Days of Blood and Starlight
beschworen und der Schmerztribut schon bezahlt, so dass sie nicht die Ärmel aufkrempeln und all ihre hässlichen Blutergüsse bloßlegen musste. Karou schämte sich entsetzlich für ihre so übel zugerichteten Arme, und sie wollte nicht, dass Zuzana sie sah, aber für den Moment war das auch nicht nötig. Sie musste nichts weiter tun, als das Turibulum aufhängen, das Thiago ihr gebracht hatte, einen der Weihrauchkegel anzünden und ihn auf Basts Stirn legen. Zuzana und Mik beobachteten die ganze Prozedur ohne mit der Wimper zu zucken, und im Grunde gab es ja auch nichts zu sehen. Der Schwefelgeruch und das Klirren der Kette waren die einzigen Zeichen, dass überhaupt etwas passierte. Nur Karou konnte die Seele spüren, die aus dem Turibulum aufstieg und einen Moment in der Luft hing, bevor sie in ihren neuen Körper strömte.
Bisher hatte Bast ausgesehen wie eine ägyptische Katzengöttin: schlanke, menschliche Figur, straffe Brüste und ein Katzenkopf mit auffallenden Ohren. Karou hatte die Katzenerscheinung beibehalten, soweit es ging, aber auf Thiagos Wunsch hatte sie viel von der menschlichen Gestalt geopfert. Dieser neue Körper war auf geschmeidige Art muskulös und längst nicht so massig wie die meisten anderen, die Karou erschaffen hatte. Arme und Oberkörper waren weiterhin menschlich, damit Bast ihre Waffenfertigkeit beibehalten konnte – sie war eine hervorragende Bogenschützin –, aber nun hatte sie die Beine eines Leoparden, um schneller laufen und springen zu können. Und natürlich waren da noch die überaus wichtigen Flügel, die ausgebreitet einen großen Teil des Zimmerbodens einnahmen. Karou war froh, dass der Körper nicht zu ihren monströsen Kreationen gehörte, um Zuzanas und Miks willen, und jetzt, unerwarteterweise, auch um Basts willen.
Basts Seele hatte eine zarte Schönheit an sich, die so gar nicht zu einer Soldatin passen wollte, und Karou fragte sich einen kurzen Moment, was für ein Leben sie wohl hätte haben können, wenn sie in einer anderen Welt geboren wäre. Wir werden es nie erfahren , dachte sie, als Bast die Augen öffnete.
Zuzana schnappte leise nach Luft. Mik konnte nur starren.
Bast hob den Kopf, und als sie die fremden Menschen sah, wurden ihre Augen groß, aber sie sagte nichts. Sie konzentrierte sich auf ihr neues Selbst und testete ihre neuen Gliedmaßen mit behutsamen Bewegungen, bevor sie sich noch etwas wackelig aufrichtete. Auf Pfoten statt auf Füßen.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Karou.
Die Soldatin nickte und streckte sich ausgiebig und unverkennbar katzenhaft; sie hätte fast eine ganz normale Hauskatze sein können, die auf einem Fenstersims aufwachte. »Dieser Körper ist gut gelungen«, sagte sie, und die Stimme aus ihrer neuen Kehle klang wie ein Schnurren. »Danke.«
Etwas in Karous Brust zog sich zusammen. Keiner der Wiedergänger hatte sich je bei ihr bedankt. »Gern geschehen«, antwortete sie. »Brauchst du Hilfe auf der Treppe?«
Bast schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.« Sie streckte sich erneut. »Wie gesagt, er ist wirklich gut.« Wieder dieses Ziehen in Karous Brust. Ein Kompliment. Es war schon fast ein bisschen albern, wie dankbar sie für diese wenigen Worte war. Als die Tür sich hinter Bast schloss, wandte sie sich wieder ihren Freunden zu.
»Okay«, sagte Mik, stützte sich auf einen Ellbogen und mimte den Coolen. »Das war überhaupt nicht seltsam.«
»Ach nein?« Karou ließ sich in ihren Stuhl fallen und rieb sich das Gesicht. »Dann ist mein Messgerät wohl defekt. Ich hätte schwören können, dass es wenigstens ein bisschen seltsam war.«
»Noch mal!«, rief Zuzana aus.
»Was?« Karou ließ die Hände sinken und sah ihre Freundin fragend an.
Zuzanas Gesicht strahlte vor Begeisterung. »Noch mal, noch mal!«, rief sie, hüpfte auf der Matratze auf und ab wie ein kleines Kind und klatschte in die Hände. »Wann kann ich das mal ausprobieren? Du bringst es mir bei, ja? Natürlich. Deswegen hast du mich hergebracht.«
»Dir beibringen? Ich hab dich nicht …«
Aber Zuzana hörte gar nicht zu. »Das ist so viel cooler als Marionettentheater. Heilige Scheiße, Karou. Du erweckst Monster zum Leben. Du bist Frankenstein !«
Karou schüttelte lachend den Kopf. »Nein, das bin ich nicht.« Sie hatte reichlich Zeit gehabt, sich diesen Vergleich durch den Kopf gehen zu lassen und zu verwerfen. »Das Ding bei Frankenstein ist doch, wo die Seele herkommt.« Wenn ein Mensch künstlich »Leben« erschuf, entstand
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