David Trevellyan 01 - Ohne Reue
von ihr, wie sie sagen. Rituelle Verstümmelung der Genitalien bei irgendeinem ihrer Fußsoldaten, der etwas vermasselt hatte.«
» Das macht sie immer noch. Echt krank.«
» Krank, ja. Aber clever.«
» So clever nun auch wieder nicht. Man braucht keinen Doktortitel, um andere zu schikanieren.«
» Ich glaube kaum, dass sie es getan hat, nur um jemanden zu schikanieren. Sie ist viel berechnender. Ich glaube eher, dass es ein Test war.«
» Wofür?«
» Für ihre Leute, um Verräter zu finden. Oder Eindringlinge.«
» Hört sich ein bisschen weit hergeholt an.«
» Nein. Denn sie tut es immer, wenn sie jemanden neu anwirbt. Sie weiß genau, dass niemand mit einem Gewissen bei so etwas ruhig zusehen könnte.«
» Es ist wahrscheinlicher, dass sie einfach durchgeknallt ist.«
» Vielleicht. Aber auf jeden Fall hat Varley angebissen.«
» Du machst Witze! Er hat seine Tarnung aufgegeben?«
» Ich glaube schon.«
» Ein Kardinalfehler. So ein Idiot! Was ist passiert?«
» Lesley wurde verwundet, konnte aber entkommen und die anderen Verbrecher ebenfalls. Alle außer dem Fußsoldaten. Er ist gestorben. Und auch keiner der anderen Agenten hat es geschafft. Ich weiß nicht, wie viele daran beteiligt waren, aber sie haben ein paar Freunde hinterlassen, Freunde mit einem guten Gedächtnis.«
» Oh Mann, dann sitzt Varley ja noch tiefer in der Scheiße, als ich dachte.«
» Wahrscheinlich«, stimmte sie mir zu und öffnete die Tür. » Aber du solltest lieber gehen. Sie wollen sich um halb zehn in der Garage treffen. Das sind nur noch knapp zehn Minuten, und Rosser wird schon ungeduldig.«
» Keine Angst«, meinte ich und folgte ihr. » Ohne mich können sie nicht los. Übrigens, was war das da mit der Karte gerade eben?«
» Oh, das. Seltsam. Da hängen Fotos am Rand, und ich habe gedacht, ich hätte jemanden erkannt.«
» Wirklich?«, fragte ich und ging zur Karte. » Wen denn? Zeig ihn mir.«
Tanya wies auf das Foto in der rechten oberen Ecke. Es zeigte das Gesicht eines Mitte bis Ende Dreißigjährigen. Ein Pfeil verband sein Bild mit einem Punkt an der Eisenbahnlinie knapp südlich der kanadischen Grenze.
» Wer ist das?«, wollte ich wissen.
» Er kommt dir nicht bekannt vor?«, fragte sie.
» Nein. Warum? Sollte er?«
» Ich glaube, das ist Simon Redford.«
» Wer ist das?«
» Ein Royal Marine. Wir haben ihn in Spanien kennengelernt, als wir zusammen da waren. Kannst du dich nicht an ihn erinnern? Mein Bruder kannte ihn auch, sie waren im gleichen Regiment.«
» Nein, bestimmt nicht.«
» Seltsam. Vielleicht habe ich ihn getroffen, bevor du gekommen bist?«
» Vielleicht. Aber was wollte er hier? All diese Leute wurden anscheinend von einem Serienkiller ermordet. Und es hat etwas mit der Eisenbahn zu tun.«
» Ich weiß es nicht. Aber Simon und mein Bruder gehen jetzt getrennte Wege. Sie könnten überall sein.«
» Als Zivilisten?«
» Nein. Er hat für eine private Sicherheitsfirma gearbeitet. Beide haben das getan. Im Irak.«
» Was meinst du, ist er es?«
» Ich weiß es nicht, aber er sieht ihm wirklich sehr ähnlich.«
» Frag doch ihn«, nickte ich zu Weston hinüber. » Er bearbeitet den Fall. Er sollte auch die Namen der Opfer kennen.«
» Habe ich schon, aber er will nicht mit mir sprechen.«
» Tatsächlich? Vielleicht sollte ich mal mit ihm reden.«
Weston bearbeitete seinen Laptop und tat so, als hätte er nicht zugehört. Selbst dann noch, als ich direkt hinter ihm stand.
» Agent Weston«, sagte ich, beugte mich über ihn und knallte ihm den Bildschirm heftig auf die Finger, » vielleicht hätten Sie die Güte, meiner Kollegin eine berufliche Gefälligkeit zu erweisen?«
Er versuchte, die Hände wegzuziehen, aber ich lehnte mich nur noch fester auf den Monitor.
» Natürlich«, gab er schließlich widerwillig nach. » Was will sie denn?«
» Sprechen Sie mit ihr, sie steht gleich da drüben.«
» Ich will einen Namen«, sagte Tanya. » Von dem Mann auf dem Foto, das ich Ihnen gezeigt habe.«
» Da muss ich erst nachsehen.«
Ich richtete den Bildschirm wieder auf und ließ Weston eine Minute Zeit, die Datei zu finden.
» Dmitri Blochin«, sagte er. » Illegaler Einwanderer aus der Ukraine. Ein Deserteur, auf der Flucht vor ihrer Armee.«
» Na sehen Sie, das war doch gar nicht so schwer«, fand ich.
Auf dem Weg nach unten musste ich die Toilette aufsuchen, deshalb stoppte ich im ersten Stock. In der Nähe der Aufzüge fand ich einen Waschraum. Da ich mich
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