David Weber - Honor Harrington 20 - An Bord der Hexapuma
zu verängstigen und zu demoralisieren.
Und doch … und doch …
Irgendwo tief in seinem Innern konnte Bernardus Van Dort nicht anders, er war entsetzt. Er wollte nicht hinnehmen, dass Menschen, gleich welches Verbrechen sie begangen hatten, auf solch schreckliche Weise ausgelöscht werden sollten, ohne dass ein Winkel seiner Seele vor Protest aufschrie. Und selbst wenn er diesen aus seinem tiefsten Innern kommenden Widerwillen hätte beiseite schieben können, wollte er es nicht, denn an dem Tag, an dem er es konnte, wäre er zu jemand anderem geworden.
»Nun, wie auch immer, es ist vorbei«, sagte er schließlich, »und es bedeutet einen schweren Schlag für die FAK. Es sind mehr als dreimal so viele Verluste, wie sie bisher insgesamt erlitten hat, und all das in weniger als zwei Stunden. Solcher Schaden muss selbst Fanatiker wie Nordbrandt erst einmal umhauen.«
»Und tausend Tonnen moderner Waffen zu verlieren muss ein Loch in ihre Offensivmöglichkeiten reißen«, sagte Terekhov. Doch etwas an seinem Ton war merkwürdig, und Van Dort blickte rasch auf.
Die Augen des Manticoraners sahen fast blicklos in die Ferne, während er quer durch die Abteilung das Porträt seiner Frau an der Wand anschaute. Über eine Minute lang saß er so da und rieb in einer langsamen Kreisbewegung den Daumen gegen den Zeige- und den Mittelfinger seiner rechten Hand.
»Was haben Sie, Aivars?«, fragte Van Dort schließlich.
»Hm?« Terekhov schrak aus seiner Versunkenheit hoch, und sein Blick richtete sich wieder auf Van Dorts Gesicht. »Was?«
»Ich fragte Sie, woran Sie denken.«
»Oh.« Der Manticoraner machte eine wegwerfende Geste mit der rechten Hand. »Ich habe nur über diese Waffen nachgedacht.«
»Was ist denn damit?«
»Tadislaw lässt den Fund bereits von den Experten des 1. Zugs untersuchen. Bislang ist alles aus solarischer Herstellung. Einige der Handfeuerwaffen sind wenigstens zwanzig T-Jahre alt, aber alle befinden sich in einem hervorragenden Zustand. Ersatzteile, von denen einige viel neuer sind als die Waffen selbst, deuten darauf hin, dass diese generalüberholt wurden, ehe man sie an Nordbrandt lieferte. Die schweren Waffen scheinen neuer zu sein, und es sind moderne Comausrüstung, Aufklärungssysteme, Nachtsichtgeräte, Panzerwesten, militärische Sprengstoffe und Zündkapseln gefunden worden …« Der Kommandant schüttelte den Kopf. »Bernardus, die Terroristen hatten genug Material, um ein ganzes Bataillon leichte Infanterie − moderne leichte Infanterie − auszurüsten, einschließlich der schweren Unterstützungswaffen, in einem Loch im Boden vergraben.«
»Das ist mir klar«, sagte Van Dort.
»Sie übersehen, worauf ich hinauswill: dass sie es in einem Loch im Boden vergraben hatten. Wozu? Wenn sie solche Ausrüstung hatten, warum haben sie sie dann nicht auch benutzt ? Sie hätten damit alles niederwalzen können, was ihnen die kornatische Polizei entgegensetzen könnte. Teufel, sie hätten damit allem widerstehen können, was Sukas Systemwehr in den Arsenalen hat − es sei denn, die Streitkräfte hätten sich zu Flächenbombardierungen entschieden! Am ersten Tag ihrer Offensive hätte Nordbrandt das Nemanja-Gebäude besetzen und das gesamte Parlament zu Geiseln nehmen können, statt nur Bombenanschläge mit zivilen Sprengstoffen zu verüben. Warum hat sie das nicht getan?«
Van Dort blinzelte und runzelte die Stirn.
»Ich weiß es nicht«, gab er langsam zu. »Es sei denn, sie hatten damals das Zeug noch nicht.« Er atmete tief ein und überlegte. »Vielleicht haben Sie es eben ausgesprochen. Sie sagten, sie wären entweder selbstmörderisch veranlagt gewesen oder hätten nicht gewusst, was sie tun. Vielleicht hatten sie die Waffen einfach noch nicht lange genug in ihrem Besitz.«
»Genau das nehme ich auch an. Aber wenn sie sie nicht von Anfang an auf Lager hatten, woher kamen sie dann? Wie kamen sie hierher? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Nordbrandt eine genügend große Kriegskasse beiseite geschafft hat, um dafür bezahlen zu können. Aber jeder Waffenhändler, der mit jemandem wie ihr Geschäfte machen würde, würde Vorkasse verlangen und ihr die Waffen auf keinen Fall billig lassen. Wie also hat Nordbrandt dafür bezahlt? Und wann wurden sie geliefert? Und wenn wir uns das schon fragen, war es das einzige Waffenlager der Freiheitsallianz?«
»Ich weiß es nicht«, gab Van Dort wieder zu. »Aber wir sollten es lieber ans Licht bringen.«
Mit zitternden Händen
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