de la Cruz, Melissa - The Immortals 1
zugeschlossen. Es war ein besonderer Ort, zu dem seine Kinder keinen Zutritt hatten. Mimi erinnerte sich, als kleines Mädchen an der Tür gekratzt zu haben, weil sie sich nach seiner Aufmerksamkeit und Liebe sehnte. Die Kinderfrau hatte sie unter Mahnungen und Drohungen jedes Mal fortgescheucht. »Lass bitte deinen Vater in Ruhe, er ist ein viel beschäftigter Mann, der jetzt keine Zeit für dich hat.«
Ihre Mutter war genauso: immer dort im Urlaub, wo Kinder nicht erlaubt oder willkommen waren. Es war keine ideale Kindheit gewesen, doch sie und Jack hatten zumindest einander gehabt. Sie wollte in Zukunft nicht auf Jack verzichten müssen. Daher sollte er nun die Wahrheit erfahren.
Sie ging entschlossen den breiten Marmorkorridor entlang und direkt auf die verschlossene Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters zu. Mit einem Wink ihrer rechten Hand ließ sie das Schloss zerspringen und die Tür flog auf.
Charles Force saß an seinem Schreibtisch und drehte einen Kristallkelch, der eine dunkelrote Flüssigkeit enthielt, zwischen den Fingern.
»Beeindruckend«, gratulierte er seiner Tochter. »Ich habe Jahre gebraucht, um das zu lernen.«
»Danke.« Mimi lächelte.
Jack folgte ihr, die Hände lässig in den Hosentaschen. Er sah seine Schwester bewundernd an.
»Dad! Sag’s ihm!«, forderte Mimi und trat auf den Schreibtisch zu.
»Was meinst du?«, fragte Jack.
Charles Force nahm einen Schluck aus seinem Glas und betrachtete seine Kinder nachdenklich. Seine sogenannten Kinder. Madeleine und Jack. Zwei der mächtigsten Blue Bloods aller Zeiten. Sie waren damals während der Krise in Rom dabei gewesen, und sie hatten zusammen mit anderen Blue Bloods die Plymouth-Kolonie gegründet.
»Ich meine den Van-Alen-Bastard«, erwiderte Mimi. »Sag’s ihm!«
»Was ist mit Skyler? Was weißt du über sie?«, fragte Jack.
»Mehr als du, Bruderherz«, sagte Mimi.
Sie nahm in einem der Ledersessel gegenüber vom Schreibtisch ihres Vaters Platz. Mit funkelnden Augen blickte sie ihrem Bruder ins Gesicht, das ihrem so ähnelte. »Im Gegensatz zu dir konnte ich auf meine Erinnerungen zugreifen. Sie kommt darin nicht vor. Ich hab’s überprüft. Immer und immer wieder. Sie ist nicht da. Nirgends. Skyler sollte gar nicht existieren!« Mimis Stimme wurde immer schriller.
Jack wich einen Schritt zurück. »Da liegst du völlig falsch! In meinen Erinnerungen kommt sie vor. Dad, was soll das alles?«
Charles nahm einen weiteren Schluck aus dem Glas und räusperte sich. Schließlich sagte er: »Deine Schwester hat Recht.«
»Aber … ich verstehe das nicht …« Jack ließ sich in einen Ledersessel fallen.
»Eigentlich ist Skyler van Alen überhaupt keine richtige Blue Blood.« Charles seufzte.
»Das ist unmöglich!«, entgegnete Jack.
»Die Mutter hatte einen menschlichen Vertrauten. Einen Red Blood. Skyler ist das Kind von beiden«, erklärte Charles.
»Aber wir können uns nicht fortpflanzen. Dazu sind wir überhaupt nicht fähig«, wandte Jack ein.
»Wir können uns nicht unter unseresgleichen fortpflanzen. Wir können kein neues Leben erschaffen, sondern nur die Seelen der Verstorbenen durch eine Art künstliche Befruchtung in den nächsten Zyklus bringen. Der Blutstropfen, den wir von jedem Blue Blood nach einem durchlaufenen Zyklus aufheben, wird in unsere Frauen gepflanzt, damit in ihnen ein Wesen heranreifen kann, in dem die Seele des Verstorbenen steckt. Da die Red Bloods aber über die Fähigkeit verfügen, neues Leben und somit auch neue Seelen zu zeugen, hielten wir eine Rassenvermischung für unmöglich. Skylers Mutter bewies uns das Gegenteil. Ein gemischtrassiges Baby zu zeugen, ist bei uns streng verboten. Ihre Mutter war eine sehr unvernünftige Frau.«
Mimi goss sich etwas von der Flüssigkeit aus der Karaffe in ein Kristallglas und kostete. Rothschild Cabernet – ein ausgezeichneter Wein.
»Sie hätte zerstört werden müssen«, zischte sie.
»Nein!«, schrie Jack.
»Reg dich nicht so auf. Ihr wird vorerst nichts geschehen«, beruhigte ihn Charles. »Das Komitee ist noch zu keinem endgültigen Entschluss gekommen, was ihr Schicksal betrifft. Sie scheint einige Charakterzüge ihrer Mutter geerbt zu haben, also werden wir sie gut im Auge behalten.«
»Du willst sie umbringen, nicht wahr?«, sagte Jack und verbarg den Kopf in seinen Händen. »Ich werde es nicht zulassen.«
»Das hast du nicht zu entscheiden. Sag mal, siehst du wirklich Skyler, wenn du in deine Vergangenheit schaust, Jack?«
Jack
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