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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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lehren. Der Eindruck ihrer Weite wurde nicht von Marmorsäulen getrübt. Es war nicht bekannt, ob der sagenhafte Emine sie jemals zu sehen bekommen hatte – sie war älter als die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen. Nach den mündlichen Überlieferungen war die Rundhalle durch Zauberei erbaut worden, und nur Zauberei konnte sie seit den ersten, im Dunkel liegenden Tagen des Impire erhalten haben. Sie roch alt. Seltsame kleine Echos und dunkles Geflüster erfüllten sie. Irgendwo hoch oben lag die berühmte Kuppel mit ihren erhabenen Steinrippen und Kristallfenstern, doch in einer regennassen Nacht wie dieser war dort oben nichts weiter zu sehen als undurchdringliche Schwärze.
    In der Mitte stand ein Wald aus riesigen Kandelabern, jeder einzelne doppelt so hoch wie ein Mensch, wie ein goldener Baum mit Blüten aus Feuer und Früchten aus Kristall. Inos fragte sich, wie viele Bedienstete wohl wie lange gebraucht hatten, um die vielen hundert Kerzen anzuzünden. Jeder Baum aus Gold thronte über seinem eigenen Lichtkegel, und zwischen ihnen flackerten die Schatten – die Rundhalle war einfach zu groß, als daß man sie richtig hätte ausleuchten können. Jenseits der bezaubernden Lichtschneisen lauerte unversehrt die Dunkelheit. Die Sitzbänke, die sich still und leer an den Wänden entlang zogen, waren kaum erkennbar, und das Dach blieb ein Geheimnis. Welches Drama hier auch aufgeführt werden sollte, es war das unheimlichste Szenario, das Inos je gesehen hatte. Im Vergleich dazu war Rashas Kuppel in Arakkaran eine Landhausküche gewesen.
    Als Inos mit Kade erschien, war bereits ein halbes Dutzend Männer in Militäruniformen oder steifen, weißen Togen anwesend. Weitere Männer drängten hinter ihr herein, und ein paar von ihnen, die rote Togen trugen, waren auf jeden Fall Senatoren. Ein anderer Mann trug einen purpurfarbenen Orden zur Schau und war vermutlich einer der Konsuln. Sie standen in Gruppen herum und unterhielten sich leise murmelnd – Inos hatte bereits bemerkt, daß alle Imps in Hub, sogar die ältesten unter ihnen, sich steif wie Soldaten hielten. Sie erkannte keinen von ihnen, aber sie merkte, daß einige ein paar Blicke in ihre Richtung warfen.
    Hätten sie das nicht getan, wäre Inos auch beleidigt gewesen. Sie und Kade waren eiligst mit weißen Chitons ausgestattet worden. Sie kamen sich vor, als habe man sie für einen Maskenball verkleidet – vermutlich, weil diese Gewänder, ebenso wie Togen, für gewöhnlich nur an Statuen oder in historischen Lithographien zu sehen waren. Die Falten schmiegten sich an ihren Körper, und ihre Arme waren nackt. Die Chitons waren ihren Nachthemden nicht unähnlich, und während Kades Chiton aus Wolle bestand, warm und mütterlich, war ihrer so hauchdünn, daß es ihr an diesem kühlen, feuchten Abend unangenehm war. Da taten die Männer gut daran, sie zu beachten!
    Zwei Frauen in roten Chitons traten ein. Beide waren natürlich schon älter. Noch mehr Männer in Uniform: Prokonsuln und ein Tribun.
    Sie bemerkte, daß ein Neuankömmling sie anstarrte, ein Mann in einer besonders eindrucksvollen Uniform. In seinen Brustpanzer war Gold eingelegt, und der Federbusch aus Pferdehaar auf seinem Helm war scharlachrot. Sie dachte an eine Lektion, die sie einmal in Kinvale von Prokonsul Yggingi bekommen hatte, und beschloß, dieser Mann müsse der Marschall der Armeen sein. Sie konnte sich nicht an seinen Namen erinnern, aber er war kurz… Ishy vielleicht?… so ähnlich jedenfalls. Er wirkte hart, aber nicht unangenehm. Sie wandte ihren Kopf, so daß er auch ihr Profil bewundern konnte.
    Da bemerkte sie, daß sie auf den OpalThron starrte.
    Dieses ganze Schauspiel und das ganze großartige Gebäude – alles war so gestaltet, daß sich die Aufmerksamkeit auf einen Punkt, die Mitte, richtete. Unbewußt hatte sie dagegen angekämpft und sich verstockt geweigert, dorthin zu blicken, wohin sie blicken sollte. Wie ein Kaninchen, das die Schlange in der Hoffnung ignoriert, daß sie einfach wieder verschwindet.
    Das Herz der Macht. Es war ein breites und häßliches Ding auf einem zwei Stufen hohen, runden Podest, erleuchtet von seinen eigenen zwei Kandelabern. Dies war der Stuhl des Imperators, der Sitz der Macht, der Mittelpunkt von Hub, der Nabel der Welt. Sie nahm an, daß er bei Tageslicht hell leuchtete. Unter den Kerzen wirkte er beinahe schwarz und glühte nur hier und da unheilvoll, ein unheimlicher Fingerzeig auf Blut und Gold, Gras und Himmel, ruhelose Flecken

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