Dave Duncan
Zelte und entferntes Hundegeheul bei den Häusern. »Erinnerst du dich, als Azak dich verbrannte?«
»Natürlich. Es ist immer noch nicht ganz verheilt.« Azaks Hand hatte Kade in der Nacht berührt und ihre Haut angesengt, aber sie war nicht erwacht. Sie hatte es erst am folgenden Morgen bemerkt. Jetzt paßte sie immer auf, daß ihre Decke der seinen nicht zu nahe kam. »Nun?« hakte Inosolan nach. »Das war kein normaler Schlaf!« Für einen Moment starrte sie hinauf in die tanzenden Palmen, ihr Gesicht ein blasser Schatten im Licht der! Sterne. Sie holte ein paarmal tief Luft, als genieße sie die unerwartete Freiheit. Grillen zirpten, Kamele bellten in ihrer Koppel. Ihre Glocken klangen für Kade inzwischen so vertraut wie das Donnern der Brandung unter den Schloßfenstern in Krasnegar.
»Ja, es wird leichter, zu sprechen«, stellte Inosolan fest, »Erinnerst du dich an die Tür oben in Inissos Turm – wie schwer es war, sich ihr zu nähern? Aversion, so nannte Doktor Sagorn es. Was meinst du?«
Kadolan sah sich in der Dunkelheit um. »Daß ich mich gerne in einen bequemen Sessel setzen würde.« Sie wich der Frage natürlich aus, aber gewiß log sie nicht. Sie war zu alt für Kamele. Sie konnte sich kaum noch erinnern, wie es sich anfühlte, nicht wundgescheuert zu sein.
»Gewäsch!« Inos klang, als müsse sie sich die Worte abringen. »Nun, ich sage dir, was ich glaube. Nämlich, daß wir hereingefallen sind. Elkarath ist mit Rasha verbündet und war es schon immer. Götter, darüber zu reden verursacht mir Kopfschmerzen! Es war einfach zu leicht, Tante! Sie kann Menschen von Krasnegar nach Arakkaran zaubern, über das ganze große Pandemia hinweg, und wir hüpfen einfach auf ein paar Kamele und reiten davon in die Wüste? Sie wollte uns entkommen lassen. Sie hat das alles arrangiert!«
Kadolan seufzte. »Das ist möglich, nehme ich an.« »Es ist offensichtlich!«
»Was ist mit der Erscheinung, die du gesehen hast, dem Geist?« »Ah. Rap ist tot. Das wissen wir. Aber ich glaube immer noch, das war eine Botschaft. Von Rasha – oder sonst jemandem.«
Sie meinte natürlich, daß Elkarath vielleicht selbst dafür verantwortlich war. Er hatte den jungen Faun niemals kennengelernt, aber vielleicht konnte ein Zauberer aus der Erinnerung anderer Menschen die Bilder von Verstorbenen heraufbeschwören. Wer wußte schon, was ein Zauberer alles konnte?
»Er hat dir gesagt, du solltest weglaufen!«
»Und wir haben genau das Gegenteil getan – wir sind geblieben! Wir waren alle der Meinung, daß eine Erscheinung des Bösen nur einen bösen Rat geben könnte. Natürlich haben wir das gedacht! Genau das sollten wir ja denken, es war ein doppelter Bluff. Wirklich, ganz offensichtlich. Warum haben wir das nur nie gemerkt?«
Kadolan seufzte abermals und erschauerte. Sie hatte viele, viele Male dieselben Dinge gedacht, und war nie fähig gewesen, sie in Worte zu fassen. Sie war sogar außerstande gewesen, sich wirklich Sorgen deswegen zu machen. Sie hatte jedoch ziemlich oft zum Gott der Demut gebetet.
»Magie!« stieß Inos das verbotene Wort triumphierend hervor. »Am Tage. Er sorgt dafür, daß wir tagsüber zuviel Angst haben oder uns schämen, darüber zu sprechen. Und nachts belegt er uns mit einem Schlafbann, dich und mich. Dennoch ist es nachts leichter, zu reden – ist dir das aufgefallen? Vielleicht wird er müde, oder er spricht den Bann morgens aus und der Zauber wird mit der Zeit schwächer. Jetzt scheint der Bann dahinzuschwinden!«
»Nun, jetzt hast du uns auf jeden Fall die Möglichkeit verschafft, darüber zu reden«, stellte Kadolan fest. »Ich schlage vor, du sagst Azak nichts davon.«
»Warum nicht?« fragte Azak.
»Huch!« Kade schrak auf und schlug ihre Hände vor den Mund. Trotz seiner Größe konnte der Sultan so leicht wie Gaze schweben, und Kade fragte sich, wie lange er wohl schon hinter ihr gestanden hatte – groß und dunkel und bedrohlich, mit Augen, die im Licht der Sterne funkelten.
»Warum nicht mit Azak darüber reden?« knurrte er.
Sie bemühte sich, ihr rasendes Herz zu beruhigen. Selbst bei Tage schüchterte Azak sie ein. »Vielleicht… vielleicht haben wir einfach einen sehr gesunden Schlaf, der Euch fehlt.« »Richtig. Keine anderen Gründe?«
»Äh… nein.« Außer, daß Azak Rasha so sehr haßte, daß er vielleicht nicht rational reagierte, wenn er diese Neuigkeit erfuhr.
»Hm?« Azak richtete seine Aufmerksamkeit auf Inosolan, die immer noch gegen den Baum
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