Dave Duncan
langsam. Vielleicht war es der Sand oder der harte Tag, aber als er sich um die eigene Achse drehte und herumwirbelte, war Rap nicht da. Kreischend versuchte es der Jotunn ein drittes Mal, und jetzt war er darauf vorbereitet, in jeder Richtung zuzugreifen. Dieses Mal blieb Rap stehen und landete mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, eine Faust in dem harten, haarigen Bauch. Es fühlte sich an, als schlüge er gegen Inissos Burg. Für Gathmor war es anscheinend noch schlimmer.
Einige Augenblicke lang schien er tot zu sein, doch dann kam er geräuschvoll wieder zu Atem, während er ganz klein zusammengesunken auf dem Sand lag. Rap zog seine Sandalen wieder an, weil seine Zehen brannten. Er betrachtete den Seemann einen Augenblick lang und beschloß, daß er nicht in Gefahr war. Er steckte seine pochenden Fingerknöchel in den Mund und wanderte zu Andor hinüber, der sie beobachtet hatte.
Natürlich hatte die Bande zu diesem Zeitpunkt Andor ausgewählt. Er sah in Jalons braunem Gewand beinahe elegant aus und entspannte sich im Schatten eines Überhangs auf einer Steinplatte, die einmal Teil des Rükkenpanzers gewesen war.
Er grüßte Rap mit einem strahlenden Lächeln und einem geräuschlosen, angedeuteten Beifallklatschen. »Ich bin sicher, das tat gut?«
»Nicht wirklich.« Rap hatte Gathmor nicht erniedrigen wollen. Die Niederlage würde den Seemann wesentlich stärker treffen, als der Faun sich über den Sieg freuen konnte. Kein Faun – ein Geweihter! Wenn er jetzt kämpfte, würde er betrügen. Beinahe alles würde in Zukunft Betrug sein.
Andors Gesicht zum Beispiel. Die glatten, hübschen Gesichtszüge des Imp beeindruckten nicht länger. Er war nicht häßlich, aber sein Charme funktionierte bei Rap nicht mehr. Er wirkte sogar unangenehm weibisch.
»Ich hätte es genossen! Du bist ein guter Mensch, Master Rap. Die meisten Menschen hätten viel Spaß daran gehabt, diesen Jotunn in den Boden zu stampfen.« Er nickte ernst.
»Du jedoch nicht, glaube ich. Dir macht es keinen Spaß, andere Menschen zu erniedrigen.«
Rap zuckte die Achseln. Diese neue Immunität gegenüber Andor sollte ihm gefallen, doch er sah das anders. Hinter dem fragenden Lächeln konnte er Wut und Angst erkennen, und kalte Berechnung. Andor hatte Angst, daß Rap ihn töten würde, um den Rest des Wortes der Macht zu bekommen. Götter!
Jetzt wurde er durch Raps stillschweigenden, prüfenden Blick aus der Fassung gebracht. Ein falsches Glitzern trat in seine Augen. »Was passiert also als nächstes, großer Zauberer?« Unter dem Humor lag etwas in diesen tiefen dunklen Augen, das schon lange gestorben war. Andor hatte die Menschen so lange manipuliert, daß er sie gar nicht mehr als Menschen sehen konnte.
»Ich biete Dir einen Handel an«, sagte Rap und beobachtete eine Welle der Erleichterung und Freude. Er sah sogar, wie Andor noch schneller nachdachte. Vermutlich fragte sich Andor, ob er Rap töten konnte, um den Teil der Macht zurückzubekommen, den Sagorn abgegeben hatte.
»Heraus damit! Ich habe es dir auf dem Schiff gesagt, Rap – ich glaube, du hast ein Ziel, also wäre ich gerne dabei. Mehr noch, ich möchte wirklich dein Freund sein. Das wollte ich schon immer.«
Hätte auf seiner Stirn Lügner gestanden, es wäre nicht offensichtlicher gewesen. Dann warf Rap mit seiner Sehergabe einen Blick in sein eigenes Gesicht und sah angeekelt das unschuldige Lächeln, den jungenhaften Ausdruck. Er versuchte, Abhilfe zu schaffen, und sah, wie er ernst wurde, ein ziemlich unschuldiger junger Mann, der sich großen Herausforderungen gegenüber sah. Er konnte nichts dagegen tun! Er blendete Andor, so wie Andor in der Vergangenheit ihn geblendet hatte, und er konnte damit genauso wenig aufhören, wie er seine Sehergabe ausschalten konnte. Er konnte nur hoffen, daß die Übung im Umgang mit seinen neuen Kräften ihn bald lehren würde, wieder zu einem ehrlichen Mann zu werden. Derweil beobachtete er, wie beeindruckt Andor war, und er fühlte sich elend. »Eine von drei Prophezeiungen hat sich erfüllt, Andor. Bleiben noch zwei. Ich glaube, daß sie beizeiten eintreten werden.« Sein Verstand bäumte sich auf bei der plötzlichen Erinnerung daran, wie er auf dem Boden der Koboldhütte gelegen hatte. »Wenn ich einen Drachen schlagen kann, schlage ich auch Kalkor.«
»Leicht. So wie du Gathmor niedergestreckt hast.«
»Dann kann ich Inos auf ihren Thron setzen. Das ist alles, was ich will. Hier also mein Vorschlag – du hilfst mir
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