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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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worden, so daß sechs Männer nebeneinander hätten reiten können. Zu ihren besten Zeiten mußte sie wunderbar ausgesehen haben. Er versuchte abzuschätzen, wie viele Männer wie lange hatten arbeiten müssen, um sie fertigzustellen, und die Antwort schien ihn mit Ehrfurcht zu erfüllen. Sie mußte mehr als tausend Jahre alt sein, führte er aus, und würde offensichtlich noch einmal so lange bestehen. Und doch waren er und seine Gefährtinnen vielleicht seit Jahrhunderten die ersten, die diese Straße betraten.
    Selbst dort, wo die Straße von Erde überschwemmt war, hatte sie den Wurzeln der Bäume oft widerstanden. Dann bildete sie ein Band aus Grasnarben, das sich durch den Wald schlängelte. Die Koniferen wurden weniger, statt dessen nahmen Laubbäume ihren Platz ein. Der schäumende weiße Wasserlauf war zu einem Fluß von Format geworden, in dem noch immer eigenartig milchiges Wasser floß.
    Es gab nichts Besseres als einen Ritt auf dem Maultier, wenn man die letzten Krümel Schlaf aus den Knochen schütteln wollte. »Und diese Augen«, fragte Inos. »Waren sie weltlich?«
    Azak lachte kehlig. »Ich bin noch hier, meine Liebe.«
Keine Dämonen.
    Sie hatten immer wieder die alten Geschichten erzählt. Azak glaubte an die Theorie von den Dämonen. In jenem schrecklichen Krieg hatte jemand Dämonen freigelassen, und einige waren immer noch da, suchten sich ihre Opfer unter glücklosen Reisenden, aber sie fingen nicht alle, die durch dieses Land kamen. Gegen Dämonen konnte niemand etwas tun, außer zu hoffen, daß sie einem nicht über den Weg liefen.
    Inos gefiel der Gedanke an Dämonen ganz und gar nicht. Sie zog die Geschichte mit der Unsichtbarkeit vor, die besagte, daß Ulien’quith alle Pixies unsichtbar gemacht hatte und daß ihre Nachkommen immer noch so lebten, unter ihrem eigenen Hexenmeister. Azak verspottete sie deshalb. Wenn die Pixies in irgendeiner Weise so wären wie andere Menschen, sagte er, hätten sie ihre Unsichtbarkeit schon vor langer Zeit dazu benutzt, die ganze Welt zu erobern.
    Inzwischen verfolgte Inos ihre eigene Theorie – daß die vermißten Reisenden von einem Bann gefangen waren, der sie dazu verdammte, niemals anzukommen. Dieses Tal beispielsweise schien einfach nirgendwohin zu führen. Vielleicht würden sie und Kade und Azak auf ewig hinuntersteigen, oder bis sie an Altersschwäche starben.
    Sie wollte diese lustige Möglichkeit gerade aussprechen, als die Reisenden an einer Kehre ankamen und ihren ersten Pixie sahen, der in der Mitte der Straße stand. Das Aufblitzen von Azaks Schwert machte sein Maultier nervös. Die anderen reagierten ebenso, und einen Moment lang entstand Verwirrung. Als die Tiere sich wieder beruhigt hatten, konnten die Reiter jedoch erkennen, daß die Gefahr schon seit vielen Jahrhunderten vorüber war.
    Sie ritten vorsichtig weiter, um die einsame Figur zu betrachten. Wettereinflüsse hatten die gräuliche Oberfläche zerfressen und mit weißen und gelben Flechten überzogen, doch immer noch waren alle Einzelheiten und Züge genau erkennbar – die perfekte Statue eines laufenden Jungen; nackt, denn welche Kleidung er auch getragen hatte, sie war schon lange verrottet. Schlamm hatte sich um ihn herum abgesetzt, so daß er bis zu den Knöcheln im Schlick stand, und die Grasstengel umspielten seine Knie. Er konnte nicht viel älter als Inos gewesen sein, und das Gesicht, das zu den Bergen aufblickte, wirkte auf sie wild entschlossen, zu siegen, ganz gleich, was es kostete.
    Inos brachte das Maultier zum Stehen und stieg ab. Kade blieb im Sattel sitzen und zog ihr Gebetbuch hervor, damit es nicht so aussah, als würde sie zuschauen. Inos hatte bei den Statuen in Rashas Schlafzimmer schon Schlimmeres als reine Nacktheit gesehen. Azak war an ihre Seite getreten und würde ihre Reaktion registrieren. Sie mußte die erfahrene Haltung einer imperialen Dame demonstrieren. Es war ja nur ein Stein, kein Grund für Prüderie. So sahen sie also aus?
    »Ein Bote«, sagte sie traurig. »Auf dem Weg, jemanden zu warnen?« »Oder ein Feigling auf der Flucht?«
    »Nein.« Kummer durchdrang ihre Knochen wie die Feuchtigkeit des düsteren Tales. Die Schatten ließen ihr Herz frieren – eine Straße nach Nirgendwo, auf der niemand reiste, ein Junge, der zu einem Denkmal für eine verlorene Sache erstarrt war.
»Das ist nicht das Gesicht eines Feiglings«, sagte sie. »Die Augen sind eigenartig… Pixieaugen?«
    »Sie wirken irgendwie elfisch«, sagte Azak, »leicht

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