Days of Blood and Starlight
allmählich überkam sie das schreckliche Gefühl, dass es hier keine Eiscreme gab. Aber eine Frage brannte ihr noch auf der Zunge. Sie zögerte, weil sie befürchtete, dass die Antwort wieder nur ein trauriger Ausdruck auf dem Gesicht ihrer besten Freundin sein würde. »Was ist mit Akiva?«
Die Antwort erschien tatsächlich auf Karous Gesicht, aber es war nicht die, mit der Zuzana gerechnet hatte. Ihre Niedergeschlagenheit verwandelte sich in … Wut? Karous Kiefer verkrampfte sich, und ihre Augen wurden schmal. »Was soll mit ihm sein?«, fragte sie unwirsch.
Zuzana blinzelte. Was? »Ähm. Ist er … am Leben?«
»Soweit ich weiß«, antwortete Karou und wandte sich ab. »Jetzt komm.«
Zuzana und Mik wechselten einen verblüfften Blick, dann folgten sie ihr eilig. Karous verspannte Haltung war ein Warnsignal, dass sie besser nicht weiter nachhaken sollte, aber Zuzana beschloss, es zu ignorieren. Offen gesagt, machte es sie wütend. Sie war den ganzen weiten Weg hierhergekommen, sie hatte ein Rätsel gelöst, das überhaupt kein Rätsel war, und sie hatte Karou mitten in der Sahara ausfindig gemacht – okay, streng genommen waren sie nicht wirklich in der Sahara, aber so gut wie, und wenn sie diese Geschichte je irgendjemandem erzählen würde, dann würde sie natürlich behaupten, dass sie in zebragestreiften Sneakers quer durch die Sahara gewandert war. Wie auch immer. Jedenfalls hatte sie es nicht verdient, dermaßen abgespeist zu werden. »Was ist passiert?«, fragte sie den Rücken ihrer Freundin.
Karou warf einen Blick über ihre Schulter. »Lass es gut sein, Zuze. Alles andere erzähle ich euch gern, aber über ihn will ich nicht reden.«
Wie verbittert sie klang. »Karou.« Zuzana griff nach Karous Arm, doch ihre Freundin zuckte zurück. »Was?«, fragte Zuzana. »Bist du verletzt?«
Karou blieb stehen, ließ die Rucksäcke, die sie geschleppt hatte, zu Boden sinken und schlang die Arme um sich. Sie sah so verloren aus. So schön und so verloren. Wie sollte es fair sein, dass sie so schön war, obwohl sie sich doch ganz offensichtlich keine Mühe gab? »Es geht mir gut«, flüsterte sie und versuchte zu lächeln. »Ich mache mir nur Sorgen um euch zwei Lawrence von Arabiens . Können die Fragen warten, bis ich euch nach drinnen gebracht habe?« Karou sah Mik um Unterstützung bittend an, und natürlich stimmte er ihr zu.
»Komm schon, Zuze. Wir können später über alles reden.«
Zuzana seufzte. »Also schön. Ihr Tyrannen. Aber vielleicht sterbe ich vor Neugier.«
»Nicht wenn ich es verhindern kann«, erwiderte Karou, und Zuzana drückte unwillkürlich Miks Hand, weil es nicht klang, als würde sie Witze machen.
***
Als sie den Palast erreichten, war Karou immer noch damit beschäftigt, den Gedanken an Akiva zu verdrängen. Allein die Erwähnung seines Namens war genug, dass sie sich fühlte wie versteinert. Na ja. Stein war immer noch besser als ein Häufchen Elend, und sie würde ganz sicher nie wieder zulassen, dass sie sich wegen einem Mann so jämmerlich fühlte.
Sie trat zur Seite und winkte ihre Freunde durch die Tür. Während der Rest der Kasbah verstaubt und schäbig wirkte, war das Innere des Palasts – na ja, auch verstaubt und schäbig, aber gleichzeitig unerwartet prunkvoll. Als ehemaliges Zuhause der Frauen von Stammesführern und all ihren Kindern war es ein Komplex vieler großer, prächtiger Räume. Es gab Wandpfeiler aus geschliffenem Alabaster, die allerdings schwer angeschlagen waren, und Laternennischen in der Form von Schlüssellöchern. Die Wände waren mit verblasster Seide verkleidet, in die Decken waren arabische Honigwaben-Muster geschnitzt, und die breite geschwungene Treppe, die in die höheren Stockwerke hinaufführte, war mit rissigem Lapislazuli in der Farbe von Karous Haaren gefliest.
Zuzana drehte sich langsam im Kreis, während sie alles in sich aufnahm. »Kaum zu glauben, dass du hier wohnst«, hauchte sie. »Kein Wunder, dass du mir deine winzige Wohnung überlassen hast.«
»Machst du Witze?« Die Absurdität des Vergleichs brachte Karou zum Lachen. »Ich vermisse diese Wohnung so sehr.« Und dieses Leben . »Lass uns tauschen.«
»Nein, danke«, erwiderte Zuzana sofort.
»Kluges Mädchen.« Karou ging ein paar Stufen hinauf, blieb dann aber kurz stehen und reichte Zuzana den Arm. Zusammen mit Mik, der selbst nicht gerade topfit war, half sie ihrer Freundin auf den ersten Treppenabsatz, wo ein Korridor zu Thiagos Suite und dem kleinen Vorraum
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