David Trevellyan 01 - Ohne Reue
ab.
Ich sah auf die Uhr. Es waren bereits zwei Minuten vergangen. Ich nahm die Pistole, entfernte das Magazin und leerte es auf das Bett. Nachdem ich die letzte Kugel aus der Kammer genommen hatte, setzte ich die Teile wieder zusammen und legte die Waffe an exakt dieselbe Stelle auf dem Frisiertisch zurück. Dann nahm ich die Kugeln, ließ sie in einem der Kopfkissenbezüge verschwinden, strich die Bettdecke glatt und widmete mich der Spritze.
Die Nadel war dick. Es war schwierig, aber ich schaffte es, sie in die Lasche an dem Kabelbinder um mein linkes Handgelenk zu schieben und zu stoßen, bis ich die kleine Plastikzunge zurückgebogen hatte, sodass sie nicht mehr einrasten konnte. Dasselbe tat ich mit den Fesseln an der anderen Hand und den Knöcheln. Dann legte ich die Spritze zurück und begann mit dem schwierigen Teil, nämlich meinen Befreiungsprozess umzukehren. Bevor sie zurückkamen, musste ich wieder an den Stuhl gefesselt sein.
Taylor kam eine Minute zu früh und fand mich auf dem Stuhl sitzend und leise schnarchend vor.
» Aufwachen«, befahl er. » Zeit für eine Entscheidung.«
» Oh ja«, sagte ich. » Ich glaube, wir sollten es in der Karibik tun. Irgendwo am Strand und ich halte ein kaltes Bier in der Hand.«
» Immer noch nicht vernünftig?«
» Nein.«
» Ich dachte mir schon, dass Sie so etwas sagen würden. Ich kann dafür aber etwas Neues ins Spiel bringen. Die Chance, noch ein letztes Mal Ihre Freundin zu sehen.«
» Tanya?«
» Haben Sie noch andere Freundinnen, die kürzlich entführt wurden?«
» Ist sie hier?«
» Nein. Aber wenn Sie kooperieren, werde ich Sie zu ihr bringen.«
» Ich will sie erst sehen. Dann können wir uns unterhalten.«
» Nein. Ich habe hier zu tun. Sie sagen mir, was ich wissen will, ich bringe meine Arbeit hier zu Ende, und dann gehen wir.«
» Woher soll ich wissen, ob sie überhaupt noch lebt?«
» Wissen Sie, wer sie festhält?«
» Lesley.«
» Genau. Und für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Lesley es sich entgehen lässt, Sie vor den Augen Ihrer Freundin umzubringen? Solange Sie noch leben, passiert ihr nichts. Jedenfalls nichts Endgültiges.«
» Ich will mit ihr sprechen.«
» Unmöglich.«
» Warum haben Sie mir das nicht schon früher gesagt?«
» Ist mir gerade erst eingefallen.«
» Aber Sie wussten, dass Lesley sie hat.«
» Ja. Ich wusste allerdings nicht, dass Sie mir in den Schoß fallen und einen zusätzlichen Überzeugungsgrund brauchen würden. Sie sind ein ungewöhnlich sturer Mann, Mr. Trevellyan. Auf die meisten Menschen macht die Spritze wesentlich mehr Eindruck.«
» Woher kennen Sie Lesley?«
» Wir sind alte Freunde.«
» Unsinn. Das FBI beobachtet Lesley seit Jahren. Sie kennen alle ihre Freunde.«
» Und trotzdem hatten sie noch nie von mir gehört.«
» Niemand hat je von Ihnen gehört, bis Ihr Mann diese Leichen auf den Schienen liegen gelassen hat.«
» Ich war außer Landes.«
» Und Sie betreten die Bühne erst, als Lesleys Killer zufällig den Agenten umbringt, der den Fall bearbeitet.«
» Die Macht des Schicksals. Wie sollte man so etwas planen?«
» Mag sein. Wir waren uns sicher, dass es keine Verbindung zwischen Ihnen gibt. Lagen wir damit falsch?«
» Nein. Tatsächlich hatte ich noch nie von Lesley gehört. Bis gestern. Da hat sie sich bei mir gemeldet, völlig überraschend.«
» Warum bei Ihnen?«
» Lesley wurde Ihretwegen eingesperrt. Sie entkam – sie ist eine einfallsreiche Frau – und wollte Rache. Zum einen natürlich für die Sache mit dem Knast, aber auch wegen der vielen Millionen Dollar, die Sie sie gekostet haben. Aber ihr Betrieb ist im Moment lahmgelegt, weil NYPD und FBI überall herumschnüffeln, und zwar Abteilungen, über die sie keine Kontrolle hatte. Also brauchte sie einen neuen Partner, und zwar schnell.«
» Den ersten Teil kann ich verstehen. Rache bin ich selbst nicht abgeneigt. Aber warum ist sie dann bei Ihnen aufgetaucht?«
» Sie hat mit ihren Quellen geredet – denjenigen, die ihr noch geblieben waren – und über ihre Möglichkeiten nachgedacht. Ich bin vielleicht erst seit Kurzem auf der Liste des FBI, aber dafür zurzeit ganz oben. So hat sie von mir erfahren und geglaubt, wir könnten uns gegenseitig helfen. Beiderseitigen Profit nannte sie es.«
» Warum hat sie sich Tanya geschnappt? Warum nicht direkt mich?«
» Niemand wusste, wo Sie sind. Sie waren offensichtlich aus Ihrem Hotel ausgezogen und hatten dem FBI Ihre neue Unterkunft nicht
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