David Trevellyan 01 - Ohne Reue
sie. » Wie sollen wir das wieder hinbiegen?«
» Hilf mir mal«, verlangte ich. » Ich brauche seine Schlüssel.«
» Was geht nur in deinem Kopf vor? Warum hast du ihn angegriffen? Meinst du nicht, dass es dadurch erst recht so aussieht, als wärest du schuldig? Wer wird dir denn jetzt noch glauben?«
» Die Schlüssel, Tanya.«
» Die Sache war doch so schon schlimm genug. Und jetzt hast du sie noch tausendmal schlimmer gemacht. Halt mal für eine Minute den Mund, ich muss nachdenken.«
» Dafür haben wir keine Zeit. Ich muss hier raus, bevor sie nach Lavine suchen. Sie werden sich fragen, wo wir bleiben.«
» Du willst fliehen? Die Lage wird schwierig, und das ist deine Antwort darauf?«
» Ich renne nicht weg, Tanya. Das habe ich nie getan, und das werde ich nie tun.«
» Was machst du dann? Da kannst du ja gleich ein Geständnis unterschreiben. Willst du im Gefängnis sterben?«
» Hör auf, wie das System zu denken, Tanya. Das habe ich schon versucht. Hat nichts gebracht. Jetzt ist es an der Zeit, dass ich die Sache selbst in die Hand nehme.«
» Wie?«
» Ich muss rausfinden, wer mich reingelegt hat.«
» Und dann? Hast du dir das überlegt? Hast du irgendeine Vorstellung, was du unternehmen kannst?«
» Ich werde sie hierher bringen, Rossers Entschuldigung annehmen und mich wieder meiner Arbeit widmen.«
» Du nimmst also das Gesetz in die eigenen Hände, ja? Hältst du das wirklich für die beste Art und Weise? Dann bist du ein Flüchtiger. Ein Polizistenmörder. FBI, NYPD, alle werden versuchen, dich zu schnappen!«
» Das können sie gerne versuchen, Tanya, das ist nichts Neues für mich. Wer soll denn sonst diesen Mist geradebiegen? Anwälte? Unwahrscheinlich. Washington? Die sind viel zu sehr damit beschäftigt, mich den Löwen vorzuwerfen. London? Die sitzen doch nur da und sehen zu. Du? Indem du herumläufst und Botschaften überbringst?«
Tanya wandte sich ab. Sie atmete heftig, machte jedoch keine Anstalten, etwas zu sagen.
» Es tut mir leid«, sagte ich. » Das war nicht fair.«
» Nein, war es nicht«, erwiderte sie, ohne sich umzudrehen. » Seit ich deinen Anruf erhalten habe, habe ich versucht, dir zu helfen.«
» Ich weiß. Aber wenn du wirklich etwas tun willst, was mir hilft, dann gib mir bitte die verdammten Schlüssel!«
Tanya fand sie auf Anhieb in Lavines Hosentasche. Sie zog sie heraus, zögerte einen Moment und tat so, als betrachte sie den Bart-Simpson-Schlüsselanhänger. Dann aber löste sie doch die Handschellen um meine Gelenke.
» Na gut«, meinte sie. » Jetzt bin ich sowieso deine Komplizin. Was kann ich sonst noch für dich tun?«
» Nichts«, erwiderte ich, nahm Lavine die Pistole ab und zog hundertdreißig Dollar in Scheinen aus seiner Brieftasche. » London wäscht sich die Hände in Unschuld. Du hast nichts damit zu tun.«
» Hallo? Wach mal auf – ich bin schon darin verwickelt. Will ich auch sein. London liegt falsch. Ich werde nicht einfach danebenstehen und zusehen, wie man dir in den Rücken fällt.«
» Sicher?«
» Absolut. Warum auch nicht? Mitgefangen, mitgehangen.«
» Du wirst Schwierigkeiten kriegen.«
» Nicht unbedingt.«
» Na gut. Vielleicht kannst du wirklich etwas für mich tun.«
» Sag es einfach.«
» Lass dein Telefon eingeschaltet. Und bring mich mit den richtigen Leuten zusammen, wenn ich bereit bin zurückzukommen.«
» Du hast meine Nummer. Was sonst noch?«
» Sag ich dir gleich«, antwortete ich.
Etwas an der Wand hatte meine Aufmerksamkeit erregt, etwas, was sich in Hüfthöhe einen knappen halben Meter von der Zimmerecke entfernt befand. Aus der Entfernung hatte ich es erst für eine Kerbe gehalten, doch vom Boden aus gesehen wirkte es anders. Ich sah es mir aus der Nähe an und stellte fest, dass es die Mündung einer Metalldose war, rechteckig und etwa einen Zentimeter im Durchmesser. In der Umgebung war der Putz weggehauen, sodass man die Form nicht erkennen konnte. Mit der Hand befühlte ich die Wand und die schmale Nische, die sich in der Ecke zwischen den beiden Wänden befand. Doch beim Tasten in dem staubigen Spalt konnte ich nichts entdecken. Als ich meine Hand wieder hinuntergleiten ließ, stieß ich mit den Fingern an etwas Kaltes und Metallisches. Ich hielt fest und zog, und es löste sich leicht aus seiner Halterung. Es war ein Stahlrohr, das so aussah wie die Anlasserkurbel eines Oldtimers. Ein Ende davon war viereckig. Ich steckte es in die Buchse. Es passte perfekt.
Vorsichtig drehte ich an
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