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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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auflegte.
    »Unten im Konferenzzimmer um drei Uhr«, sagte er.
    Das Bären-Restaurant liegt außerhalb von Moskau in der Nähe von Schukowa. Es sieht äußerlich wie eine große Blockhütte aus und befindet sich, abseits der Hauptstraßen, in einem Waldgebiet. Sicherheitsstreifen sind in den Wäldern und auf den Nebenwegen eingesetzt, die in den Forst hineinführen. Der ›Bär‹ wird nur von privilegierten Parteimitgliedern und führenden Mitarbeitern des KGB aufgesucht. Selten erscheinen dort Künstler und Wissenschaftler, die etwa fünfzig Kilometer entfernt in einem anderen Waldgebiet ihr eigenes Stammlokal besitzen. Die Datschas der Führungsschicht liegen in einem Umkreis von etwa achtzig Kilometern und sind in verschiedene Kategorien eingeteilt. Die Mitglieder des Politbüros haben luxuriöse Landhäuser, die alle von der Außenwelt abgeschirmt sind. Der Vorsitzende des Präsidiums wohnt in einer großen Villa, die streng bewacht wird und gegen die Blicke Neugieriger abgeschirmt ist. Seine engeren Mitarbeiter im Politbüro können ihn dort zwar aufsuchen, aber seine Privatsphäre ist ebenso unantastbar wie die der Zaren.
    Die Einladung an Irina Sasonowa wurde in die Universität gebracht, und der Bote wartete auf ihre Antwort. Der Brief kam während der Mittagspause, als sie sich hingesetzt hatte, um die wenig appetitliche Mahlzeit zu verzehren. Als sie hinausgerufen wurde und den Brief erhielt, fing sie zu zittern an und konnte ihn kaum öffnen. Der Bote, ein KGB-Mann in Zivil, starrte unverwandt vor sich hin. Er war an verängstigte Menschen gewöhnt. Wolkow hatte den Brief mit der Hand geschrieben. »Ich möchte mit Ihnen über Ihre Mutter sprechen. Essen Sie heute mit mir zu Abend. Sagen Sie meinem Fahrer Bescheid; er wird Sie nach den Vorlesungen abholen. Wolkow. PS: Ziehen Sie etwas Hübsches an. Wir gehen in ein besonderes Lokal.« Sie faltete den Brief zusammen und holte tief Luft, um ihre Nerven zu beruhigen.
    »Danken Sie dem Genossen General Wolkow«, sagte sie. »Ich nehme die Einladung sehr gerne an.«
    Sie eilte in die Wohnung zurück, sobald sie frei hatte. »Ziehen Sie etwas Hübsches an. Wir gehen in ein besonderes Lokal.« Einen Augenblick fragte sie sich, ob die letzte Zeit nicht ein böser Scherz war und das besondere Lokal vielleicht eine schreckliche Bedeutung hatte. Sie hatte ihren Vater sagen hören, daß Antoni Wolkow sadistisch veranlagt sei. Der bloße Gedanke versetzte sie in Angst und Schrecken. Dann faßte sie sich und kam zu dem Schluß, daß der Brief wahrscheinlich doch ernst gemeint war. Wolkow war sehr freundlich zu ihr gewesen, als sie ihn in seinem Büro aufgesucht hatte. Irina war nicht auf den Kopf gefallen, trotz ihrer Schüchternheit. Sie merkte instinktiv, wenn ein Mann mehr im Schilde führte. Sie hatte gesehen, wie der gefürchtete Chef ihres Vaters ihr zugelächelt und ihre Beine betrachtet hatte. Sie hatte den unangenehmen Gedanken von sich gewiesen; jetzt kehrte er zurück, und sie wurde nachdenklich. Ihr schauderte. Dann sah sie ihre Garderobe durch, um etwas Passendes zu finden.
    Derselbe Mann erschien Punkt sieben Uhr abends wieder in ihrer Wohnung. Er trug die grün-roten Abzeichen des Militärpersonals im KGB. Sie war gespannt, ob Wolkow im Wagen sein würde, aber sie saß allein auf dem Rücksitz. Der Abend war wunderschön warm, und sie schaute aus dem Fenster in die Gegend hinaus, während sie Moskau hinter sich ließen. Im Sommer war es immer heiß und trocken, aber die grünen Wälder dehnten sich einladend vor dem rosa angehauchten Horizont. Das Licht im russischen Sommer hatte etwas Besonderes, alles war in sanfte Farben getaucht, wie auf einem Aquarell. Sie war beeindruckt von der Schönheit ihrer Heimat. Darüber hatten sich ihre Eltern oft mit ihrem Freund Jacob Belezky unterhalten.
    Der Gedanke an ihn versetzte ihr einen Schock, aber sie erinnerte sich unwillkürlich an die Worte, die sie eines Nachts mitangehört hatte, als die anderen nebenan tranken und in Streitgespräche vertieft waren, während sie in ihrem Zimmer war und las. »Russland hat die Zaren überlebt. Es hat den Einfall der Deutschen überlebt. Breschnew und Kossygin und das KGB können das russische Volk noch so sehr drangsalieren, uns die Menschenrechte vorenthalten und uns verfolgen, aber Russland wird diese Menschen ebenso begraben, wie es bisher jeden Tyrannen begraben hat.« Und dann hatte ihr Vater ihn inständig gebeten, vorsichtiger zu sein – aber ohne Erfolg. Sie war

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