Dave Duncan
Plötzlich dachte sie wieder an die Pixies, und sie begann zu zittern und fand keine Worte. Ihr Mund war ohnehin zu trocken, um irgend etwas zu sagen.
»Beim zweiten Vergehen reißen wir ihnen die Zungen heraus.« Inos versuchte ein »Aber, Zenturio«, und brachte nur ein Krächzen zustande. Sie trat noch einen Schritt zurück.
Der Zusammenbruch ihrer Fähigkeit, Konversation zu betreiben, hatte Elkarath belustigt, aber jetzt eilte er zu ihrer Rettung. »Zenturio, hier handelt es sich wohl um ein Mißverständnis. Ich bin sicher, daß Mistress Hathark sich nicht gegen die öffentliche Ordnung vergehen wollte. Sie hatte nicht vor, den Imperator oder seine Armee zu beleidigen. Ich glaube, Ihr habt sie einfach falsch verstanden. Sie stammt von einer kleinen Insel namens Har Nogar, in der Nähe von Uthle.«
Zenturio Imopopi hielt seinen funkelnden Blick auf Inos geheftet. »Habt Ihr >Har Nogar< gesagt, Mistress?«
Inos nickte heftig. Elkaraths Hand bewegte sich auf einige Lederbeutel zu und umschloß einen davon mit einem schwachen Klimpern, das die Aufmerksamkeit des Zenturio erhaschte.
»Mistress Hathark und ihre Tante wollen heute wahrscheinlich ein wenig von der Stadt sehen«, bemerkte der Magier unschuldig. »Vielleicht die Märkte besuchen. Ich frage mich, da sie hier ja fremd ist, ob eine Eskorte ratsam wäre?« Der Beutel wanderte eine Handbreit näher zu dem Legionär.
Sein Zorn schwand zögerlich wie ein sommerlicher Sonnenuntergang. »Wir dulden auf den Straßen von Ullacarn keine Belästigungen, aber ich kann verstehen, daß sich hochgeborene Damen mit persönlichem Schutz wohler fühlen. Gerne werde ich einige Männer zu ihrer Begleitung bereitstellen.«
Der Beutel legte den Rest des Weges zurück und klimperte erneut, als er von einer starken Soldatenhand ergriffen wurde. Imopopi wandte sich wieder an Inos. »Viel Vergnügen bei Eurem Besuch, Ma’am. Glaubt nicht alles, was Ihr hört. Und vor allem wiederholt es nicht.« Mit einem letzten warnenden Blick salutierte er, wirbelte herum und stampfte davon, als ginge er an der Front Patrouille.
Inos blieb zitternd zurück und wünschte sich einen Stuhl herbei. Bestürzt über ihre eigene Ängstlichkeit – und erschreckt von dem Gedanken, daß sie durch den Zwischenfall mit den Pixies auf ewig seelisch am Ende sein könnte – stützte sie beide Hände auf dem Tisch auf. »Was sollte das?« kreischte sie.
Elkarath zuckte die Achseln. » Ullacarn ist die reinste Schlangengrube für Gerüchte. Offensichtlich seid Ihr auf eine der Schlangen getreten.«
»Krasnegar? Eine imperiale Niederlage in Krasnegar?«
»Das scheint mir wahrscheinlich. Habt Ihr etwas gehört, Skarash?«
Skarash wischte einen imaginären Fussel von einer makellosen Spitzenmanschette. »Nicht viel, Großvater, nur, daß eine Legion auf dem Rückweg von einem Höflichkeitsbesuch in einem Kaff, von dem niemand je etwas gehört hat, von Kobolden überfallen worden ist. Höflichkeitsbesuch? Das gefällt mir gut! Die Hälfte der Männer wurde in Stücke geschlagen; oder noch schlimmer. Es geht das Gerücht, daß einige Gefangene die traditionelle Gastfreundschaft der Kobolde genießen. Mehr weiß ich nicht.«
Sein Großvater nickte und blickte in Inos’ Richtung. »Meidet dieses Thema, wenn Ihr mit Soldaten sprecht, würde ich vorschlagen.« Er griff nach einem dicken Hauptbuch, alt und verwittert.
»Ganz sicher. Es war also keine ganze Legion.«
»Beinahe die Hälfte. Gerüchte übertreiben stets. Doch gewiß war es noch schlimm genug. Und eine Niederlage durch Kobolde…« Er öffnete das Buch, aber Inos glaubte, ihn leise lachen zu sehen. »Kein Wunder, daß die bronzenen Maulhelden nicht gerne darüber reden.« In ihrem Kopf schien sich alles zu drehen. Vier Kohorten übel zugerichtet von Kobolden? Das Waldvolk war immer tückisch gewesen, niemals aber kriegerisch. Jetzt hatte der Hexenmeister des Ostens einen vernichtenden Schlag erlitten. Wo paßte sie da hinein? Würde er Rache an den Kobolden üben wollen? Waren die Legionäre von Kalkor und seine Jotnar aus Krasnegar vertrieben worden oder waren sie freiwillig geflohen?
Und da war noch etwas anderes… »Ich fahre wirklich weiter nach Hub?« Der alte Mann nickte und tauchte seinen Federkiel in ein silbernes Tintenfaß. »So hat es ihre Majestät verfügt.«
»So! Also bin ich verkauft worden? Sie hat ihren Handel mit Olybino abgeschlossen, und jetzt bleibt nur noch, die Ware auszuliefern?« »Ganz und gar nicht. Ihr seid
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