Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
"Davon haben wir nichts gewusst!"

"Davon haben wir nichts gewusst!"

Titel: "Davon haben wir nichts gewusst!" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Longerich
Vom Netzwerk:
sich »im Reichsgebiet und Generalgouvernement insgesamt 1 250 000 Juden ohne diejenigen, die in den Ghettos zusammengepfercht sind. Im Reichsgebiet selbst leben noch 323 000 Juden, davon entfallen auf die Reichshauptstadt 67 000. Inzwischen wurden Vorbereitungen getroffen, um noch in diesem Jahre 17 500 Juden aus Berlin abzutransportieren. Der Minister bezeichnet es als unhaltbar, dass damit noch rund ein Fünftel aller in Deutschland lebenden Juden auf die Reichshauptstadt entfallen. Es ist unbedingt zu erwirken, dass der Satz der aus Berlin abzutransportierenden Juden erhöht wird, so dass ab 1. Januar 1942 nicht mehr als etwa 25 000 Juden in der Reichshauptstadt sein werden. Erforderlichenfalls sind die Waggons zum Abtransport der Juden mit der doppelten Anzahl als bisher vorgesehen zu belegen. Der Minister beauftragt [Staatssekretär; P. L.] Gutterer, an zuständiger Stelle zu erwirken, dass als erste deutsche Stadt die Reichshauptstadt, schon aus politischen, psychologischen und Repräsentationsgründen, judenfrei zu machen ist. Diese Angelegenheit ist schnellstens zu bereinigen und darf sich keinesfalls über längere Zeit erstrecken. Weiterhin ist dafür zu sorgen, dass das Verbot, das den Juden die Benutzung öffentlicher Fernsprecher untersagt, strikt durchgeführt wird. Das gleiche gilt für das Verbot, das den Juden untersagt, Ausländer als Untermieter zu haben bezw. bei Ausländern in Untermiete zu wohnen.« Auf einen Einwurf, die Juden würden für Arbeiten in der Rüstungsindustrie reklamiert, äußerte Goebbels, man solle »diese Juden erforderlicherweise durch russische Kriegsgefangene ersetzen« lassen.
    In seinem Tagebuch gab Goebbels am 28. Oktober 1941, anders als auf der Propagandakonferenz, deutlich zu erkennen, dass der Stimmungsberichterstattung zufolge die Deportationen auf relativ starke Bedenken in der Bevölkerung stießen: »Unsere intellektuellen und gesellschaftlichen Schichten haben plötzlich wieder ihr Humanitätsgefühl für die armen Juden entdeckt. Der deutsche Michel ist ihnen nicht auszutreiben. Die Juden brauchen nur eine Greisin mit einem Judenstern über den Kurfürstendamm zu schicken, so ist der deutsche Michel schon geneigt, alles zu vergessen, was die Juden uns in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten angetan haben. Allerdings wir nicht! Wir denken in diesen Dingen konsequenter und verzeichnen in unserem Charakter wenigstens nicht den deutschen Nationalfehler der Vergesslichkeit. Es gibt auch noch eine Reihe von anderen Anlässen, die es uns gestatten, die Judenfrage in stärkerem Umfang wieder in Presse und Rundfunk zu behandeln. Die vorläufig in bescheidenem Umfang durchgeführten Judenevakuierungen aus Berlin sind immer noch ein Hauptthema der gegnerischen Propaganda. Man hat den Plan gefasst, noch im Laufe dieses Jahres an die 15 000 Juden aus Berlin auszuweisen. Es bleiben dann immerhin noch 50 000. Das ist falsch. Ich dringe darauf, dass, wenn die Juden evakuiert werden, dieser Prozess in möglichst kurzer Frist beendet sein muss. Man soll nicht aus jeder Stadt einen Teil der Juden evakuieren, weil dann das Problem ja dauernd brennend bleibt, sondern man soll eine Stadt nach der anderen evakuieren. Am ehesten kommt natürlich Berlin dran, denn die Reichshauptstadt muss nach Lage der Dinge judenfrei sein. In der Reichshauptstadt auch wirken sich Maßnahmen wie die Evakuierung immer propagandistisch übler aus als in anderen Städten, weil wir hier ja die ganze Diplomatie und die Auslandspresse sitzen haben. Es muss also erstrebt werden, noch im Laufe dieses Jahres die letzten Juden aus Berlin herauszubringen, damit endlich das Problem für die Reichshauptstadt als gelöst gelten kann. Ob mir das gelingt, weiß ich noch nicht; denn die Juden finden immer noch mächtige Beschützer in den obersten Reichsbehörden, und wenn sie auch gegen den Erlass der Maßnahmen nicht viel unternehmen können, so sind sie doch in der Lage, gegen die Durchführung in weitem Umfang zu sabotieren. Es ist merkwürdig, welch eine Instinktlosigkeit der Judenfrage gegenüber immer noch in unseren gesellschaftlichen und intellektuellen Kreisen zu finden ist. Es ist das gewissermaßen ein Erlahmen des nationalen Widerstandswillens, der zweifellos mit der intellektuellen Erziehung unserer akademischen und Gesellschaftskreise zusammenhängt. Jedenfalls werde ich mich dadurch nicht von meinem Wege abbringen oder beirren lassen, sondern konsequent bis zum Ziel weiterschreiten.«
    Der

Weitere Kostenlose Bücher