de la Cruz, Melissa - The Immortals 1
hatte einen supertiefen Bund. Und offensichtlich war dem Designer Skylers Castingfoto in die Hände geraten.
»Du bist das neue Gesicht von Civilization!«, sagte die Modelagentin völlig aufgeregt. »Sie wollen dich unbedingt haben! Ich will nicht betteln müssen!«
»Okay, wenn das so ist …«, erwiderte Skyler, ein wenig überrumpelt von Mrs Farnsworth’ Begeisterung.
Da Skyler kein guter Grund einfiel, um den Termin doch noch abzublasen – wie sollte sie auch Nein zu Civilization sagen? –, fuhr sie am nächsten Morgen mit dem Bus zum Fotoshooting. Das Studio im westlichsten Chelsea befand sich in einem langen Mammutgebäude, das früher einmal eine Druckerei beherbergt hatte. Der Aufzug wurde von einem kurzsichtigen Herrn in Arbeitskleidung bedient, der den Lift manuell steuern musste, um Skyler ins richtige Stockwerk zu bringen.
Sie ging durch ein Labyrinth von Korridoren und bemerkte, dass ihr die Namen der vielen Designer auf den Schildern der geschlossenen Türen bekannt vorkamen. Das Fotostudio befand sich im nördlichen Gebäudeteil. Die Tür stand weit offen und lauter Technosound schallte auf den Gang hinaus.
Sie ging hinein und war gespannt, was sie erwartete. Das Studio war groß, weiträumig, ganz in Weiß gehalten und hatte Fenster, die von der Decke bis zum Boden reichten. Eine weiße Wand diente als makelloser Hintergrund für die Fotos. Ihr gegenüber stand ein Kamerastativ.
»Skyler!« Ein hagerer Mann mit Dreitagebart in einem eingelaufenen T-Shirt und ausgebeulten Jeans tauchte vor ihr auf und streckte ihr begeistert die Hand entgegen. Er rauchte und trug eine Sonnenbrille von Ray-Ban.
»Hey!«, sagte Skyler.
»Jonas Jones, erinnerst du dich?«, fragte er und schob die Sonnenbrille ins Haar.
»Oh … ja, klar!«, sagte Skyler etwas eingeschüchtert. Jonas Jones war einer der berüchtigtsten Duchesne-Absolventen. Er hatte die Schule vor ein paar Jahren abgeschlossen und dann mit seinen zerfetzten Bildern mächtig in der Kunstszene eingeschlagen. Er hatte auch schon einen Film produziert, doch neuerdings war er hauptberuflich Modefotograf.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte er. »Tut mir leid, dass wir es so überstürzen müssen. Aber so ist das Geschäft.«
Er stellte die Designerin von Civilization vor, ein ehemaliges Model mit Waschbrettbauch und markanten Beckenknochen.
»Ich bin Anka«, sagte sie freundlich. »Es wird ein langer Tag werden, aber es ist für alles gesorgt. Wir haben massenweise Doughnuts.« Sie zeigte zum Büfett, wo sich grün-weiße Schachteln stapelten.
Skyler mochte Anka sofort.
»Okay, dann mal ab in die Maske mit dir«, erklärte Jonas und dirigierte Skyler in Richtung Garderobenspiegel. Dieser wurde von hell leuchtenden Glühbirnen umrahmt. Davor standen zwei Lehnstühle.
Bliss Lewellyn saß auf einem der Stühle. Linda hatte anscheinend versäumt zu erwähnen, dass es in diesem Jahr zwei Gesichter von Civilization gab. Die große, schlanke Texanerin war bereits geschminkt. Ihr Haar war auftoupiert und ihre Lippen waren kirschrot angemalt. Sie trug einen kuscheligen weißen Morgenmantel, schnatterte in ihr Handy und winkte fröhlich mit einer manikürten Hand in Skylers Richtung.
Skyler winkte zurück. Sie setzte sich auf den anderen Stuhl und eine britische Maskenbildnerin, die sich selbst als Perfection Smith vorstellte, begann ihre Haut zu kneten. Gleichzeitig griff der Hairstylist nach einzelnen Strähnen, um sie zu untersuchen. Er schnalzte missbilligend mit der Zunge.
»Lange Nacht?«, fragte Perfection und hob Skylers Kinn ins Licht. »Du bist sehr, sehr blass, Schätzchen«, sagte sie.
»Kann sein«, erwiderte Skyler. Sie hatte seit dem Komitee -Treffen nicht mehr gut geschlafen.
Skyler schloss die Augen, während ihr Gesicht gerubbelt, geknetet, massiert, geschminkt und gepudert wurde. Derweil wurde auch ihr Haar gezupft, besprüht, gebürstet und geföhnt.
»Au!«, schrie sie, als der heiße Föhn ihr fast die Kopfhaut verbrannte. Doch der grimmige Hairstylist entschuldigte sich nicht einmal.
Sie hatte auch Schwierigkeiten, so schnell zu reagieren, wie Perfection es von ihr verlangte. Skyler hatte nicht geahnt, dass hinter einem professionellen Make-up so viel Arbeit steckte. Damit die Maskenbildnerin sie richtig schminken konnte, musste Skyler viele Dinge tun – oft gleichzeitig. Es war fast wie beim Militär. »Augen auf! Weiter! Nach links sehen! Nach rechts sehen! Schau auf mein Knie! Blick an die Decke! Mund zu! Lippen
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