Dead Beautiful - Deine Seele in mir
Zeitpunkt hatte ich schon gar keinen Plan mehr. Ich habe also einen Brief geschrieben, in dem ich all meine unerklärlichen Probleme geschildert habe, und den dann an die Adresse geschickt. Ein paar Wochen später kam die Antwort von Professor Lumbar und sie hat mich gefragt, ob ich das Institut besuchen möchte. Sie hat geschrieben, dass man an der Schule auf solche existenziellen Fragen spezialisiert sei und sie mir vielleicht mit ›meinem Zustand‹ weiterhelfen könnten – ohne zu erklären, was sie damit meinte. Also bin ich hin, teils, weil ich Hilfe wollte, teils, weil ich neugierig war. Und so bin ich hier gelandet.«
Ich drehte mich zu ihm und betrachtete sein Profil, während er in den Himmel schaute. »Und suchst du nach deiner Seele?«
»Ich suche schon nach irgendwas. Allerdings nicht nach meiner Seele. Ich will niemanden umbringen. Das hab ich versucht, am Gottfried zu erforschen. Eine andere Art zu leben.«
»Und wenn du mich küsst, dann wirst du mich umbringen?«
»Ja. Aber ich küss dich nicht.«
»Wie kannst du da so sicher sein?«
»Weil ich die Wahl habe. Wie jeder andere auch.«
Da war etwas dran. Wahrscheinlich hatte jeder die Fähigkeit, einem anderen Menschen Schaden zuzufügen. Es hingnur von den Entscheidungen ab, die man traf. Warum sollte Dante da anders sein als ich?
»Hier.« Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust.
Ich ließ sie dort liegen, aber es passierte nichts.
»Horch mal.«
Langsam legte ich meinen Kopf auf seiner Brust ab.
Zuerst war da nichts. Und dann, ganz plötzlich, konnte ich seinen Herzschlag hören. Es war anders als alles, was ich jemals gehört hatte, der Rhythmus sprunghaft, wie das Geräusch von jemandem, der die Treppe hinunterrennt.
»Was immer mir noch an Leben bleibt – es gehört dir.«
Als ich mich später an diesem Abend durch den Kamin in mein dunkles Zimmer zurückschlich und unter die Decke glitt, lag Eleanor schon zusammengerollt im Bett. Obwohl ich wusste, dass sie nicht schlief, ging ich auf Zehenspitzen, um sie nicht zu stören. Dann sank ich in einen friedlichen Schlummer und träumte von Dante. Wir lagen auf der Wiese, er hielt mich in seinen Armen und wir bewunderten die Sterne. In meinem Nacken pikste das Gras und langsam rollte er sich zu mir und stützte sich auf einen Ellbogen. Dann lehnte er sich nach vorn, seine Lippen dünn und rot, so rot, als sie sich meinen näherten …
Ich war schlagartig wach.
Da war Eleanors Gesicht, nur Zentimeter von meinem entfernt. Ihre Locken streiften mein Kissen.
»Eleanor?«, fragte ich. Erschrocken fuhr sie zurück. »Was machst du da?«
»Renée«, rief sie erstaunt. »Ich wollte nur nachschauen, ob du wach bist.«
Ich setzte mich auf, drückte mich an die Wand und sah sie ängstlich an. »Bist du sicher?«
Eleanor nickte. »Ja.«
Ich warf meine Decke ab und rieb mir die Augen.
»Renée, hast du Angst vorm Tod?« Sie sah mich intensiv an, doch mit den Gedanken schien sie anderswo zu sein.
»Nein. Aber ich glaube, ich habe Angst vorm Sterben.«
»Wie, glaubst du, ist es?«
»Ich weiß nicht«, antwortete ich langsam. »Ich habe mir immer vorgestellt, dass es ist wie einzuschlafen und dann nie mehr aufzuwachen.«
Sie hielt inne. »Renée, ich muss dir was sagen.«
»Okay.«
»Ich bin … ich bin …« Sie seufzte. »Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Professor Bliss hat das im Unterricht viel besser hingekriegt.«
Ich zog meinen Schlafanzug glatt. »Du musst es mir nicht erklären. Ich weiß Bescheid.«
Eleanor zögerte und riss dann erstaunt die Augen auf. »Du weißt es?«
»Die Untoten.«
Bei diesem Wort sackten Eleanors Schultern nach unten. »Ja. Wie hast du das rausgefunden?«
»Dante.«
Eleanor schaute auf ihre Füße und rückte von meinem Bett ab. »Du musst mich für ein Monster halten.«
Ich schüttelte begütigend den Kopf. Schließlich fragte ich. »Wie war es?«
»Wiedergeboren zu werden?« Sie schloss die Augen. »Das war, wie wenn man aus einem Traum geweckt wird. So wieman sich fühlt, wenn man vom Mittagsschlaf aufwacht und nicht weiß, wo man ist oder welcher Tag es ist, und die Grenzen zwischen gestern und heute total verschwimmen.«
Sie lachte traurig und ich stellte mir vor, wie Eleanor ganz allein im Keller ertrank. Ein grauenvolles Bild.
»Ein Leben nach dem Tod. Das muss es doch geben«, sagte Eleanor. Ich wusste, dass sie das mit dem Leben nicht wörtlich meinte, sondern an ein emotionales Leben nach dem Tod dachte. Suchend
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