DavBen-StaderDie
mir fast eine Eisenspitze in den Arsch, aber ich schaffe es, komme an ihre Wohnungstür, hämmere darauf ein: >Ich bin's, Nikolai Alexandrowitsch, lass mich rein!< Die Tür geht auf, ihr fetter rattenäugiger Mann stiert mich an. Das fiese Schwein ist nie zu Hause, bloß diesmal. Parteimitglied natürlich, hockt gewöhnlich in irgendeinem Amt und denkt sich neue Vorschriften für die Armee aus, aber an dem Abend beschließt er, daheimzubleiben und seine Frau zu malträtieren, weil Silvester ist. >Wer sind Sie? Was soll das?<, fragt er mich indigniert, als hätte ich ihn irgendwie beleidigt, weil ich an seine Tür gehämmert und die nasse Möse seiner Frau auf einem silbernen Tablett verlangt habe. Ich hätte ihm am liebsten in den wabbeligen Hintern getreten, aber das wäre mein Ende gewesen, also salutiere ich vor dem verdammten Zivilisten, sage, ich hätte an der falschen Tür geklopft, und verschwinde. Jetzt stecke ich wirklich in der Scheiße. Das einzige Mädchen, das ich auf dieser Seite der Stadt noch kenne, ist Rosa, aber das ist eine Professionelle, und ich habe kein Geld bei mir. Aber ich bin ein guter Kunde, vielleicht vertraut sie mir, vielleicht nimmt sie dafür, was ich noch an Lebensmitteln bei mir habe, klar? Bis zu ihr sind es zwei, drei Kilometer. Ich spurte los, bin schweißnass, schwitze seit Oktober zum ersten Mal. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, bevor mein Freund zurückfährt. Ich komme außer Atem an, rase die vier Treppen zu Rosas Wohnung hoch; die Tür ist nicht abgesperrt, ich gehe rein, und da warten drei Soldaten in der Küche und lassen eine Flasche Wodka herumgehen. Drüben im anderen Zimmer kann ich Rosa stöhnen hören, und die besoffenen Blödmänner singen rührselige Lieder und klopfen sich gegenseitig auf den Rücken. >Keine Sorge<, sagt der, der als Letzter an der Reihe ist, >bei mir geht's schnelle«
»Ich hab ihnen Geld angeboten«, fuhr er fort, »damit sie mich vorlassen, obwohl ich kein Geld dabei hatte, aber so blöd waren sie auch wieder nicht, dass sie einen Schuldschein von mir akzeptiert hätten. Ich sage, dass ich zu meinem Bataillon zurückmuss, und einer sagt: >Heute ist Silvester! Da sind alle betrunken! Wenn du morgen früh zurück bist, ist alles geritzt. < Das klang einleuchtend, und dann ließen sie wieder die Flasche kreisen, und da hab ich mit ihnen getrunken und schon bald lauter als alle ihre beschissenen Lieder mitgegrölt. Und eine Stunde später lag ich dann endlich bei Rosa im Bett. Sie ist wirklich süß - ganz egal, was man über Huren sagt, sie hat mich reingelassen für den Rest Brot, den ich in der Tasche hatte, und das war nicht viel. Aber sie hat gesagt, ihr tue die Muschi weh, also hat sie mir stattdessen einen geblasen. Fünfzehn Minuten später bin ich wieder so weit, sie grinst und sagt: >Ach, ich liebe euch jungen Männer<, und lässt mich in sich rein, ganz langsam, ganz sanft. Und dann, eine halbe Stunde später, noch einmal. Ich muss einen Liter Rotz in ihr versprüht haben, im Norden und im Süden.«
Ich hatte das unangenehme Gefühl, dass Kolja sich beim Erzählen wieder von Neuem aufgeilte.
»Also hast du deinen Freund verpasst.«
»Und zwar um Stunden. Aber ich hab mir keine Sorgen gemacht, ich fand bestimmt einen anderen Wagen, der zurück zum Bataillon fuhr. Ich kannte die meisten Meldegänger, das sollte also kein Problem sein. Du hättest mich sehen sollen, als ich Rosas Haus verließ. Ein völlig anderer Mensch als der, der hineingegangen war. Entspannt, breites Lächeln im Gesicht, schwungvoller Gang. Ich trete aus der Haustür, ich hüpfe praktisch den Bürgersteig entlang, da hält mich eine NKWD-Patrouille an, vier elende Mistkerle. Einer will meinen Urlaubsschein sehen. Ich habe keinen Urlaubsschein, sage ich. Ich bin Meldegänger bei General Stelmach der Mann plant gerade eine Schlacht, er braucht Gewehre, er braucht Mörser, er hat keine Zeit, beschissene Urlaubsscheine zu unterschreiben. Stelmach ist einer von deinem Stamm, glaube ich. Hast du das gewusst?«
»Hört die Geschichte irgendwann mal auf? Oder willst du bis an mein Lebensende weiterreden?«
»Der armselige bessere Polizist, der mich verhört, hat noch immer sein Hitler-Bärtchen. Man sollte meinen, dass jeder Russe mit Hitler-Bärtchen es sich inzwischen abrasiert hat, aber nein, dieses Arschloch findet, dass er damit toll aussieht. Er fragt mich, wieso ich Nachrichten von General Stelmach in ein Wohngebäude auf der Wyborger Seite bringe. Ich
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