Dave Duncan
Anweisungen. Solange ich nicht sehr – sehr – gute Gründe habe, darf sie ihre Wahl selbst treffen.« Sie seufzte versonnen. »Ich kann es ihr nicht verdenken. Er war wirklich brillant. Das trostlose alte Krasnegar wäre mit ihm viel lustiger.«
Aber…
Ekka nickte, als die Musik eine Gavotte spielte. Wenn Inos keinen Erfolg hatte, wer dann? Wann würde Holindarn sterben? Sie hatte immer in Jahren gedacht, doch jetzt schien es sich nur noch um Monate zu handeln. Es ging dabei auch um einen Titel. Ein Königreich. Mehr noch, es war beinahe sicher, daß es da auch ein Wort gab, Teil von Inissos Erbe.
Ekka beschloß, ihre eigenen Chancen zu wahren. Sie würde Angilki herbeizitieren und ihn informieren, daß er der Yyloringy-Frau an diesem Abend keinen Antrag machen mußte.
2
Zwei Tage vor dem Winterfest endete eine Fechtstunde, als Andors hölzernes Schwert Raps gepanzerten Bauch fest genug traf, um das Leder zu zerteilen, die Torfmoosfüllung zu durchdringen und dem Opfer ein gequältes »Uff!« zu entringen.
»Das soll für heute reichen, schätze ich.« Andors Vergnügen klang deutlich durch seine Stimme, selbst durch seine Fechtmaske hindurch. »Nicht fair!« Rap protestierte und richtete sich mit Schwierigkeiten auf. »Du hast gesagt…«
Andor zog seine Maske ab und lachte. »Ich habe gesagt, die Spitze ist fast immer besser als die Schneide, ja. Aber ich habe nicht gesagt, daß man niemals die Schneide benutzen soll, mein Freund. Dafür haben Schwerter nun mal eine Schneide! Und du hast deine Seite weit offen dargeboten. Laß uns etwas trinken gehen.«
Trübselig bemerkte Rap, daß Andors Haar kaum verschwitzt war, obwohl sie beinahe zwei Stunden lang intensiv trainiert hatten.
Sie legten die Schutzkleidung ab, die Masken und die Florette, wuschen sich am Gemeinschaftstrog und bereiteten sich auf ihr Gehen vor. In der Übungshalle der Garnison waren keine weiteren Fechter beim Training. Krasnegar bereitete sich auf das Winterfest vor.
»Ein Bier im >Gestrandeten Wal< entspannt die Muskeln«, schlug Andor vor und löschte gekonnt die Kerzen. Er trug ein großes Bündel Felle ungeklärter Herkunft, über die Rap sich keine Gedanken zu machen versuchte.
»Ich leiste dir für eine Weile Gesellschaft.« Rap dachte niedergeschlagen an den einsamen Dachboden, auf den er zurückkehren mußte, an die langen Stunden bis zum Abendessen und die noch längeren Stunden danach, bis er endlich schlafen konnte. Foronods Geschäfte waren für den Winter beendet, also würde Rap tagelang nichts zu tun haben. Dennoch verspürte er keine große Sehnsucht danach, in dem überfüllten, schlecht beleuchteten >Gestrandeten Wal< herumzuhängen, in dem der dichte Dunst nach Bier und Öl und ungewaschenen Körpern hing. Die Spiele wurden unterbrochen, sobald ein Seher eintrat; manchmal verließen Frauen demonstrativ den Raum. Um Andors Willen würde er toleriert werden – kurze Zeit – aber er war kein besonders beliebter Gast. Er blieb niemals lange.
»Wenn ich jedoch so darüber nachdenke«, sagte Andor, der immer genau zu wissen schien, was ein anderer dachte, »laß uns gleich zu dir gehen. Ich muß einige private Dinge mit dir besprechen.«
Sie traten hinaus auf eine der überdachten Treppen des Schlosses und suchten vorsichtig ihren Weg nach unten, auf das Licht einer Fackel zu, die in ihrer Halterung zischte.
»Wie mache ich mich, Andor?« fragte Rap. »Beim Fechten?«
Andor runzelte in der Dunkelheit die Stirn… Rap glaubte, daß er die Stirn runzelte. »Nun, du wächst immer noch wie die Sonnenblumen eines Zauberers, und das macht die Koordination ein wenig schwierig. Bald wirst du das hinter dir haben, das wird dir guttun. Ansonsten – du bist durchschnittlich. Thosolin würde sich verdammt freuen, dich zu nehmen. Die Zehnte Legion nicht.«
Nachdem sie einige Augenblicke nur den Widerhall ihrer Schritte gehört hatten, fügte er hinzu: »Es ist schade, daß du nur vorher-, aber nicht voraussehen kannst; oft tritt beides zugleich auf. Voraussicht macht Kämpfer zu tödlichen, unschlagbaren Waffen. Nichtsdestotrotz, du hättest wissen sollen, daß dieser Klopfer kam. Es war nicht gerade ein subtiler Schlag.«
Rap knurrte wütend. »Verdammte Seherei! Ich kann es immer noch nicht glauben! Ich sehe nichts.«
»Es ist nur eine Bezeichnung, das ist alles. Und eine wertvolle Gabe. Hör auf, dagegen anzukämpfen!«
Sie traten durch eine Tür und überquerten zwischen hohen Schneewehen, die im Sternenlicht
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