Davina
Vormittagsbesprechung nicht teil. Grant entschuldigte seine Abwesenheit, und die Sitzung mit Sasonow begann. An diesem Vormittag konzentrierte er sich auf die sowjetischen Pläne zur Absetzung des saudiarabischen Königs und auf die Ausschaltung der übrigen Familienangehörigen, mit Ausnahme eines entfernten Vetters, der immerhin so viel königliches Blut in den Adern hatte, um als Kandidat fungieren zu können. Den Überfall auf die Große Moschee sollten besonders ausgebildete Guerillas durchführen, schiitische Moslems, Saudis, die als Deckung für die Fanatiker der Fedayin und Palästinenser dienen sollten – alle in Moskau ausgebildet und mit den modernsten Waffen bewaffnet, einschließlich kleinkalibriger Raketen. Scheich Jamani sollte kurz vor dem Umsturz ermordet werden. Unter dem Deckmantel einer mohammedanischen Rebellion würde die königliche Familie festgenommen und umgebracht und der Marionettenprinz auf den Thron gesetzt werden. Der Prinz war von den Sowjets bestochen worden. Man hatte ihm für seine Mitarbeit die Macht im Staat zugesagt. Sein Vater war zwar ein Prinz aus königlichem Geblüt, aber seine Mutter war eine haschemitische Prinzessin aus Jordanien. Den Sohn plagte Stammes- wie familienmäßige Eifersucht, er sah sich in der Gunst des Königs immer wieder zurückgesetzt, weil dieser ihm andere vorzog. Er war, wie Sasonow ihn schilderte, ein schwacher, nachtragender Mensch, in seinem Misstrauen geradezu paranoid und besessen von dem Gefühl, er werde ungerecht behandelt. Sein Hass auf den prowestlichen Jamani hatte dazu beigetragen, einen Sympathisanten der Sowjets aus ihm zu machen.
Arthur Warburton vom Foreign Office hörte wie gebannt zu. Frank wendete den Blick nur dann von dem Russen, wenn er sich einige kurze Notizen machen wollte. Der Stenograf hatte alle Hände voll zu tun, um mithalten zu können. Im Zimmer herrschte absolute Stille. Man hörte nur Sasonows tiefe Stimme. Ihm standen beim Reden die Schweißperlen auf der Stirn, und gelegentlich zog er am offenen Hemdkragen, als sei dieser zugeknöpft und zu eng. Er besaß Kraft und Autorität, und er zog sie alle in seinen Bann – die versierten Diplomaten und Experten, den eisernen Longman vom Verteidigungsministerium. Nur Grant blieb reserviert; er beobachtete die Szene und zog seine eigenen Schlüsse. Er war gespannt, was passieren würde, wenn Kidson zurückkam.
Kidson traf im Laufe des Nachmittags ein. Er hatte den Wagen von London selbst gesteuert und war von der Fahrt erhitzt. Er ging zunächst in Grants Arbeitszimmer.
»Der Chef sagt, ich soll ihm genau erzählen, was uns Spencer-Barr in seinem Fernschreiben gemeldet hat. Er meint, daß Sasonow besser als wir in der Lage sein wird, den Inhalt zu interpretieren. Ein Dieb wird am leichtesten von seinesgleichen geschnappt. Das ist sein Standpunkt. Ich bin wahrhaftig nicht besonders glücklich darüber. Wie verlief die Vormittagsbesprechung?«
»So wie alle anderen«, antwortete Grant. »Haufenweise Details, Namen, Daten, Motive et cetera. Politischer Sprengstoff. – Sie hätten Warburtons Gesicht sehen sollen. Gehen Sie zu Sasonow und verkünden Sie ihm die Neuigkeiten. Ich habe die Nachmittagsbesprechung sowieso abgesagt. Sie brauchen sich also nicht zu beeilen. Ich bin hier, wenn Sie mich brauchen.«
Mindestens fünf Minuten schienen vergangen zu sein, bevor Sasonow sprach. Kidson hatte sich die Pfeife angezündet und saß auf dem Sofa, dem Russen gegenüber. Er hatte ihm das Fernschreiben übergeben und kurz gesagt: »Das hier kam gestern nacht. Es fällt uns nicht leicht, Ihnen das anzutun, Iwan, aber ohne Ihre Hilfe haben wir keinerlei Aussicht auf Erfolg. Lesen Sie es, bitte.«
Sasonow wirkte normalerweise gesund. Spaziergänge in der Sonne hatten ihn gebräunt. Jetzt wurde sein Gesicht aschfahl. Die Augen schienen tiefer in ihre Höhlen zu sinken, seine Wangen wirkten eingefallen; er sah plötzlich gealtert aus. Er legte das entschlüsselte Fernschreiben auf den Tisch. Der Übergang zum Zorn ging schrittweise vor sich, während sich Kidson mit der Pfeife und den Streichhölzern zu schaffen machte. Kidson hatte noch nie einen Menschen erlebt, dessen gesamtes Äußeres durch nackte Wut so verändert worden war. Es war ein Schock für ihn.
»Antoni Wolkow – und meine Tochter. Er hat meine Tochter und er vergewaltigt sie.«
»Das steht hier nicht«, begann Kidson, aber Sasonow schrie ihn plötzlich an.
»Ich kenne Wolkow! Ich weiß, was er Irina antut!«
Er
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