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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Handtasche suchte, in der sein entscheidend wichtiger Ausweis versteckt war, hatten sich Irina Sasonowa und ihr Liebhaber auf und davon gemacht. Auf welche Weise, wußte niemand, aber sie waren verschwunden. Wolkow hatte eine wichtige Trumpfkarte eingebüßt, aber es war wenigstens noch eine übrig. Er wandte sich wieder an den Kapitän.
    »Ich will sofort mit Moskau sprechen, vom Schiff aus«, sagte er. »An Bord ist eine Frau, die verhaftet werden muß. Sie hatte mit diesen Verbrechern zu tun. Sie soll uns nicht auch noch durch die Lappen gehen!« Er warf Davinas Paß auf den Tisch.
    »Lassen Sie sie hereinbringen und einen Mann von Intourist für sie dolmetschen. Sie spricht kein Russisch. Ich werde ihm sagen, welche Fragen er stellen soll. Und stellen Sie so schnell wie möglich die Telefonverbindung her! Ich will persönlich mit dem Genossen General Antoni Wolkow, Abteilung für Innere Sicherheit, sprechen!«
    Während Harrington wartete, erklärte er in kurzen knappen Sätzen, wie Davina Graham verhört werden solle. Und er erinnerte sich, daß sie ihm einmal bei einem gemütlichen Abendessen erzählt hatte, daß sie sich seit jeher vor engen, geschlossenen Räumen gefürchtet hatte.
    Als Davina die Matrosen auf sich zukommen sah, wußte sie, daß sie verhaftet werden würde. Sie blieb wartend sitzen; die Leute schienen sich im Zeitlupentempo zu bewegen.
    Ihr Herz begann plötzlich zu hämmern, als führe es in ihrer Brust ein Eigenleben. Die Angst, die sie überkam, lähmte alle ihre Bewegungen; sie zitterte nicht und rührte sich nicht von der Stelle. Sie saß regungslos da und sah zu, wie die Leute immer näher kamen und schließlich vor ihr stehen blieben. Sie verstand die russischen Worte nicht, aber unmissverständlich waren die Hände, die sie hochhoben und von beiden Seiten auf die Treppe zuschoben.
    Sie brachten sie in eine Kajüte, in der zwei Männer standen. Der eine trug die Uniform des Kapitäns, und der zweite war der Intourist-Führer, der für die Passagiere verantwortlich war. Der Mann von Intourist sprach deutsch.
    »Ihr Paß und Ihr Visum – wo sind sie?« Der Tonfall klang unfreundlich, die Gesichter der anderen sahen ausgesprochen feindselig aus.
    »Die hat mein Mann.« Das Gespräch war oft genug geübt worden. Sie wußte, daß alles nur Lug und Trug war, aber was hätte sie sonst sagen sollen.
    »Ihr Name und Angaben zur Person.«
    Sie sagte:»Gertrud Fleischer. Mein Mann heißt Heinz Fleischer. Wir sind Bürger der Deutschen Demokratischen Republik und befinden uns auf Urlaub in Livadia. Stimmt etwas nicht? Warum haben Sie mich hierher gebracht?« Und dann fügte sie folgerichtig hinzu: »Wo ist mein Mann?«
    »Wir haben ihn festgenommen«, erklärte der Dolmetscher von Intourist. »Warum haben Sie Ihren Paß und die Ausweise nicht bei sich? Warum sagen Sie, Ihr Mann habe sie? Warum haben Sie die Papiere nicht in Ihrer Handtasche?« Die Handtasche. Darauf kam es ihnen an. Die Handtasche, die, wie sie Harrington gesagt hatte, entwendet worden sein mußte, weil sie nicht mehr in der Toilette lag. Sie war verschwunden, wie Sasonows Tochter und der Dozent …
    Er wandte sich ohne ein weiteres Wort der Erklärung von ihr ab. Sie blieb stehen, wo sie sich gerade befand, und dann kamen die Matrosen. Sie befeuchtete sich die Lippen flüchtig mit der Zunge; sie waren aufgesprungen und trocken. Man hatte sie gewarnt, dies bei einem Verhör nicht zu tun, da es ein Indiz dafür sei, daß der Verdächtige die Unwahrheit sage. Aber sie befeuchtete ihre Lippen und antwortete.
    »Glücklicherweise habe ich sie nicht in meiner Handtasche aufbewahrt. Die Tasche wurde mir heute abend gestohlen, als ich sie in der Damentoilette liegenließ.«
    »Und das haben Sie nicht gemeldet?« fragte der Fremdenführer höhnisch. »Sie haben den Diebstahl nicht sofort gemeldet? Ist Ihnen dabei auch Geld abhanden gekommen? Warum lügen Sie, Frau Fleischer? Ist Ihnen nicht klar, daß Sie sich in ernsten Schwierigkeiten befinden?«
    Er brach ab, und sie merkte, daß der Kapitän sie unverwandt ansah. Jetzt begann sie zu zittern, sie wußte, daß sie einen verängstigten Eindruck machte, denn die beiden Männer warfen sich zufriedene Blicke zu. Wo war Harrington? Hörte er aus dem Nebenraum mit – wartete er darauf, daß ihre Nerven versagen würden?
    Die Fragen waren nur Provokation. Die Leute wußten, wer sie war und warum sie sich an Bord des Schiffes befand. Harrington hatte es ihnen gesagt. Sie würden ihr weiter

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