Davide
verunsicherte. Am Ende des Abends hatte er sie gerade
so weit, dass sie ihm verriet, wo sie wohnte.
Am
nächsten Tag stand er vor ihr auf dem Hof, bewaffnet mit einer Fotoausrüstung
und dem genauen Wissen darum, wie mit einer sehr widerspenstigen, schüchternen,
eher burschikos als feminin veranlagten Zweiundzwanzigjährigen umzugehen war.
Er schaffte es tatsächlich, sie aus ihrer Reserve zu holen, ließ den ganzen
Sommer über nicht mehr locker und schon im Herbst zog sie bei ihm ein – der
Pygmalion hatte seine Schülerin gefunden.
Für
Emma begann erst einmal eine harte Zeit. Sie gab natürlich ihr Studium auf und
besuchte stattdessen die Kurse und Seminare, auf die er sie schickte und in
denen man sie lehrte, wie sie zu gehen, zu stehen, zu laufen, sich zu kleiden,
zu schminken und zu verhalten hatte. Sie war ein ungeschliffener Diamant, doch
Pavone holte jedes einzelne Karat aus ihr heraus. Er verschaffte ihr Aufträge,
er managte sie, er vermarktete sie. Nur ein Liebespaar wurden sie nie und er
schien auch sonst nichts weiter von ihr zu erwarten.
Als
es Emma nach fast sieben Jahren platonischer Beziehung an seiner Seite zu eng
wurde, verließ sie ihn. Sie hörte mit allen ihren bisherigen und gut bezahlten Arbeiten
auf, bewarb sich bei Ernesto Moda, um eins der Hausmannequins zu werden und war
damit zufrieden.
Nino
konnte nicht verstehen, dass sie, wie er sagte, eine große Karriere einfach
weggeworfen hatte. Er hatte sie schon bei den ganz großen Namen unter Vertrag
gesehen, ob in Rom, Mailand oder Paris. Sein Name hätte Emma Tür und Tor
geöffnet, doch sie war dazu nicht bereit.
Da
er nicht locker lassen wollte, war sie eines Tages einfach gegangen. Das hatte
er ihr, wie sie glaubte, nicht verziehen.
„Sieben
Jahre nur platonisch?“ Davide starrte sie ungläubig an. „Eine Frau wie du? Du
bist Leidenschaft und Erotik pur, wie hast du das nur ausgehalten?“
Emma
lachte verlegen. „Damals war ich nicht so, was denkst du denn? Ich war noch nie
so wie jetzt mit dir!“
„Aber
asexuell warst du mit Sicherheit auch noch nie!“
„Nein,
das nun nicht gerade. Ich hatte schon meine Freunde nebenbei. Nino hatte ja nie
was dagegen, er hat mich sogar dazu ermutigt. Aber er wollte sie alle kennen
lernen, sie überprüfen sozusagen. Und wehe, wenn ihm einer nicht passte, da war
er schlimmer als mein eigener Vater.“
„Er
muss dich sehr gemocht haben und trotzdem dachtest du, er würde dich nie wieder
fotografieren wollen? Dass er dir noch immer beleidigt wäre, weil du gegangen
bist?“
„Ja.
Wie er schon sagte, wir haben uns nicht im Guten verabschiedet. Ich habe den
Vertrag bei Ernesto unterschrieben und er konnte mich nicht umstimmen.“
Emma
nippte an ihrem Sambuca.
„Aber“,
nun runzelte er ratlos die Stirn, „warum wolltest du denn nie höher hinaus?“
„Hab
ich dir doch neulich schon gesagt – ich war dazu einfach nicht geeignet. Ich
bin nicht der Mensch dafür. Du siehst ja, was ich allein schon für
Schwierigkeiten habe, die Situation mit dir auf die Reihe zu bekommen! Jetzt
stell dir mich mal vor mitten in dem frenetischen Rummel irgendeiner dieser
Metropolen. Für mich ist das der pure Alptraum!“
Davide
schürzte die Lippen. Während ihrer Erzählung war ihm wieder ihre Mutter eingefallen,
die ihm andeutungsweise Ähnliches vermittelt hatte.
„Du
warst ein Mauerblümchen, gib es zu!“
„Und
was für eins!“, sie nickte heftig. „Wenn du mich damals gesehen hättest, dann
hättest du dich bestimmt nicht nach mir umgedreht – ach, was sage ich! Du
hättest mich erst gar nicht gesehen!“
„Von
alten Scherben auf den Laufsteg – ein weiter Weg! Aber zum Glück hast du ihn
gemacht, denn bei irgendwelchen archäologischen Ausgrabungen hätte ich dich
bestimmt nicht gefunden!“
Er
lachte belustigt und griff nach ihrer Hand, beugte sich etwas vor, fixierte sie
und nahm sich genüsslich Zeit, ihr Gesicht zu betrachten und jede Einzelheit zu
erforschen.
Emma
hielt zuerst still, senkte dann aber den Blick.
„Wenn
du wüsstest!“, seufzte sie leise. „Damals wäre ich auf und davongerannt, wenn
jemand mich so angesehen hätte wie du gerade!“
„Und
jetzt?“
„Jetzt?“
Sie sah ihn wieder an, mit ihrem ganz besonderen Blick, den sie, wie er bereits
zufrieden registriert hatte, nur für ihn reservierte. „Jetzt macht mich dieser
Blick verrückt nach dir“, wisperte sie leise und nahm nun ihrerseits seine Hand
in die ihre, dirigierte sie unter dem Tisch ihren
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