren brutal, aber brutale, nackte Zahlen sprachen schon immer für Russland.
    Vika kletterte von dem Felsblock herunter. Korsakow ging zu ihr, um sich mit ihr zu beraten. Als er an uns vorbeikam, murmelte er Kolja zu: »So viel zu Nowoje Koschkino.«
    »Gehen wir nicht hin?«
    »Wozu? Sinn der Sache war doch, vor Sonnenaufgang dort zu sein und Jagd auf die Einsatzkommandos zu machen. Riechst du den Rauch? Jetzt machen sie Jagd auf uns.«
    18
    Die Partisanen unterhielten ein sicheres Haus einige Kilometer landeinwärts vom Ladoga-See, eine seit Langem verlassene und früher von einem Pelztierjäger benutzte Hütte, die an einem dicht mit Fichten bestandenen Berghang lag. Wir erreichten sie schließlich eine Stunde vor Sonnenaufgang, der Himmel wechselte schon langsam von Schwarz zu Grau, und als es heller wurde, begann es leicht zu schneien. Alle schienen den Schnee für ein gutes Omen zu halten, weil er unsere Spuren zudeckte und einen wärmeren Tag verhieß.
    Auf dem Weg zur Hütte waren wir einer Kammlinie gefolgt, von der aus ein weiteres brennendes Dorf zu sehen war. Das Feuer war nicht zu hören, die kleinen Häuser stürzten klaglos in den Flammen ein, ließen Funkenschwärme gen Himmel steigen. Aus der Ferne sah das sehr schön aus, und ich dachte, wie seltsam es doch war, dass brachiale Gewalt oft einen so erfreulichen Anblick bietet, ähnlich wie Leuchtspurgeschosse bei Nacht. Als wir das Dorf passierten, hörten wir einen Feuerstoß, keinen Kilometer weit weg, sieben oder acht Maschinengewehre, die gleichzeitig feuerten. Wir alle wussten, was die Schüsse zu bedeuten hatten, und wir alle gingen wortlos weiter.
    Die Hütte sah aus, als wäre sie aus alten Brettern und verrosteten Nägeln zusammengehämmert worden von einem Mann, der wenig Geschick für die Zimmerei und keine Geduld für diese Arbeit hatte. Die Tür hing schief in den Angeln. Fenster gab es nicht, nur ein Rohr, das aus dem Dach ragte, um den Rauch abziehen zu lassen, und auch keinen Fußboden, nur gestampften Lehm. Innen stank es fast unerträglich nach menschlichen Exkrementen. Die Wände waren wie von Klauen zerkratzt, und ich fragte mich, ob hier noch die Geister all der abgebalgten Marder und Füchse spukten, darauf lauerten, den Besuchern bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen, wenn die Kerzen heruntergebrannt waren.
    Trotz der Kälte draußen bot die Hütte lediglich Schutz vor dem Wind und keine zusä tzliche Wärme. Korsakow bestimm te einen Pechvogel dazu, draußen die erste Wache zu übernehmen. Der Partisan in der weißen Uniform der finnischen Jäger nahm seinen Rucksack ab und baute einen kleinen zusammenklappbaren Ofen auf, den er mit Holzspänen füllte, die die Partisanen bei einem früheren Aufenthalt zurückgelassen hatten. Als der Ofen brannte, drängten wir uns alle so dicht wie möglich zusammen, dreizehn Männer und eine Frau - oder zwölf Männer, eine m Frau und ein Junge, um ganz ehrlich zu sein. Zum hundertsten Mal in dieser Nacht fragte ich mich, wie sie wohl aussah, wenn sie den vor Schmutz starrenden Tarnanzug abgelegt hatte, ihre blasse ungewaschene Haut sich straff über das blaue Geflecht ihrer Adern spannte. Hatte sie Busen oder war sie flachbrüstig wie ein Junge? Ihre Hüften waren so schmal wie meine, dessen war ich mir ziemlich sicher, aber selbst mit ihrem kurz geschnittenen Haar und ihrem verdreckten Hals hatte die stolz vorgeschobene Unterlippe etwas unbestreitbar Weibliches. Waren die anderen Männer in der Gruppe ebenfalls scharf auf sie, oder sahen alle in ihr, was Korsakow in ihr sah, den geschlechtslosen Scharfschützen mit der schlafwand lerischen Zielsicherheit? Waren sie die Idioten oder ich?
    Der Gestank war so bestialisch, dass meine Augen zu tränen begannen, aber schon bald deckte der Rauch aus dem Ofen den übelsten Geruch zu, und das Feuer und

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